#Rio2016

Hashtag-Verbot des IOC "absurd"

Luftbild Olympiapark in Rio de Janeiro
Olympiapark in Rio de Janeiro © Gabriel Heusi/Brasil2016.gov.br
Carsten Ulbricht im Gespräch mit Dieter Kassel · 02.08.2016
Das IOC will nur offiziellen Sponsoren der Olympischen Spiele erlauben, Hashtags wie #Rio2016 zu benutzen. Der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht findet das "absurd": Privatleute und Medien dürften #Rio2016 in der Regel dennoch verwenden.
Eine Beschränkung der Verwendung des Hashtags #Rio2016 auf offizielle Sponsoren der Olympischen Spiele ist nach Ansicht Carsten Ulbrichts, Fachanwalt für Internetrecht in Stuttgart, "übertrieben" und "absurd".

Kaum rechtliche Konsequenzen zu befürchten

Privatpersonen und Journalisten, die diesen Hashtag trotzdem in den sozialen Netzwerken verwendeten, drohten dennoch in der Regel keine rechtlichen Konsequenzen, sagt Ulbricht.
"Als Privater sehe ich, ehrlich gesagt, kaum ein Risiko, dass ich in diese Markenrechte eingreife."
Denn um gegen Markenrecht zu verstoßen, müsse man eine Markenbezeichnung auch markenmäßig verwenden, also als Bezeichnung für Waren und Dienstleistungen.
"Und das tue ich als Privater ja im Regelfall nicht", betonte Ulbricht.

Auch Journalisten dürfen #Rio2016 benutzen

Auch für Journalisten sei es in der Regel kein Problem, #Rio2016 zu verwenden, sofern dies im Rahmen der Berichterstattung über die Olympischen Spiele geschehe. Nicht erlaubt sei es hingegen, den Begriff zu verwenden, um Waren oder Dienstleistungen zu promoten: "Da ist im Prinzip die Grenze."
Dass das IOC dennoch versuche, die Verwendung von #Rio2016 und anderen Hashtags zu untersagen, liege daran, dass man dabei relativ wenig zu verlieren habe. "Man warnt einen Großteil der Bevölkerung und vor allen Dingen der Unternehmen, und viele halten sich daran", so Ulbricht.
"Und damit, glaube ich, beschränkt man schlicht die Nutzung dieser Namen. Ob das im Ergebnis durchsetzbar wäre, darüber kann man lange streiten."

Das Interview im Wortlaut:
Dieter Kassel: Hashtags, das sind Stichworte, die mit einer Raute beginnen und es einfach machen, Meldungen in den sozialen Medien zu bestimmten Themen zu finden und zu sortieren, begann mal bei Twitter, ist heute bei Facebook und überall sonst gang und gäbe. Und ein Hashtag wie zum Beispiel #rio2016 oder #olympischespiele müssten deshalb schon jetzt und dann vor allem ab Freitag millionenfach durchs Internet rauschen, aber genau will das Internationale Olympische Komitee verbieten. Nur offizielle Sponsoren der Spiele in Brasilien sollen bestimmte Hashtags benutzen dürfen, alle anderen nicht. Ist das rechtens, gilt das auch für Privatleute, und was soll das Ganze überhaupt? Das wollen wir jetzt von Carsten Ulbricht wissen. Er ist Fachanwalt für Internetrecht und Betreiber des Blogs rechtzweinull.de. Schönen guten Morgen, Herr Ulbricht!
Carsten Ulbricht: Guten Morgen!
Kassel: Beginnen wir doch mal privat bei dem, was uns alle betreffen könnte. Wenn ich jetzt meine Meinung zu den Olympischen Spielen bei Twitter kundtue und versehe das mit dem Hashtag rio2016, kriege ich dann Ärger mit dem IOC?
Ulbricht: Ja, jetzt kriegen Sie erst mal so eine Juristenantwort: kommt drauf an. Ja, aber ich will sie gerne noch ein bisschen erläutern. Das ganze Thema spielt so ein bisschen im Markenrecht. Zunächst mal ist Rio 2016 natürlich ein allgemeiner Begriff und natürlich völlig frei, aber tatsächlich ist es so, dass sich das Olympische Komitee im Prinzip schon im Jahr 2010 die Marke Rio 2016 eingetragen hat. Das heißt, man kann zu verschiedenen Markenämtern gehen, und so ist zum Beispiel im Rahmen einer europäischen Gemeinschaftsmarke für ganz viele verschiedene Produkte eben die Bezeichnung Rio 2016 eben als Marke eingetragen. Da könnten wir jetzt lange drüber diskutieren und philosophieren, ob so was überhaupt eintragungsfähig ist, Fakt ist, es ist nun mal eingetragen und keiner ist dagegen vorgegangen.

Der Hintergrund ist Markenrecht

Also es gibt diese Marke, genauso wie der Begriff "Olympische Spiele" quasi per Gesetz geschützt ist, und jetzt kommen wir aber zu der entscheidenden Frage, die Sie ja im Prinzip auch einleitend gestellt haben: Wie ist denn das, wenn ich jetzt diese Bezeichnung verwende? Da kann man zumindest sagen, dass ich als Privater, wenn ich einfach nur über diese Spiele schreibe oder einfach nur, was ich da erlebe, was ich da im Fernsehen sehe, natürlich in keinster Weise in diese Markenrechte eingreife.
Also, was im Prinzip auch der Deutsche Olympische Sportbund so ein bisschen vergisst zu erzählen, ist, dass nicht nur eine Marke eingetragen ist, sondern natürlich auch die Frage ist, wie verwende ich diese Bezeichnung, und als Privater sehe ich ehrlich gesagt kaum ein Risiko, dass ich in diese Markenrechte eingreife, weil – und da kommen wir gleich noch bei den Unternehmen dazu – weil ich diese Marke eben auch markenmäßig verwenden muss. Nur wenn ich sie als Bezeichnung für Waren und Dienstleistungen verwende, ist überhaupt ein markenrechtliches Risiko gegeben, und das tue ich als Privater ja im Regelfall nicht.
Kassel: Wie ist das bei Journalisten? Ich meine, wir, Deutschlandradio Kultur, sind ja auch bei Twitter und bei Facebook, wenn wir nun oder Kollegen da diesen Hashtag, zum Beispiel halt einfach Rio2016, verwenden, ist das schon grenzwertig?
Ulbricht: Wohl auch nicht, also wie gesagt, die Frage ist immer der Kontext. Da gibt es eben im deutschen Markengesetz, aber auch in vielen anderen Markengesetzen eine Regelung, die sagt, wenn ich eine markenrechtlich geschützte Bezeichnung beschreibend verwende, dann ist das keine Markenverletzung.
Also, wenn Sie als Journalist nur über Rio 2016 berichten und sagen, tolles Fest und dann Hashtag Rio 2016, dann benutzen Sie das ja nicht, um irgendeine Ware oder Dienstleistung zu kennzeichnen, sondern Sie benutzen das, um im Prinzip zu schreiben, über was Sie berichten, also Sie nutzen das beschreibend und insoweit bei Journalisten in aller Regel kein Problem, aber da wird es schon ein bisschen fraglicher oder grenzwertiger, weil wie gesagt, entscheidend ist der Kontext. Wenn ich es als Journalist nutze, um irgendeine Ware oder Dienstleistung zu promoten, dann vielleicht, wenn ich es mache, um im Prinzip über die Spiele selber zu berichten, dann ist es eine beschreibende Verwendung und insoweit rechtlich unproblematisch.

Verwendung #Rio2016 für Produktmarketing unzulässig

Kassel: Relativ klar ist, wenn ich aber als Journalist nebenberuflich Sonnenbrillen verkaufe, dann geht das wirklich los mit dem Ärger mit dem Hashtag, aber das ist dann wirklich Markenschutz, das ist das andere, aber alles davor, dass jetzt manche Leute sich wirklich Sorgen machen, wenn ich das einmal irgendwo hinschreibe auf meinem Computer, gibt's schon Ärger. Und die Tatsache, Sie haben auch gesagt, das IOC sagt das auch nicht richtig deutlich offiziell, wo die Grenze liegt, ist das nicht alles schon kompletter Unsinn, ist das nicht der Versuch, etwas zu tun, was man eh nicht kann, nämlich die sozialen Netzwerke zu kontrollieren?
Ulbricht: Ja, wahrscheinlich schon. Jetzt vielleicht, um es abzuschließen, wo vielleicht noch valide Interessen sind, ist, wie gesagt, jetzt mal exemplarisch: Ich hab mir den Markenauszug mal angeschaut, und da ist Rio 2016 zum Beispiel für Sonnenbrillen eingetragen, und wenn ich jetzt also daneben als Gewerbetreibender eben bei Facebook, Twitter schreiben würde, hier unsere Hashtag-Rio2016-Sonnenbrillenkollektion, ich glaube, da wird jedem klar, da benutze ich diese Bezeichnung, die eben als Marke eingetragen ist, um meine Waren, um meine Dienstleistungen besser zu promoten. Und da ist im Prinzip die Grenze, wo man auch gewisse kommerzielle, wirtschaftliche oder auch markenrechtliche Interessen nachvollziehen kann.
Ansonsten bin ich vollkommen bei Ihnen – das ist natürlich übertrieben und auch absurd, was man da versucht. Es geht darum, jetzt einfach mal diese Botschaft rauszusenden. Natürlich ist hinter diesen Bezeichnungen und vor allen Dingen hinter dem Investment eines Sponsors ist extrem viel Geld, und natürlich wollen diese Sponsoren dann auch exklusiv ihre Sponsorenbeteiligung ausschlachten. Und die versucht man zu schützen über solche Botschaften, und ich glaube, man macht es einfach, weil man relativ wenig zu verlieren hat. Man, wie gesagt, warnt einen Großteil der Bevölkerung und vor allen Dingen der Unternehmen, und viele halten sich dran, und damit, glaube ich, beschränkt man schlicht die Nutzung dieser Namen.
Ob das im Ergebnis durchsetzbar wäre, darüber kann man lange streiten, und es wird nach meinem Kenntnisstand auch in vielen Fällen nicht durchgesetzt. Es gibt auch Entscheidungen in Deutschland, die eine Verwendung im beschreibenden Kontext auch für zulässig gehalten haben.
Kassel: Der Anwalt und Betreiber des Blogs rechtzweinull.de, Carsten Ulbricht, über die restriktiven Regelungen des IOC zu Meldungen über Olympia in sozialen Medien und ihre Grenzen. Herzlichen Dank fürs Gespräch, Herr Ulbricht!
Ulbricht: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.