Sächsischer Innenminister Buttolo für Scientology-Verbot

Moderation: Birgit Kolkmann · 06.12.2007
Vor der heute beginnenden Innenministerkonferenz hat der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) seinem parteilosen Hamburger Amtskollegen Udo Nagel Unterstützung im Kampf gegen Scientology zugesagt. Zwar sei Sachsen von der Sekte nicht so stark betroffen wie andere Länder, bei hinreichenden Verbotsgründen sei der Vorstoß für ein Verbot aber richtig, sagte Buttolo. Ebenso sprach sich Buttolo für eine bundesweite Beobachtung von Scientology aus.
Birgit Kolkmann: Das war ein toller Auftritt für Tom Cruise. Bei der Bambi-Verleihung bekam er letzte Woche das goldene Reh in der Kategorie Mut für seine Darstellung als Hitler-Attentäter Stauffenberg. Und während Schauspielerkollege Lauterbach unkte, einen Film zu drehen, dafür 50 Millionen Dollar zu bekommen, ich finde da gibt es mutigeres, lobte "FAZ"-Herausgeber Frank Schirrmacher Tom Cruise über den grünen Klee und handelte sich viel Kritik ein, ist Cruise doch ein sehr prominentes Mitglied der Scientology-Kirche. Und die als Kirche verkleidete Sekte ist gefährlich. Deshalb will Hamburgs Innensenator Nagel sie verbieten lassen, und das ist eines der sehr umstrittenen Themen bei der Herbstkonferenz der Innenminister heute in Berlin. Am Telefon begrüße ich nun Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo von der CDU. Schönen guten Morgen!

Albrecht Buttolo: Guten Morgen!

Kolkmann: Wie stehen Sie zu einem Scientology-Verbot?

Buttolo: Wir sind natürlich im Freistaat Sachsen nicht so stark betroffen wie die Hamburger Kollegen. Bei uns sind keine nennenswerten Organisationen der Scientologen bekannt und nachweisbar. Trotzdem halte ich den Vorstoß, wenn hinreichende Gründe bestehen, ein Verbot auszusprechen, für richtig und ich werde natürlich dieses Unterfangen meines Kollegen Nagel auch massiv unterstützen.

Kolkmann: Wie fanden Sie es denn, dass Tom Cruise derart gefeiert wurde?

Buttolo: Da hatte ich persönlich schon mein Problem damit, denn man muss ja wissen oder man weiß ja, dass er ein führender Scientologe ist. Zumindest sagt man das von ihm.

Kolkmann: Die Methoden der Scientologen werden ja immer aggressiver, hier in Berlin zum Beispiel auch, wo Schüler direkt vor der Schule angesprochen werden - nicht nur dort. Müsste Scientology eigentlich in noch mehr Bundesländern beobachtet werden?

Buttolo: Das halte ich für zwingend, dass wir nahezu im gesamten Bundesgebiet die Scientologen über unsere Verfassungsschutzämter unter die Beobachtung nehmen.

Kolkmann: Noch ein weiteres Verbot ist ja Thema bei den Innenministern: die NPD. Ein zweiter Anlauf. Halten Sie das für sinnvoll, nachdem das erste ja gescheitert ist?

Buttolo: Hier bin ich sehr zurückhaltend. Wenn wir tatsächlich einen zweiten Anlauf riskieren, müssen wir die Sicherheit haben, dass wir auch tatsächlich ins Ziel kommen. Ein weiterer Anlauf ohne ein Verbot als Ergebnis würde in der Tat die NPD und die Rechten grundsätzlich noch weiter stärken. Wir würden sie auch bei vielen in eine Märtyrerrolle reinbringen, und das darf einfach nicht sein. Deswegen bin ich sehr am abwägen, wie erfolgreich sind die Chancen, die wir haben, und ist es möglich, dass wir das Verbot aussprechen. Was mir eigentlich viel wichtiger als ein NPD-Verbot ist, wäre eine wirklich gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem rechten Gedankengut, denn das dürfen wir aus meiner Sicht nicht länger so akzeptieren. Wir müssen ja auch sehen, dass die Rechten nicht nur in Sachsen im Landtag sitzen, sondern sich auch in anderen Ländern etablieren, und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, darf man nicht unterschätzen, denn sie gehen ja auf Kinder, Jugendliche zu, versuchen Problemlösungen anzubieten, die in Wirklichkeit keine sind, die eigentlich sehr populistisch nur auf Rattenfängermethoden aus sind.

Kolkmann: Wie halten Sie es da als Innenminister ganz persönlich in Sachsen? Sie haben ja dort ein besonderes Problem mit der NPD, die auch besonders stark ist und auch einen großen Rückhalt hat in der Bevölkerung hat. Ich denke da nur an die sächsische Schweiz, zum Beispiel Pirna.

Buttolo: Gerade Pirna ist für mich ein Positivbeispiel, wie die Gesellschaft mit rechts umgehen kann. Wenn ich die Aktivitäten des Oberbürgermeisters von Pirna, Herrn Ulrich, mal kurz erwähnen darf: Er hat in der Tat es geschafft, dass er unterschiedliche gesellschaftliche Aktivitäten bündeln kann. Beispielsweise findet jährlich ein Markt der Kulturen statt. Das ist für mich immer schon ein Pflichttermin, dort dabei zu sein, um tatsächlich zu zeigen, wir in der sächsischen Schweiz sind vom Grundsatz her doch anders als die wenigen Rechten, die nach außen hin das Gesicht der Region so negativ belasten.

Kolkmann: Da sprechen Sie nun die gesellschaftliche Bewegung an. Was kann aber zum Beispiel getan werden über die Finanzierung der Parteien? Berlins Innensenator Körting will es ja so versuchen, dass er die Gelder für die NPD-Parteistiftung quasi stoppen möchte, wenn es um verfassungsfeindliche Aktivitäten geht. Also kann es sein, dass die NPD-CD auf Schulhöfen verteilt wird und darüber finanziert ist?

Buttolo: Ich hoffe, dass es nicht an dem ist, dass wir in der Tat über diese Art der Finanzierung nur zu reden haben. Was für mich wesentlich wichtiger ist, dass man tatsächlich die gesamten Finanzierungsquellen der rechten Szene mal versucht, etwas aufzuhellen, um auch zu merken, welche Transaktionen tatsächlich laufen. Denn solange wir dies nicht wissen, glaube ich, stochern wir etwas im Nebel.

Kolkmann: Die Innenminister haben sich ja mit noch mehr zu befassen, einem gigantischen Themenpaket und durchaus kontrovers natürlich: die Vorratsdatenspeicherung, die Online-Durchsuchungen, die der Bundesinnenminister möchte. Können Sie sich vorstellen, dass Freiheit gesichert wird durch die Einschränkung von Freiheiten?

Buttolo: Ich glaube, wir müssen sehen, dass die Gefährdung der Freiheit, die durch einige wenige praktiziert wird, ja mit Methoden arbeitet, die wir kennen, und dort müssen wir etwas entgegensetzen. Gerade was die Online-Durchsuchung anbelangt, stütze ich die Aussagen, die Vorstellungen von Herrn Dr. Schäuble persönlich sehr, denn es wird nicht der unbescholtene Bürger in die Gefahr geraten, dass sein Computer durchsucht wird, sondern es werden ja nur tatsächlich die Tatverdächtigen, die eine schwere Straftat vorhaben, nach einem richterlichen Beschluss online durchsucht. Wir wissen ja selbst eigentlich alle, wenn man mit dem eigenen Computer hantiert, wie schnell man von anderen angezapft wird. Dies nehmen wir eigentlich stillschweigend zur Kenntnis, maulen zwar etwas innerlich darüber, aber ich glaube, wir müssen doch als Gesellschaft uns die Möglichkeit offen halten, in solchen wirklich sensiblen Bereichen auch Vorsorge zu treffen, dass tatsächlich ein hinreichender Schutz der Bevölkerung gewährt werden kann.

Kolkmann: Aber bei den letzten Erfolgen gegen terroristische Aktivitäten auch in Deutschland ging das auch ohne Online-Durchsuchungen und ohne Vorratsdatenspeicherung?

Buttolo: Ja, aber man muss auch wissen, dass bei diesen Erfolgen, die wir dort hatten, natürlich auch die Terroristenseite ganz anders herangegangen ist als das, was wir gegenwärtig auf rechtlicher Basis schon tun dürfen. Beispielsweise eine Telefonüberwachung wäre in dem Falle dort völlig ins Leere gelaufen, denn die Terroristen haben Mobiltelefone benutzt und das grundsätzlich nur einmal, so dass eine Telefonüberwachung schon grundsätzlich nicht möglich war. Wir brauchen schon die Chance, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um tatsächlich die Sicherheit, die wir gegenwärtig haben, auch künftig unserer Bevölkerung zu garantieren.

Kolkmann: Das war zur Herbsttagung der Innenminister der Länder in Berlin Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo von der CDU. Ich bedanke mich für das Gespräch in Deutschlandradio Kultur.

Buttolo: Herzlichen Dank auch.