Rom wegretuschiert

Claudia Cardinale tanzt jetzt in Cannes

Das offizielle Plakat zum 70. Filmfestival Cannes.
Auf dem offiziellen Plakat ist eine tanzende Claudia Cardinale zu sehen - das Originalfoto stammt allerdings aus Rom. © dpa / picture alliance
Anke Leweke im Gespräch mit Dieter Kassel · 17.05.2017
Mit dem französischen Liebesdrama "Les Fantômes d'Ismaël" wird heute das 70. Filmfestival Cannes eröffnet. Hier wird Kinogeschichte geschrieben - daran lasse man auch im runden Jubiläumsjahr keinen Zweifel aufkommen, berichtet Filmkritikerin Anke Leweke aus Cannes.
In den Hauptrollen des Eröffnungsfilms "Les Fantômes d'Ismaël" des Regisseurs Arnaud Desplechin spielen die Stars Charlotte Gainsbourg, Marion Cotillard und Mathieu Amalric. Im Wettbewerb um die Goldene Palme sind insgesamt 19 Werke zu sehen.
Fällt Cannes im 70. Jubiläumsjahr noch glamouröser aus als sonst? Unsere Filmkritikerin Anke beschreibt die Stimmung vor Ort und den allzeit geltenden Anspruch dieses Filmevents:
"Auch das Filmfestival von Cannes versteht sich zu feiern. Es lässt einfach keinen Zweifel daran, dass hier Kinogeschichte geschrieben wurde und weiterhin Kinogeschichte geschrieben wird. Man könnte aber auch einfach sagen: Die Goldene Palme ist so etwas wie ein Stammtisch-Pokal. Wenn man sich die Namen im Programm anschaut, dann sind das natürlich alles alte Preisträger."
Zu diesen Preisträgern gehörten etwa Michael Haneke, Todd Haynes oder Sofia Coppola mit ihren Filmen - eben Regisseure, die in Cannes groß herausgekommen seien. Fatih Akin ist mit seinem Thriller "Aus dem Nichts" vertreten.

Claudia Cardinale - digital verschlankt

Bei der Inszenierung des Festivals übertreibe Cannes allerdings manchmal ein wenig, kritisiert Leweke. So zeige das Festivalplakat eine tanzende Claudia Cardinale:
"Das ist eigentlich 1959 in Rom aufgenommen worden. Rom wurde einfach wegretuschiert. Und man hat Claudia Cardinale digital verschlankt, so wie es heute modern ist. Und das hat hier im Vorfeld doch schon für ziemlich viele Lacher gesorgt."

Hommage an die Filmemacher der "Nouvelle vague"

Zu der Tradition von Cannes gehöre auch das Feiern der heimischen Filmindustrie, sagt Leweke. So seien im Wettbewerb fünf französische Filme vertreten. Arnaud Desplechin, der Regisseur des Eröffnungsfilms, gehöre zur sogenannten Gruppe der Nouvelle Vague. Diese Wahl sei auch als Hommage an Jean-Luc Godard, François Truffaut und Eric Rohmer zu sehen:
"Und dann gibt es auch noch einen weiteren Film, wo Jean-Luc Godard eine große Rolle spielen wird. Der Regisseur Su ve Ates hat einen Spielfilm inszeniert über die politischen Jahre von Godard. Und da schließen sich wieder ein bisschen die Kreise. 1968 wurde hier ja das Festival boykottiert. Damals stürmte Godard auf die Bühne und schrie zum Boykott auf, weil er sich mit der Arbeiterbewegung solidarisierte. Und mit solchen Filmen feiert sich das Festival natürlich auch und erinnert an die eigene, bewegte Geschichte."

Die diesjährige Wettbewerbs-Jury von Cannes steht unter dem Vorsitz von Pedro Almodóvar, die deutsche Regisseurin Maren Ade ("Toni Erdmann") sowie die US-amerikanischen Schauspieler Jessica Chastain und Will Smith gehören auch dazu. Die Preise des Wettbewerbs werden am 28. Mai vergeben. (ue)
Die Schauspielerin Jessica Chastain aus dem Film "A Most Violent Year"
Die Schauspielerin Jessica Chastain aus dem Film "A Most Violent Year"© imago/Landmark Media
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