Sarah Wieners Speisekammer

Warum Brot nicht im Müll landen darf

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Sarah Wiener backt aus Leidenschaft selbst Brot. © Beth Jennings
Von Sarah Wiener · 22.06.2018
Mitteleuropa ist die Wiege der Brotkultur: Über 3000 Sorten Brot gibt es, immer neue Trends kommen hinzu. Doch woran erkennt man gutes oder schlechtes Brot? Die Spitzenköchin und Hobby-Bäckerin Sarah Wiener weiß, worauf es ankommt.
Gutes Brot ist sicher nicht aufgeschnitten und eingeschweißt in Plastik. In Plastik aufgehoben würde es sofort zu wässern anfangen und zu schimmeln. Gutes Brot kann man auch nicht vorschneiden, denn jede einzelne Scheibe würde austrocknen. Ein gutes Brot, das ganz ist, hält mindestens sieben bis zehn Tage frisch. Natürlich trocknet es ein bisschen aus, aber es ist im Kern immer noch so saftig und so weich, dass man es gut essen kann. Im Gegenteil, ganz frisches Brot sollte man gar nicht essen, sondern es ein, zwei Tage stehen lassen, damit es bekömmlicher und leichter verdaulich wird und man keine Bauchschmerzen bekommt.

Industriebrot hat viele Zusatzstoffe

Jeder sollte sich darüber klar sein wenn er sich im Supermarkt ein abgepacktes, vorgeschnittenes Brot oder ein ganzes abgepacktes Brot kauft, dass er damit dem Handwerk schadet und zur Ausrottung von Individualität, vom Bäckerhandwerk und vom Genuss beiträgt. Denn dieses abgepackte Brot ist unter Garantie behandelt: Mit Enzymen oder mit E-Nummern. Selbst wenn da drauf steht "ohne Konservierungsstoffe" können sie sicher sein, dass in diesem Brot eine Bearbeitung stattgefunden hat. Weil dieses Brot gar nicht so lange haltbar wäre und schimmeln würde, wenn es unter Plastik eingeschlossen ist.
Es gibt 200 Zusatzstoffe, die überhaupt im Brot sein dürfen, und es gibt hunderte von Enzymzusätzen, die nicht deklariert werden müssen und die dem Brot zugegeben werden. Wir sind mittlerweile aufgeklärt und lehnen die E-Nummern ab. Aber von Enzymzusätzen haben wir noch nicht so viel gehört, da sie nicht deklariert werden müssen. Wir können also bei Industriebrot, ja selbst bei gut sauber gearbeitetem Industriebrot nie sicher sein, was wir essen, und wir können nicht wissen, woher die Grundzutaten kommen und wir können nicht wissen, was am Ende drin ist.

Brot gehört nicht in den Müll

Weil wir so viel Industriebrot essen, das nichts mehr wert ist in unseren Augen, gehen wir genau damit so um, wie wir nicht umgehen sollten. Wir kaufen eine Menge Brot minderer Qualität, das spätestens am nächsten oder übernächsten Tag ausgetrocknet ist, vor sich hin schrumpelt. Und was passiert? Wir knallen es in die Tonne, wir schmeißen es einfach in den Müll. Nicht nur, dass wir eine Ressourcenverschwendung an Grundnahrungsmittel, an Getreide, an Weizen, an Roggen verursachen mit unserem Essverhalten.
Wir schädigen das Klima, wir schädigen die Natur, weil wir teuer und energieaufwändig Nahrungsmittel erzeugen, die wir am Ende nicht essen, die niemand braucht und die auf der Müllhalde landen. Allein in Österreich kann man aus dem Brotwegwerfverhalten in Wien die zweitgrößte österreichische Stadt jeden Tag ernähren, nämlich Graz. Soviel wird täglich weggeschmissen, und in Deutschland ist es nicht anders.

Ein guter Tipp?

Ich empfehle das Brot aufzuschneiden, bevor es ganz hart wird, in Würfel zu schneiden oder zu reiben – dann haben wir Brösel zum Beispiel für Wiener Schnitzel oder überbackene Champignons oder wir haben Brot für den italienischen Brotsalat oder aber für sowas köstliches wie Semmelknödel, für Suppeneinlagen und als Geflügelfüllung. Es gibt nichts Köstlicheres und deshalb sollte man altes Brot auf keinen Fall wegschmeißen, sondern weiter verarbeiten.
Sarah Wiener betrieb 2012 eine Bäckerei in Berlin
Sarah Wiener betrieb 2012 eine Bäckerei in Berlin© dpa / picture alliance / Maurizio Gambarini
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