Sex und Crime mit vielen Konjunktiven

24.05.2007
Es soll ein bekannter Autor sein, der sich hinter dem Pseudonym Titus Keller verbirgt. Mit offenkundigem Vergnügen bedient er in diesem Krimi die Klischees des Genres mit dem Lokalkolorit Berlin-Kreuzbergs. Es gibt eine Mordserie, einen Klatschreporter, eine falsche Gräfin, Erpressung und Korruption – und viele Fremdwörter und Konjunktive.
Wer ist Titus Keller? Ein bekannter Autor, heißt es. Wer, wird nicht verraten. Anscheinend wollte jemand, der sich bereits in der so genannten E-Literatur einen guten Namen gemacht hat, selbigen nicht beim Ausflug ins Unterhaltungsfach riskieren. Und so, risikolos, hat er – oder sie? – tief in die Krimikiste gegriffen und mit offenkundigem Vergnügen die Klischees des Genres bedient.

Schon auf der allerersten Seite kommt es einem verteufelt bekannt vor: Eine Frau sitzt in ihrer Limousine und plant mit ihrem Chauffeur, der offenbar auch als sexueller Dienstleister fungiert, einen Mord. Und ähnlich drastisch geht es Schlag auf Schlag weiter: Auf Seite drei geht einer ins Pornokino, auf Seite vier onaniert er und auf Seite fünf wird er ermordet.

Dann treten, ganz im Tatort-am-Sonntag-Stil, die Ermittler auf, ein versoffener, alternder und desillusionierter Kommissar und seine junge Kollegin, die sehr gut aussieht, aber vor lauter Ehrgeiz völlig beziehungsgestört ist.

Ein deutsch-türkischer Unterbulle sorgt für die kleine Lachnummer zwischendurch und einen Hauch Street-credibility, denn der Krimi spielt in Berlin und kennt sich besonders in Kreuzberg richtig gut aus. Die drei haben es, drunter tut´s ein zeitgenössischer Krimi nicht mehr, mit eine Mordserie zu tun, offenbar begangen von einem Täter mit moralischen bis religiösen Wahnvorstellungen. Der hinterlässt, so was tun fiktive Mörder ja gerne, kleine Briefchen am Tatort, in denen vermerkt ist, warum das Opfer "aussortiert" wurde: zu geil, zu fett, zu unsauber.

Schließlich wird auch noch ein bekannter Klatschreporter ermordet, der irgendwie an Baby Schimmerlos seligen Angedenkens erinnert, und dann gibt es ein Drogenproblem bei der Polizei, plus Korruption, russische, türkische und überhaupt Mafia, eine falsche Gräfin, Erpressung, noch einmal den Chauffeur und schließlich steigert sich das ganze zu einem üppigen Massaker im Kempinski.

Aus lauter solchen Versatzstücken aus medialer und Genre-Realität ist der ganze Plot zusammengestückelt und wirkt schon allein deshalb zu typisch, auch zu unernst, um auch nur ansatzweise spannend zu sein. Es ist, als habe der unbekannte Autor, wenn er schon mal bei Sex and Crime war, nichts auslassen wollen. Das ist ihm – oder ihr? – weitgehend gelungen.
Und sprachlich liegt dieser Krimi auch gewissermaßen über dem Durchschnitt: So viele Fremdwörter und Konjunktive findet man eher selten in der Welt des Verbrechens.

Rezensiert von Katharina Döbler

Titus Keller, Aussortiert
Kriminalroman
Eichborn.Berlin 2007, geb. 276 Seiten
EUR 18,90