Schutz vor "Gefährdern"

Abschiebungen allein können Terror nicht verhindern

Ein Flugzeug von Meridiana wird am 14.12.2016 auf dem Flughafen in Frankfurt am Main (Hessen) aus der Parkposition geschoben. Laut Informationen von Pro Asyl und Medienberichten sollte am Mittwochabend ein erster Charterflug mit 50 Afghanen von Frankfurt nach Kabul starten. Die Bundespolizei und der Flughafenbetreiber Fraport wollten sich nicht zu einer möglichen Abschiebung äußern und verwiesen auf das Bundesinnenministerium. Foto: Boris Roessler/dpa |
Vor allem nach Afghanistan werden viele abgelehnte Asylbewerber abgeschoben. Nun wird darüber gestritten, ob die Behörden noch strenger sein sollten. © dpa
Milltiadis Oulios im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 23.12.2016
Abschiebungen sind keine Allzweckmittel gegen Terrorismus, sagt der Journalist Miltiadis Oulios. Damit Einwanderung kontrollierter stattfinde, sollten legale Möglichkeiten für Migranten geschaffen werden, nach Europa zu gelangen.
Seit der Suche nach dem Verdächtigen für die Gewalttat am Berliner Weihnachtsmarkt, ist eine öffentliche Debatte darüber entbrannt, ob die Behörden den Tunesier Anis Amri nicht schon längst hätten abschieben müssen. Der Journalist Miltiadis Oulios hat für sein Buch "Black Box Abschiebung" umfassend zu dem Thema recherchiert und warnt davor, zu glauben, dass mehr Abschiebungen für mehr Sicherheit sorgen könnten.

Es fehle an legale Möglichkeiten, einzuwandern

"Wir haben hier eigentlich eine reichlich absurde Situation", sagte Oulios im Deutschlandradio Kultur. Viele Bürger glaubten, es sei die Kontrolle über die Migration verloren gegangen, weil man zu lax sei. "Das Gegenteil ist der Fall." Die Kontrolle der Migration sei innerhalb der EU, aber auch in Deutschland seit den 1980er Jahren ausgebaut worden. "Trotzdem ist es nicht gelungen, unerwünschte Migranten außer Landes zu halten."
Es sei ganz im Gegenteil so, dass die "verbotene Frucht noch anziehender" geworden sei. Die Bewegung von Menschen lasse sich mit solchen Maßnahmen nicht verhindern. Dadurch gebe es auch einzelne im Land, die eine Gefahr darstellten. "Das ist eigentlich das Ergebnis von zu viel Kontrolle." Es fehle an legale Möglichkeiten, einzuwandern. "Wenn es legale Möglichkeiten für Jedermann gebe, sagen wir mal aus Nordafrika nach Europa einzuwandern, nach Deutschland, dann würde das auch kontrolliert stattfinden." Dann wäre es auch leichter zu kontrollieren, ob "Gefährder" ins Land kämen. Dadurch komme es zu illegaler Migration, eben auch von solchen Personen, die die Sicherheit bedrohten.

Tausende werden abgeschoben

Oulios erinnerte daran, dass aus Deutschland zahlreiche Straftäter abgeschoben würden. Sachsen habe kürzlich ein ganzes Charterflugzeug nur mit tunesischen Straftätern abgeschoben. "Das findet schon statt", sagte er. "Wir schieben jedes Jahr mehrere tausend Menschen ab aufgrund von Straftaten." Es sei aber falsch zu glauben, dass sich dadurch Terroranschläge verhindern ließen. "Das wäre eine falsche Sicherheit, in der wir uns aber nicht wiegen sollten", sagte der Journalist. "Das lässt sich allein durch Abschiebungen nicht erreichen."

Miltiadis Oulios, "Black Box Abschiebung". Geschichte, Theorie und Praxis der deutschen Migrationspolitik, Suhrkamp Verlag, 16 Euro.

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