Sand aus dem Getriebe beseitigen

Von Kerstin Zilm · 29.03.2009
Eine Delegation der Oscar-Akademie reiste kürzlich in den Iran. Das Gremium möchte weltweit Filmemacher unterstützen, die bei ihrer Arbeit politischem Druck ausgesetzt sind. Die angespannte Situation zwischen Washington und Teheran bekam die Delegation gleich nach der Ankunft in Teheran zu spüren.
Kaum waren sie gelandet, verlangte der Kunst-Berater von Präsident Mahmoud Achmadinedschad eine Entschuldigung für angeblich Iran-feindliche Werke aus Hollywood, wie die Verfilmung von "Nicht ohne meine Tochter”, die Iran als Unterdrückerstaat beschreibe oder das Mickey Rourke Comeback "The Wrestler’, in dem eine iranische Flagge zerfetzt wird. Eine Forderung, die Akademie-Präsident Ganis als völlig absurd bezeichnet:

"Wir sind nicht aus politischen Gründen gekommen, sondern aus künstlerischen Gründen. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns für unsere Arbeit zu entschuldigen. Es ist Kunst! Man kann sie kritisieren, aber vermutlich wird sich kein Künstler entschuldigen. Es erschien uns nicht sinnvoll, überhaupt nachzudenken über eine solche Forderung."

Stattdessen trafen sich die Filmemacher aus den USA wie geplant mit ihren iranischen Kolleginnen und Kollegen, mit Regie-, Drehbuch- und Schauspielstudenten, mit Produzenten und Werbefachleuten in dem regierungsunabhängigen "House of Cinema”. Die Organisation in Teheran gründete sich vor wenigen Jahren nach dem Vorbild der Akademie in Los Angeles. Dabei lernte Akademiepräsident Sid Ganis zum Beispiel, dass viele iranische Produktionen wegen einer Vorgabe der Akademie nicht in der Oscar-Kategorie "Ausländischer Film" nominiert werden können. Zum Beispiel "Darbareye Elly” des gerade bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichneten Regisseurs Ashgar Farhadi.

"Um sich für die Kategorie zu qualifizieren, muss ein Film mindestens eine Woche im Herkunftsland in Kinos gezeigt werden. Im Iran ist das wegen der Zensur oft nicht möglich. Deshalb sehen wir als offizielle Bewerber oft nicht die beste iranische Arbeit."

Die Akademie will dieses Hindernis beseitigen. Sie will auch Seminare mit US-Filmemachern am "House of Cinema” in Teheran organisieren und Kollegen aus Iran in die USA einladen. Dabei werden Politik und Diplomatie wieder eine Rolle spielen. Und Hartnäckigkeit. Ellen Harrington organisierte die Reise der US-Delegation von Auswahl der Teilnehmer und Filme über Dolmetscher bis zu Reisedokumenten:

"Die Visa waren sehr schwer zu bekommen. Es ist für jeden ein langer Prozess, egal ob prominent oder nicht. Uns hat das 'House of Cinema' geholfen, die Zustimmung der iranischen Regierung zu bekommen. Damit mussten wir zur Abteilung für iranische Interessen in Washington gehen. Die ist bei der pakistanischen Botschaft, weil es keine direkten diplomatischen Beziehungen und deshalb keine iranische Botschaft gibt."

Das US-Außenministerium wurde über die Reise informiert, nachdem die Visa ausgestellt waren. Es war weder in die Planung noch die Organisation des Besuchs einbezogen. Akademiepräsident Sid Ganis betont, dass der Besuch in Teheran mit keinerlei politischen oder diplomatischen Ambitionen verbunden war. Dennoch sieht er ihn ganz im Sinne der Botschaft, die US-Präsident Barack Obama zum Neujahrsfest an den Iran richtete:

"Seit vielen Jahrhunderten hat iranische Kunst, Musik, Literatur und Innovation die Welt besser und schöner gemacht. In den USA wurden Gemeinden durch den Beitrag von Bürgern iranischer Herkunft weiterentwickelt. Die Errungenschaften der iranischen Zivilisation haben den Respekt in den USA und weltweit verdient."

Sid Ganis verspricht, dass die Oscar-Akademie mehr für die Verbreitung von Werken aus dem Iran in den USA tun wird. Und damit war der Besuch dann eben doch ein Teil der neuen US-Politik und -Diplomatie.

"Ich habe nun großes Interesse an Filmschaffenden und Künstlern aus dem Iran. Sie haben großes Interesse an uns. Es hilft, Schwierigkeiten zu überwinden, den Sand aus dem Getriebe der Beziehungen unserer Länder zu beseitigen."