Sammelband "Global Pop"

Der Sound unserer Gegenwart

Youssou N'Dour , senegalesischer Sänger und Komponist, bei einem Auftritt
Youssou N'Dour ist ein gutes Beispiel dafür, weshalb "Global Pop" der treffendere Begriff als "Weltmusik" ist. © picture alliance / dpa
Olga Hochweis im Gespräch mit Carsten Beyer  · 06.04.2017
"Weltmusik": Unter diesem Label wurde bislang subsumiert, was nicht in das übliche Schema des Pop angelsächsischer Prägung passte. Doch aus der einstigen Nischenmusik ist längst ein weltumspannendes Phänomen geworden. Diese Entwicklung erklärt der Essayband "Global Pop".
Mitte der 1980er-Jahre tauchte der Begriff der "Weltmusik" auf und ist seither umstritten. "Heute kann jeder sein Produzent sein überall in der Welt", sagt die Musikjournalistin Olga Hochweis im Deutschlandradio Kultur über die Veränderungen auf dem Musikmarkt.
Die Verfügbarkeit musikalischer Sounds, etwa durch Sampling, führe zu extremen Wechselwirkungen in alle Himmelsrichtungen und zu "Musikhybriden jenseits jeder Ethnie zu etwas Transnationalem nicht zuletzt gerade im Pop".
Die Weltmusik habe sich dadurch emanzipiert und sei zum "Sound unserer Zeit" geworden, sagt Hochweis. Deshalb passe der Begriff "Global Pop" heute viel besser.

Neue Perspektiven

"Global Pop" heißt auch ein Sammelband mit Essays, herausgegeben von den Politologen Claus Leggewie und Erik Meyer. An dem interdisziplinären Buchprojekt waren 40 Autoren beteiligt, darunter neben Musikforschern und -Multiplikatoren auch Politikwissenschaftler, Ethnologen, Kulturwissenschaftler und Soziologen.
"Das bringt eine Menge Perspektiven, ästhetische, soziale, ökonomische und es reicht thematisch von der Spiritualität bis hin zu dieser bewussten Vermarktung, etwa von Gipsy-Klischees", sagt Hochweis über den Band.
"Ein ganz komplexes Feld, das natürlich auch Einfluss nimmt auf den Stil, in dem diese Artikel geschrieben sind, manchmal etwas akademisch." Aber die Lektüre rege dazu an, das Geschriebene musikalisch nachzuvollziehen.
Das Buch ist unterteilt in vier große Abschnitte, in denen einerseits grundlegende Begriffe wie Weltmusik, Crossover, Fusion oder Sampling erklärt werden, und andererseits in den musiktheoretischen und gesellschaftspolitischen Kontext eingeordnet werden. In einem Abschnitt werden wichtige Vermittler und Akteure der frühen Weltmusikszene wie Peter Gabriel (Womad und Real World Records) oder der New Yorker Brian Shimkowitz ("Awesome Tapes from Africa") porträtiert.
Cover "Global Pop", hrsg. von Claus Leggewie und Erik Meyer
Cover "Global Pop", hrsg. von Claus Leggewie und Erik Meyer© J.B. Metzler Verlag
Ein anderer Abschnitt macht deutlich, warum gerade "Global Pop" ein musikalisches Abbild unserer Gegenwart darstellt, die von Digitalisierung und Migrationsströmen geprägt ist.

Eurozentrische Auswahl der Autoren

Hochweis kritisierte allerdings, dass die Auswahl der Autoren sehr eurozentrisch ausgefallen sei und sie Beiträge aus internationaler Perspektive vermisst habe. Auch einige Regionen, wie Südamerika oder Südosteuropa kämen in dem Werk ebenfalls zu kurz.
"Es wäre allein schon ein völlig anderes Buch geworden, wenn man nur bei der Auswahl der Autorenschaft über den akademischen und journalistischen Tellerrand Deutschlands hinausgeblickt hätte", erklärt Hochweis.

Claus Leggewie und Erik Meyer (Hrsg): Global Pop - Das Buch zur Weltmusik
J.B. Metzler Verlag 2017
29,95 Euro.

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