Romeo Castellucci: "Democrazia in America"

Eindrucksvolles Bildertheater

Der italienische Regisseur Romeo Castellucci bei der Ruhrtriennale 2014
Der italienische Theater- und Opernregisseur Romeo Castellucci beschäftigt sich in seinem neuen Stück mit der "Democrazia in America". © dpa / Caroline Seidel
Eberhard Spreng im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 08.03.2017
Ein träumerischer und spielerischer Abend über Amerika, so beschreibt Kritiker Eberhard Spreng die Uraufführung des Stückes "Democrazia in America" von Romeo Castelucci. Es sei "Bildertheater", das aber keine politischen Anspielungen auf das Phänomen Trump enthalte.
Der bildende Künstler, Theater- und Opernregisseur Romeo Castellucci ist ein Spezialist für gewaltige und manchmal auch gewalttätige Bühnenrituale. Regelmäßig ereifern sich Kirchenvertreter und auch Teile des Publikum über seine Inszenierungen – oft muss sogar um Polizeischutz gebeten werden.
"Democrazia in America" heißt ein neues Stück von Castellucci, das gestern Abend am Theater in Antwerpen uraufgeführt wurde. Sie beruht auf einer Schrift, die der Franzose Alexis de Toqueville 1835 veröffentlichte und die als Buch "Über die Demokratie in Amerika" berühmt wurde.
Das Eingangsbild der Inszenierung zeige ländliches Leben unter Puritanern, berichtet Kritiker Eberhard Spreng. Der Dialog eines Paares thematisiere Zweifel an der Existenz Gottes:

"Dann steigert sich ihr Zweifel immer hinein in eine Blasphemie. Sie gesteht, dass sie immer wieder einen Spaß daran hat, blasphemisch, gotteslästerlich und verleugnend zu sein. Und sie wird dann aus einer Gemeinschaft, die sich um sie bildet, quasi ausgestoßen. Sie ist diejenige, die in der Gemeinschaft nicht funktioniert."

Aus dem Zweifel an der Existenz Gottes wird ein "Bildertheater"

In guten Castellucci-Aufführungen gingen die Bilder ihren eigenen Weg und bekämen ihre eigene Logik, so charakterisiert Spreng die Inszenierungsmethode des Künstlers. Das entziehe sich oft einer simplen Beschreibung..
Aus dem narrativ angelegten Zweifel an Gott werde an diesem Abend in Antwerpen dann ein eindrucksvolles "Bildertheater":
"Wir sehen verschiedene Volkstänze aus Albanien, Botswana, England, Ungarn, Sardinien – choreographierte Bilder. Immer wieder werden in dieses Bildergeschehen Jahreszahlen projiziert, auf eine Gaze, die vor der Bühne gespannt ist. Das sind historische Ereignisse, die dann plötzlich im Banalen enden."

Politische Anspielungen - in versteckter Form

Castellucci gehe es allerdings nicht darum, das Phänomen Trump zu erklären, meint Spreng. Der Abend gehe mit Amerika eher "sehr spielerisch, sehr träumerisch" um, enthalte aber keine politischen Anspielungen auf das Phänomen Trump:
"In dieser suggestiven Bilderfolge, der ich wirklich sehr aufmerksam und sehr gebannt gefolgt bin, gibt es trotzdem etwas, was zutiefst politisch ist. Auch wenn er einen kleinen Aufsatz im Programmheft geschrieben hat: 'Diese Vorstellung ist nicht politisch', behauptet Romeo Castellucci. Aber er schickt ein reines Frauenensemble auf die Bühne."

Romeo Castelluccis Stück ist am 8. April beim Festival "FIND" an der Berliner Schaubühne zu sehen. Es steht dieses Mal unter dem Motto "Demokratie und Tragödie."
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