Roboter CIMON

Künstliche Intelligenz im All

Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Diese Fotomontage soll zeigt wie der Astronauten-Assistent CIMON ab Juni in der Raumstation ISS schwebt. © DLR/T.Bourry/ESA
19.05.2018
Wenn Alexander Gerst im Juni ins All fliegt, nimmt er einen Roboter mit. CIMON soll den deutschen Astronauten und sein Team mit künstlicher Intelligenz unterstützen. Missionsleiter Volker Schmid ist schon gespannt, wie dieser Testlauf klappt.
Vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus wird Alexander Gerst am 6. Juni für rund ein halbes Jahr zur ISS zurückkehren – jener Station, auf der er 2014 zu einem Star der Wissenschaft wurde. Damals verbreitete er eifrig Fotos seiner Umgebung in den sozialen Medien, zeigte seine Schlafkabine, filmte den Alltag des Astronautenteams und sorgte so dafür, dass die Raumfahrt in Deutschland so populär ist wie lange nicht.

Kugelrunder Helfer

Diesmal ist erstmal CIMON dabei, ein gut fußballgroßer Assistenzroboter als mitfliegender Helfer. Der Namen soll übrigens an Simon Wright, das "fliegende Gehirn" aus "Captain Future" erinnern. Von einer "Premiere im All" spricht der stellvertretende Projektleiter und Missionsleiter, Volker Schmid, vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Er betont, dass CIMON keine Menschen ersetzen soll, sondern die Arbeit des Teams unterstützend ergänzt. Es sei ein Experiment, auf das alle mit Spannung blicken.

Das Interview im Wortlaut:

Ute Welty: Es sieht aus wie der Radiowecker, den ich mal hatte – so rund und weiß, nur dass CIMON ein Display hat und die Größe eines Medizinballs. CIMON kann deutlich mehr als nur wecken, und das ist auch gut so, denn CIMON soll mit ins All fliegen, und zwar zusammen mit Alexander Gerst auf die ISS. CIMON ist ein interaktiver Astronautenassistent, der über eine künstliche Intelligenz verfügt, und was CIMON im All soll, darüber weiß der stellvertretende Projektleiter und Missionsleiter Volker Schmid genau Bescheid. Guten Morgen, Herr Schmid!
Volker Schmid: Guten Morgen!
Welty: CIMON steht für Crew Interactive MObile companioN. Warum macht es Ihrer Meinung nach Sinn, der Crew so ein Gerät mitzugeben?
Schmid: Ja, das macht deswegen Sinn, weil die Astronautenzeit da oben sehr rar ist und auch eine sehr kostbare Ressource, und wenn man diesen Einsatz irgendwie optimieren kann, dann bringt das wissenschaftlichen Output nach oben, und darum geht es. Allerdings haben wir jetzt mit CIMON erst mal eine Testphase, das ist das Erste seiner Art und quasi eine Premiere im All, und wir sind alle sehr gespannt auf das Experiment. Das ist erst mal jetzt, wie gesagt, ein Test.

Training am Boden

Welty: Was soll CIMON denn mehr können als seine irdische Cousine Alexa?
Schmid: Na ja, er erkennt schon mal das Gesicht, erst mal von Alexander Gerst jetzt, er ist sprachgesteuert. Er weiß, wo er ist, er bewegt sich durch das Columbus-Labor autonom sozusagen. Das ist auch eine Premiere. Er hat ein Navigationssystem an Bord und weiß immer genau, wo er ist. Und das unterscheidet ihn von Alexa oder von anderen Elementen da in dem Bereich.
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Der Astronaut Alexander Gerst hat seine neue Begleitung CIMON schon auf der Erde kennengelernt. © picture alliance/Oliver Berg/dpa
Welty: Das heißt, CIMON und Alexander Gerst haben sich schon kennengelernt?
Schmid: Ja, die haben miteinander trainiert, die künstliche Intelligenz muss trainiert werden mit dem Astronauten. Je mehr sie da machen, je besser, denn dann kann das System besser auf den Menschen reagieren. Und das ist auch Gegenstand der Forschung, das heißt, die Mensch-Maschine in der Aktion, da haben wir extra Wissenschaftler von der LMU dabei, die genau das untersuchen, damit man das eben in Zukunft, wenn wir dann mal ein voll operationelles System haben in der Zukunft, damit wir das verbessern und optimieren können.

Akzeptanz ist wichtig

Welty: Zeichentrickfans werden sich durch CIMON erinnert fühlen an die Serie "Captain Future", dazu kommt auch dieses Strichgesicht auf dem Display, wir reden ja auch von CIMON wie von einem Menschen. Wie wichtig sind diese Designaspekte?
Schmid: Die sind extrem wichtig, und das ist das, was ja auch ein Stück weit die Akzeptanz ausmacht. Der Mensch muss das ja akzeptieren irgendwie, das muss interagieren, das darf nicht zu viel sein, das muss nicht störend sein, also auch die Form der Kugeln dann und die ganzen Aspekte vom Aussehen, von der Haptik gehören mit dazu. Das ist auch Gegenstand der Untersuchungen und des Tests sozusagen, wie kommt das da oben bei den Kollegen an.
Welty: Worin liegt die besondere Bewandtnis in der künstliche Intelligenz, mit der CIMON ausgestattet ist?
Schmid: Ja, das ist das Watson-System von IBM, die natürlich da weitermachen wollen auch. Und leider haben wir die KI am Boden, und die wird eingeklinkt über den Funk sozusagen, weil das noch so speicherintensiv ist, dass wir zum Beispiel keinen Server auf der Raumstation damit bestücken können, und den haben wir auch nicht.
Welty: Also, wenn die Verbindung zur Erde abreißt, dann ist CIMON blöde.
Schmid: Der hat dann nur einen reduzierten Befehlssatz, und er bleibt da stehen, aktiv da stehen, wo er gerade hingesetzt wurde oder wo er sich hinbewegt hat, und kann dann diese Position autonom auch selbstständig halten. Ich meine, die Batterien, die haben eine Laufzeit von ungefähr zwei Stunden, da arbeiten wir auch dran. Man muss ganz klar sagen, das Experiment bewegt sich technisch an der Schwelle der Machbarkeit, und die Grenzen in dem Bereich wollen wir in den nächsten Jahren noch nach oben verschieben.
Die die Internationale Raumstation (ISS) 
Die Raumstation ISS© Nasa

Hohe Anforderungen an die Sicherheit

Welty: Das, was Sie beschreiben, das klingt fast danach, als ob es komplizierter ist, Technik ins Weltall zu schicken als einen Menschen.
Schmid: Manchmal ist das so, auf jeden Fall. Ich meine, der Mensch hat natürlich schon diese besondere Umgebung da oben, das ist klar, da müssen Sie die Sicherheit ganz nach oben setzen, da gibt es keine Kompromisse. Bei der Technik kann man den einen oder anderen Umstand vielleicht mal etwas relaxieren, aber trotzdem, es muss alles zusammenspielen. Wir haben hohe Sicherheitsanforderungen. Das Teil ist mit Propellern angetrieben, bewegt sich selbstständig, also das ist eine Premiere, und da sind alle besonders gespannt und natürlich auch besonders angespannt, zu Recht, weil wir die Sicherheit garantieren müssen. Und das ist auch Gegenstand des Tests, also Sie haben eigentlich nur 100 Prozent Test, Test, Test.
Welty: Wenn alle so gespannt sind auf diesen Test, wie wichtig sind denn dann noch menschliche Intelligenz und emotionale Kompatibilität in der Raumfahrt?
Schmid: Das ist das Wichtigste überhaupt, das ist gar nicht ersetzbar. Wir wollen ja den Menschen nicht ersetzen, sondern ihn ergänzen, und wenn Sie runtergehen auf die Erde damit, zum Beispiel die künstliche Intelligenz unterstützt die Menschen im Gesundheitsbereich bei der Diagnostik zum Beispiel und hat da halt natürlich unschlagbare Fähigkeiten.
Aber trotzdem, hinter jedem solchen Assistenzsystem steht auch immer ein menschliches Team, und das sagt ja eigentlich schon alles. Das ist eher so eine Art siebtes Crewmitglied, so wollen wir das verstehen, und das ergänzt und ist nicht dazu da, den Menschen jetzt zu ersetzen.
Welty: Nicht der Vater, aber vielleicht der Onkel von CIMON, stellvertretender Projektleiter und Missionsleiter Volker Schmid über ein bemerkenswertes Experiment im Weltall. Herr Schmid, haben Sie herzlichen Dank und toi, toi, toi für CIMON und seinen ersten Flug!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema