Rudi Gutendorf

Der älteste aktive Fußballtrainer der Welt

Der Ex-Profispieler und Fußballtrainer Rudi Gutendorf, aufgenommen am 11.06.2015 auf der Terasse eines Restaurants in Koblenz
Der Ex-Profispieler und Fußballtrainer Rudi Gutendorf kann es auch mit 90 Jahren nicht lassen. © picture alliance / dpa / Franz-Peter Tschauner
Von Ludger Fittkau · 14.10.2016
Rudi Gutendorf ist ein Phänomen: Auf der ganzen Welt hat der Ex-Fußballprofi Mannschaften gecoacht. Zurzeit übernimmt er im Alter von 90 Jahren bei seinem Heimatverein TuS Koblenz die Rolle des Ehrentrainers - für das Team mit Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und Eritrea.
Rudi Gutendorf: "Nicht anhalten – direkt weiterspielen!"
Assistenztrainer: "Jetzt wird direkt gespielt."
Rudi Gutendorf: "Schneller Wechsel weiter, konzentriert euch. Ja, das ist sehr gut!"
Rudi Gutendorf kann sich trotz seiner 90 Jahre auf dem Fußballplatz noch gut Gehör verschaffen. Der womöglich älteste Fußballtrainer der Welt leitet zum ersten Mal das Training der Flüchtlingsmannschaft des rheinland-pfälzischen Traditionsvereins TuS Koblenz, dessen erste Mannschaft in der Regionalliga Süd-West kickt.

Langjähriger Entwicklungshelfer in Sachen Fußball

Gutendorf, ein langjähriger Entwicklungshelfer in Sachen Fußball, will sich erst einmal einen Eindruck verschaffen, wieviel die Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea fußballerisch so drauf haben, die jetzt seit einem Jahr zusammen spielen:
"Ich hoffe, dass ihr nicht zwei linke Füße habt und dass wir eine gute Mannschaft zusammenstellen. Und ich hoffe, dass ich euch etwas geben kann, hauptsächlich in puncto Taktik. Aber dazu müsst ihr auch eine gute Kondition haben und das ist Arbeit."
Arbeit mit internationalen Teams – die kennt wohl niemand so gut wie Rudi Gutendorf. In beinahe 30 Ländern der Erde hat er als Fußballtrainer gewirkt. Er kennt die heimischen Lebensverhältnisse der Spieler, die jetzt in Koblenz in den Flüchtlingsunterkünften leben. Soziales Engagement und Spaß an der Begegnung mit jungen Leuten aus anderen Kontinenten – das sind Gutendorfs Hauptmotive dafür, jetzt wieder in Koblenz auf dem Platz zu stehen, wo er vor Jahrzehnten als aktiver Spieler mit der heimischen Mannschaft auch schon mal Schalke 04 geschlagen hat:
"Ich habe Spaß am Fußball. Habe mein ganzes Leben nichts anderes gemacht, deswegen kommt mir das zu Gute, dass ich mich hier etwas betätigen kann. Überall habe ich trainiert, wo die her sind und das macht mir Spaß."
Rudi Gutendorf beim ersten Training mit der Flüchtlingsmannschaft von Tus Koblenz
Rudi Gutendorf beim ersten Training mit der Flüchtlingsmannschaft von Tus Koblenz© Deutschlandradio / Ludger Fittkau

Unterwegs von China bis Ruanda

Ob Iran oder China, ob Botswana oder Tansania - Rudi Gutendorf war wirklich überall auf dem Globus unterwegs. Mit dem ehemaligen chilenischen Salvador Allende war er persönlich befreundet und einen emotionalen Höhepunkt erlebte Gutendorf in seiner Rolle als Nationaltrainer Ruandas kurz nach dem Genozid 1994:
"Das große Erlebnis war Ruanda, wo sich die zwei Stämme gegenseitig die Hälse abgeschnitten haben. Und die Söhne habe ich gehabt und habe sie trainiert in der Nationalmannschaft. Und so gut trainiert und so gut mitgemacht haben die, dass wir nachher die Elfenbeinküste, was damals fast die beste Mannschaft Afrikas war, die haben wir geschlagen. Da bin ich heute noch stolz drauf."
Stürmer Erfan Hossein aus Syrien ist einer der Spieler, mit denen Rudi Gutendorf nun arbeiten wird. Der Flüchtling lebt seit neun Monaten in Koblenz und kommt in einem Bayern-T-Shirt zum Training. Bayern-Fan sei er schon seit seiner Kindheit, erzählt Erfan:
"Mein Onkel, der war auch Fußballspieler und ich war mit ihm Fernsehgucken. Wenn wir in ein Café oder Restaurant gingen, haben wir Champions League geguckt. Fußball ist mein Hobby. Ich komme hier hin, weil ich Fußballspielen will, das ist alles."
Rudi Gutendorf: "Hey ihr, hört mal zu ..."
Assistenztrainer: "Immer in Bewegung sein, das ist kein statisches Spiel."

Initiative eines Sportredakteurs

Der 56 Jahre alte Sportredakteur Klaus Reimann ist einer derjenigen, der vor einem Jahr in Koblenz das Fußballtraining mit den Flüchtlingen initiiert hat. Heute sorgt er mithilfe eines unermüdlich ins Arabische übersetzenden ehrenamtlichen Helfers auf dem Platz dafür, dass die Trainingsideen des Rudi Gutendorf auch an das Ohr der Spieler dringen. Auch Klaus Reimann kennt die prekäre Lage gut, in der die Spieler nun leben:
"Ja, das ist auch nicht so einfach und das ist auch eine Sache, wo wir versuchen zu helfen. Jungs, die zum Beispiel hier studieren wollen, da haben wir geguckt, ob wir eine Bude bekommen. Und wenn da mal ein Fernseher transportiert werden muss, da helfen wir auch.
Schwere Geräte transportieren - die wird der 90 Jahre alte Rudi Gutendorf nicht für seine Jungs. Aber in Sachen Fußballtaktik will er ihnen im Laufe des kommenden Jahres einiges mitgeben, hat er sich vorgenommen:
"Zuerst einmal anhalten, dann geht es direkt weiter."
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