Rösler: Uns gibt es nicht "zum Nulltarif"

Philipp Rösler im Gespräch mit Gabi Wuttke · 28.09.2009
Der FDP-Landesvorsitzende von Niedersachsen, Philipp Rösler, sieht seine Partei durch das Wahlergebnis gestärkt in Koalitionsverhandlungen mit der Union gehen. Die Union werde lernen, dass die Liberalen hartnäckiger und durchsetzungsfähiger seien als ihr jetziger Koalitionspartner, sagte das FDP-Präsidiumsmitglied.
Gabi Wuttke: Auf diesen Tag hatte Guido Westerwelle lange warten müssen. Mithilfe verschreckter Konservativer und der gebetsmühlenhaften Warnung vor dem rot-roten Ypsilanti-Faktor hat es die FDP geschafft: Sie wird mit ihrem besten Ergebnis Juniorpartner der Union und also Regierungspartei. Philipp Rösler ist jetzt am Telefon, FDP-Landesvorsitzender in Niedersachsen und jüngstes Mitglied im Präsidium der Liberalen. Guten Morgen, Herr Rösler!

Philipp Rösler: Moin und hallo!

Wuttke: Dass Sie sich über das Ergebnis freuen, ist selbstverständlich. gerade deshalb die Frage: Droht der Stolz Ihres Parteichefs über das Ergebnis die FDP zu ersticken?

Rösler: Das auf gar keinen Fall. Jeder von uns weiß, dass dieses tolle Vertrauen durch unsere Wähler, dass das nicht enttäuscht werden darf, und die FDP wird mit diesem Stimmengewicht verantwortungsvoll umgehen. Gefeiert haben wir übrigens gestern im Präsidium den Wahlsieg nicht mit Sekt, sondern nur mit Kaffee, Wasser und ein bisschen Wein.

Wuttke: Was wollen Sie mir damit sagen? Schmalhans?

Rösler: Schmalhans nicht, aber ich glaube, die notwendige Bescheidenheit ... denn es ist ja jetzt keine ganz leichte Zeit, und ein so großartiges Ergebnis weckt zu Recht Erwartungen an die FDP, und denen müssen wir jetzt gerecht werden.

Wuttke: Der Wahlkampf war ganz und gar auf Ihren Chef zugeschnitten, aber der Wahlkampf, der ist jetzt vorbei. Weiß er, dass jetzt Teamarbeit gefragt ist?

Rösler: Teamarbeit galt vor der Wahl, das wird jetzt auch nach der Wahl gelten. Im Übrigen war es inhaltlich weiter gespreizt als nur ein Thema, wir haben auf diese Person uns konzentriert, auf Guido Westerwelle, aber auch auf Themen wie Steuersenkung, Investitionen in Bildung und Forschung und Bürgerrechte.

Wuttke: Sie werden also kein zweites Buch mehr schreiben müssen mit der Forderung, die FDP müsse mehr sein als Wirtschaftsliberale?

Rösler: Na, wir haben ja das schon im Wahlkampf gezeigt, dass wir nicht nur mit Steuer-, Wirtschafts- und Finanzthemen antreten, sondern auch mit gesellschaftspolitischen Fragen. Bürgerrechte war ein großes Thema, und das zeigt eben, dass die FDP ist deutlich mehr als nur ein gutes Wirtschafts-, Steuer-, Finanz- und Gesundheitssystem vorschlagen zu können.

Wuttke: Aber, Herr Rösler, Sie müssen doch eingestehen, dass auch sozusagen die Kritiker der Bundeskanzlerin auf der einen Seite und das, was ich schon in der Anmoderation sagte - das gebetsmühlenhafte der rot-roten Gefahr, die da lauert -, maßgeblich für Ihren Erfolg war und nicht das Programm.

Rösler: Ich glaube, es hat mit dazu beigetragen, aber unsere Botschaft war: Wir sorgen für klare Verhältnisse, was die Koalition anbelangt. Da haben wir bei niemandem einen Zweifel hinterlassen, das hat das Ergebnis auch gezeigt. Aber wir werden auch inhaltlich deutlich machen, dass es uns nicht zum Nulltarif gibt. Diese fast 15 Prozent bedeuten für uns, dass wir eben jetzt kämpfen müssen für ein niedriges, einfaches und gerechtes Steuersystem und natürlich auch für all die anderen wichtigen Themen, die wir im Wahlkampf angesprochen haben, übrigens als einzige Partei sind wir sehr stark auf Inhalte eingegangen. Das kann man von der Union jetzt nicht so direkt behaupten.

Wuttke: Ihr Parteikollege Christian Lindner hat gesagt, Westerwelle und Steuersenkungen sind eine tolle Schaufensterdekoration, aber im Laden muss auch das Angebot stimmen.

Rösler: Das Angebot stimmt, wie gesagt, bei den Themen, auch bei den Personen, da bin ich ganz guter Dinge.

Wuttke: Und wie wollen Sie das dann finanzieren?

Rösler: Das ist ja genau das Ziel, dass wir durch Steuersenkungen von heute Wachstum dann auch ermöglichen, und nur durch Wachstum wird man am Ende aus der aktuellen Schuldenfalle herauskommen können. Das, was wir an Netto-Kreditaufnahme, also an Schuldenaufnahme, jetzt haben, das wird man durch keine Sparhaushalte alleine decken können.

Wuttke: Schon gestern in der Elefantenrunde hat sich beim Thema Steuersenkungen die Bundeskanzlerin ziemlich zurückhaltend gezeigt. Sie haben da einen starken Partner.

Rösler: Na ja, das kann man aber so und so sehen. Ich denke, Frau Merkel und die Union werden sehr schnell lernen, dass wir sozusagen noch etwas kleiner sind als der jetzige Koalitionspartner der Union, aber dafür sind wir umso hartnäckiger und durchsetzungsfähiger bei den Inhalten.

Wuttke: Was macht Sie da so sicher?

Rösler: Wir haben eben ein hervorragendes Ergebnis bekommen. Wir haben uns richtig freuen können gestern Abend, weil wir als einzige Partei wirklich zugelegt haben und nicht nur weniger verloren haben als erwartet. Ich glaube, das zeigt, dass wir sehr gestärkt jetzt in die kommenden Koalitionsverhandlungen hineingehen können.

Wuttke: Wie sehr wollen Sie die Union in die Bredouille bringen? Sie müssen jetzt gemeinsam Politik machen.

Rösler: Ja, genau, wir wollen gemeinsam Politik machen und wir wollen niemanden in die Bredouille bringen. Aber wir wollen unsere Inhalte durchsetzen. Dafür sind wir gewählt. Es heißt ja nicht umsonst Wählerauftrag, und den Auftrag wollen und werden wir erfüllen.

Wuttke: Sie werden in Agenturenmeldungen als möglicher Minister gehandelt?

Rösler: Ich bin jetzt schon stellvertretender Ministerpräsident ...

Wuttke: Auf Bundesebene, meine ich.

Rösler: ... und Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Niedersachsen. Das mache ich dort sehr gerne, das möchte ich auch bleiben.

Wuttke: Und Sie würden sich nicht ... oder Sie würden sich des Rufes verweigern, wenn er denn käme?

Rösler: Niemand wird mich fragen, aber selbst dann ... Ich bin gerade erst Minister in Niedersachsen geworden. Da kann man nicht einfach wieder weggehen. Auch das hat was mit Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit zu tun.

Wuttke: Also, die innerparteiliche Kritik, die es während des Bundestagswahlkampfes gab - auch, was zum Beispiel die Koalitionsaussage, die keinen Spielraum gelassen hat, angeht -, das ist jetzt alles Schnee von gestern?

Rösler: Die Kritik kam erstens nicht von mir und zweitens hat der Bundesparteitag am letzten Sonntag - bei einer Enthaltung - einstimmig dieser Beschlussaussage, dieser Koalitionsaussage zugestimmt, also, da gab es keine innerparteiliche Diskussion.

Wuttke: Na ja, es gab ja schon die Anträge von zum Beispiel Frau Leutheusser-Schnarrenberger, und die war nicht die Einzige, die sich noch dafür ausgesprochen hat, vielleicht dann doch die Zügel mal ein bisschen lockerer zu lassen. Das hat aber Guido Westerwelle ja nicht zugelassen. Nun lässt man ihn natürlich nicht im Regen stehen.

Rösler: Erstens, Anträge gab es dazu nicht und die würden wir zulassen, das gehört sich so in einer liberalen Partei, ich glaube, in einer Demokratie insgesamt. aber unabhängig davon: Es hat sich ja gezeigt, dass diese klare Botschaft, dieses Ziel, klare Verhältnisse in Deutschland zu schaffen, eben auch zu einem klaren Ergebnis - und zwar zu einem klaren, guten Ergebnis - der FDP geführt hat.