Rigide Verhaltensregeln beim Filmfest

"Cannes droht den Kontakt zum Publikum zu verlieren"

Penelope Cruz und Javier Bardem bei der Eröffnung des 71. Filmfestivals in Cannes
Penelope Cruz und Javier Bardem bei der Eröffnung des 71. Filmfestivals in Cannes © imago stock&people
Christiane Peitz im Gespräch mit Marcus Pindur · 11.05.2018
Ist das Filmfest in Cannes zu elitär geworden? Das befürchten viele, seit die Festivalleitung neue Verhaltensregeln eingeführt hat: etwa keine Selfies mehr mit Stars. "Ich sehe das mit großer Skepsis", sagt auch Tagesspiegel-Kulturchefin Christiane Peitz.
Selfie-Verbot auf dem Roten Teppich, keine Vorabvorführungen für die Presse mehr, keine Netflix-Produktionen im Wettbewerb und wer die falschen Schuhe anhat, kommt nicht ins Festival-Palais: Das Filmfest in Cannes machte in letzter Zeit vor allem durch rigide Verhaltensregeln von sich reden.
Die Kulturchefin des Berliner "Tagesspiegel", Christiane Peitz, hält derartige Maßnahmen vor allem für einen Versuch, gegen den durch Netflix und andere Streamingdienste ausgelösten Ansehensverlust des Filmfests anzugehen. Dadurch drohe Cannes aber den Kontakt zum Publikum zu verlieren, warnte sie im Deutschlandfunk Kultur. "Ich sehe das mit großer Skepsis. Denn ich finde, Filme sind fürs Publikum da und nicht für ein Festival."

Was an Filmen in diesem Jahr aus Cannes zu erwarten ist - darüber haben wir mit unserer Kritikerin Anke Leweke in unserer Sendung Studio 9 gesprochen. Das Gespräch können Sie hier nachhören: Audio Player

Peitz riet, Filmfestivals sollten sich besser mit den Streaming-Diensten ins Benehmen setzen. "'Kino first' auf Festivals, ganz klar, aber man muss da ein bisschen Kompromisse machen. Denn das ist die Realität des Films heute, daran kann auch Cannes nicht vorbei."
Christiane Peitz zu Gast bei Studio 9
Christiane Peitz, Leiterin des Kulturressorts beim "Tagesspiegel"© Deutschlandradio - Andreas Buron

Kosslick-Nachfolge bei der Berlinale offenbar bis zum Sommer klar

Im Gegensatz zum Filmfest Cannes sieht die Kulturchefin des "Tagesspiegel" die Berlinale als richtiges Publikumsfestival. Hier sei die Nachfolgeregelung für Festivalleiter Dieter Kosslick nach dem, was man hinter den Kulissen höre, "auf gutem Weg". Der Zeitplan von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), noch vor dem Sommer den oder die neue Leiterin ernennen zu können, werde wohl eingehalten. "Und man hört auch – was ich persönlich sehr gut finde –, dass es endlich auf eine Arbeitsteilung zwischen einem künstlerischen Direktor und einer Art executive director hinausläuft, was bei diesem Riesenfestival mit einer halben Million verkaufter Karten jedes Jahr wirklich nötig ist."

Atmosphärische Eindrücke vom ersten Tag in Cannes von unserem Filmredakteur Patrick Wellinski können Sie in seiner "Post aus Cannes" nachhören: Audio Player

(uko)
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