Shitstorm um "Nafri"-Tweet

Ein Fall von "symbolischer Überhitzung"

Polizisten umringen am 31.12.2016 vor dem Hauptbahnhof in Köln eine Gruppe südländisch aussehender Männer.
Polizeieinsatz in der Kölner Silvester-Nacht 2016/2017 © dpa
Bernhard Pörksen im Gespräch mit André Hatting · 02.01.2017
Die Reaktionen auf den auf Nordafrikaner bezogenen "Nafri"-Tweet der Kölner Polizei aus der Silvesternacht hält der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen für überzogen. Scharfmacher aller Seiten betrieben "emotionalisierende Sofortdeutung" bei völlig ungeklärter Faktenlage.
Ist es rassistisch, Nordafrikaner bzw. nordafrikanische Intensivtäter als "Nafris" zu bezeichnen? Ein entsprechender Tweet der Kölner Polizei auf Twitter löste an Neujahr jedenfalls eine heftige Diskussion in den sozialen Netzwerken aus.
Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hält die Aufregung für übertrieben. Zwar habe die Veröffentlichung des behördeninternen Sprachgebrauchs "Nafris" in einem Polizei-Tweet einen "falschen Zungenschlag". Die Geschichte tauge aber nicht dazu, Rassismusvorwürfe gegen die Polizei zu erheben, sagte er im Deutschlandradio Kultur.

"Gutmenschen" gegen "Rassisten"

Für die Heftigkeit der Reaktionen auf Twitter macht Pörksen eine "Eskalationsrhetorik" verantwortlich, die von Scharfmachern aller Seiten betrieben würde.
"Aus meiner Sicht ist es ein Beispiel der symbolischen Überhitzung: Für die eine Seite ist 'Nafri' Symptom und Symbolwort des Rassismus, und für die andere Seite ist schon die Kritik an diesem Wort eigentlich eben auch ein Symptom oder eben auch ein Symbol, nämlich des verweichlichten Gutmenschentums, so könnte man sagen."
Dahinter steckt in beiden Fällen der gleiche Mechanismus: "Man kommentiert los, bevor man recherchiert. Also, die emotionalisierende Sofort-Deutung schlägt gleichsam zu, bevor die Tatsachen- und Faktenlage geklärt ist."

Grenzüberschreitungen nicht dramatisieren!

Der Fall sei ein Hinweis darauf, dass jeder - die Polizei eingeschlossen - heute sehr genau überlegen müsse, was veröffentlicht werde, mahnt Pörksen:
"Was wird über Twitter bekannt gemacht und was nicht? Es ist eine unvermeidliche Situation, und mal gelingt es und mal kommt es zu solchen Grenzüberschreitungen, die aus meiner Sicht nicht in dieser Weise, wie es im Moment geschieht, dramatisiert gehören."
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