Schauspielerin Marina Vlady wird 80

Idol einer Generation

Die französische Schauspielerin Marina Vlady bei den 70. Internationalen Filmfestspielen in Cannes.
Marina Vlady feiert am 10. Mai ihren 80. Geburtstag. © Ekaterina Chesnokova/Sputnik/dpa |
Von Gary Vanisian  · 09.05.2018
Die französische Schauspielerin Marina Vlady war die Muse des europäischen Autorenkinos. Sie hat in "Die blonde Hexe" und Jean-Luc Godards Film "Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß" mitgespielt. Heute wirkt sie als Schriftstellerin.
Die Eltern russische Emigranten, die vor der Oktoberrevolution nach Frankreich flüchteten; der Vater Flugpionier und Opernsänger, die Mutter Tänzerin. Gemeinsam hatten beide fünf Kinder, davon vier Mädchen, von denen drei Schauspielerinnen wurden – auch die jüngste: Catherine Marina de Poliakoff-Baïdaroff, wie der Geburtsname von Marina Vlady lautet.
1948, im Alter von zehn Jahren, begann ihre Filmkarriere – den Beruf der Schauspielerin hat Vlady uneitel immer als Dienstleistung begriffen, wie sie in ihrer Pariser Wohnung erzählt, in der sie mit einigen Vögeln lebt:
"In jedem Fall sind wir Interpreten. Wir Schauspieler sind keine Schöpfer. Man kreiert eine Figur, man verkörpert sie, das heißt man wird zum Fleisch dieser Figur, die von einem Autor geschrieben worden ist. Aber es hängt von den Regisseuren ab, was sie aus den Schauspielern herausholen wollen. Es gibt manche, die Dinge hervorholen wollen, die man nicht einmal selbst kennt."

Erotisches Idol einer Generation

Die französische Schauspielerin Marina Vlady als junge Frau. 
Feenartige, platinblonde Außenseiterin: Marina Vlady als junge Frau. © imago/ZUMA/Keystone
Mit dem französisch-schwedischen Film "La sorcière" ("Die blonde Hexe") wurde sie 1956 zur weltberühmten Verkörperung einer feenartigen, platinblonden Außenseiterin – und zum erotischen Idol einer ganzen Generation von Cineasten.

Godard lag auf den Knien vor ihr

In den 60er-Jahren war Vlady die Inkarnation cineastischen Weltbürgertums, sie drehte auf Französisch, Deutsch, Russisch, Englisch, Italienisch. Ihre Ausstrahlung faszinierte Filmemacher wie Marco Ferreri und Orson Welles. Sie brachte Jean-Luc Godard im wirklichen Leben auf die Knie, für einen abgelehnten Heiratsantrag, und im Kino zum Flüstern:
Godard flüstert in "Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß": "Elle, c'est Marina Vlady. Elle est actrice. Elle porte un chandail bleu lui, avec deux rays jaune. Elle est d'origine russe. Ses cheveux sont chataignes-foncés, ou brun clair. Je ne sais pas exactement."
("Sie ist Marina Vlady. Sie ist Schauspielerin. Sie trägt einen blauen Pullover, mit zwei gelben Streifen. Sie ist russischer Herkunft. Ihre Haare sind dunkelkastanienbraun oder hell-braun, ich weiß es nicht genau.")

Liaison mit Wyssozki

Auf dem Höhepunkt ihrer künstlerischen Karriere folgte sie einer Einladung nach Moskau. Dort traf sie den Mann, der ihr Leben prägen sollte: Wladimir Wyssozki. Dem in Russland zu Lebzeiten zensierten Volksdichter Wladimir Wyssozki war nur ein kurzes, intensives, genialisches Leben vergönnt. Zwölf Jahre währte die Liaison zwischen Moskau und Paris, für die Vlady einige Angebote abgesagte.
Als Wyssozki 1980 starb und das Kino Marina Vlady nicht recht wiederaufnehmen wollte, begann ihre dritte Karriere – als Schriftstellerin. Auf den Welterfolg ihres Erinnerungsbuches über die Zeit mit Wyssozki mit dem deutschen Titel "Liebe zwischen zwei Welten" folgten bis heute zehn weitere Werke.
Und bis heute engagiert sie sich für sozial Schwache und andere Außenseiter, ist Künstlerin mit großem Bewusstsein nicht nur für die Kunst. Und auch nicht nur für Vögel.

"Ich bin schon immer eine militante Feministin"

"Zunächst einmal: Ich bin schon seit immer eine militante Feministin, weit vor '68. Ich war gegen den Algerienkrieg und engagiert in der Abtreibungsfrage, das Recht auf Verhütung und all das, ich war in vorderster Front, eine Militante. Wahrlich. Und 1968 bedeutete einen Wechsel in der Gesellschaft, einen sehr durchdringenden. In der Frage der individuellen Freiheiten und zum Beispiel der sexuellen Freiheit. Es gibt in jedem Fall etwas, was sich nach '68 verändert hat."
Für Marina Vlady ist das mit der Veränderung so eine Sache: Sie war wandelbar und ist es immer geblieben.
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