Rheinland-Pfalz vor der Wahl

Das Land der Rüben, Reben und Rotoren

Landtagswahl 2016: Großflächige Wahlplakate der rheinland-pfälzischen Parteien von FDP (l-r), Die Linke, CDU und SPD stehen am 26.02.2016 am Rheinufer in Mainz.
Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz: Wahlplakate am Rheinufer in Mainz © picture-alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Von Anke Petermann · 04.03.2016
"Wir schaffen das", sagte Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Damit meinte die SPD-Spitzenkandidatin vor Wochen nicht nur die Aufnahme von Flüchtlingen, sondern auch die Neuauflage von Rot-Grün nach der Landtagswahl am 13. März 2016 - und verlor an Zustimmung.
"Ich glaub’, die Rheinland-Pfälzer sind noch ein bisschen konservativer – es ist ja eigentlich ein CDU-Land, von der Struktur her, Rheinland-Pfalz. Wir haben da schon so jemanden wie den Beck gebraucht, damit wir uns überhaupt so lange an der Spitze halten konnten."
So fasst Bernhard Groborz, sozialdemokratischer Bürgermeister von Weidenthal im Pfälzerwald, 25 Jahre SPD-Führung zusammen. Möglich gemacht von Rudolf Scharping und Kurt Beck. Und zwar nach der Selbstzerfleischung der Christdemokraten und dem legendären Abgang von Ministerpräsident Bernhard Vogel mit "Gott-schütze-Rheinland-Pfalz".
Bei der Landtagswahl am 13. März geht es für den Weidenthaler und seine Genossen um alles: Der Verlust der roten Machtbastion droht. Malu Dreyer, die immer noch beliebte Ministerpräsidentin, kann bei ihrer ersten Landtagswahl eine Niederlage für ihre rot-grüne Koalition nicht ausschließen. Anders als bäuerlich geprägte Reben- und Rüben-Dörfer in der Pfalz war Weidenthal aber schon immer eine rote Hochburg.
"Es waren eigentlich auch Arbeiter vor allem hier ansässig."

Ein rotes Dorf - mit einer gespaltenen Linken

Wald- und Fabrikarbeiter hatten in dem langgestreckten Straßen-Dorf einst die SPD stark gemacht, doch seit dem Aus für die Papierfabriken vor Jahrzehnten pendeln die meisten Weidenthaler nach Mannheim, Ludwigshafen und Kaiserslautern. Auch der ehrenamtliche Bürgermeister. Schröders Hartz-Reformen verjüngten die Weidenthaler SPD - zwangsweise. Viele Ältere wanderten nämlich zur Linkspartei ab. Weidenthal blieb ein rotes Dorf, aber mit einer gespaltenen Linken.
"Und das hat uns natürlich in den letzten Jahren ja ausbluten lassen, das ist durchaus so – das brauchen wir auch nicht schönzureden",
bekennt die einstige Juso-Landeschefin Giorgina Kazungu-Haß, geboren im Rheinland. Der Zwist unter Roten hat ihr Engagement eher befeuert. Schon zum zweiten Mal in diesem Winter tritt die neue SPD-Direktkandidatin im Wahlkreis Neustadt an der Weinstraße hier in Weidenthal zum Haustürwahlkampf an.
Diesmal hat sie einen Prominenten im Schlepptau: Bundesvize Ralf Stegner, SPD-Landeschef in Schleswig Holstein - und gebürtiger Pfälzer. Soeben erst haben sich die beiden Genossen kennengelernt. Kurze Besprechung der Wahlkampf-Mannschaft.
Kazungu-Haß: "Du weißt, wo wir hinmüssen, gell."
Groborz: "Ja, dann können wir anfangen."

"Ich möchte gern, dass sie Ministerpräsidentin bleibt"

Bürgermeister Groborz begleitet die Promis Stegner und Kazungu-Haß, als Türöffner sozusagen. Die Landtagskandidatin in einer weiß gepunkteten Kapuzenjacke überm Jeansrock klingelt an der Tür eines Altbaus. Eine schmale, dunkelhaarige Frau öffnet. Doch als Kazungu-Haß ansetzt, fährt im Hintergrund ein Laster vorbei.
Kazungu-Haß: "Ich red' n bisschen lauter: Ja, ich wollte mich einfach nur mal vorstellen."
Stegner: "Und das ist ne richtig gute Kandidatin, die kann ich nur empfehlen."
Kammerer: "Ja, die Plakate habe ich schon gesehen."
Die taubenblauen Wahlplakate mit großem Foto und Mini-SPD-Logo sind gemeint, die derzeit überall im Wahlkreis Neustadt an der Weinstraße hängen. Dass das SPD-Signet unter ihrem Porträt und dem ihrer Parteifreundin Malu Dreyer so winzig ausgefallen ist – keine Absicht, beteuert die Deutsch-Lehrerin Kazungu-Haß. Die 38-jährige überreicht den Flyer, in dem sie und die rheinland-pfälzische Regierungschefin mit "sozialer Gerechtigkeit" als Markenzeichen werben.
Kazungu-Haß: "Malu und ich haben hier auch noch mal geschrieben, was uns wichtig ist. Ich möchte gern, dass sie Ministerpräsidentin bleibt."
Kammerer: "Ja, ist mir auch lieber als die Blondine."
Lieber Dreyer von der SPD als die Herausforderin Klöckner von der CDU, bekennt Marie Kammerer, während auf der Dorfstraße die Autos vorbei rauschen. Gute Antwort, findet Giorgina Kazungu-Haß und strahlt. Die Mutter von vier Kindern ist Gesamtschul-Konrektorin mit reduzierter Stelle.

"Wenn man nicht wählen geht, kommen die Rechten rein"

Kinder, Job, Wahlkampf - das heißt Zeitnot, Improvisieren, wenig Schlaf. Kazungu-Haß wirkt dennoch heiter und gut gelaunt. Klinkenputzen – für die extrovertierte Rheinländerin und Wahl-Pfälzerin mehr Spaß als Wahlkampf-Stress. Der sprödere norddeutsche Genosse wendet sich noch mal an die Wählerin, die in der halb geöffneten Haustür steht. Stegner empfiehlt ihr:
"Vielleicht auch denen, die Sie kennen, sagen, wählen zu gehen. Wenn man nämlich nicht wählen geht, kommen die Rechten rein. Und das wollen wir nicht."
"Ja, Ja, wir haben ja hier so eine 'schöne Sippe'". Mit der "schönen Sippe" meint Marie Kammerer die rechtsextreme Splitterpartei, die vor drei Jahren ein zugezogener Ex-NPD-Funktionär hier gründete. Der sogenannte "Dritte Weg" tritt am 13. März erstmals zur Landtagswahl an. Giorgina Kazungu-Haß macht wütend, dass die Braunen das rote Dorf kapern wollen. In Weidenthal Wahlkampf zu führen, versteht die Tochter eines Kenianers und einer Deutschen auch als Akt der Solidarität mit denen, die für eine bunte, weltoffene Pfalz stehen.
Alle reden über die AfD. Der "Dritte Weg" ist viel kleiner. Der wird auch nicht in den Landtag kommen, ist aber auf eine ganze andere Art und Weise unglaublich gefährlich, weil sich dort Neonazi-Verbände mit dem Deckmäntelchen einer Parteiorganisation Platz verschaffen.
"Volkstod stoppen", fordert der "Dritte Weg" auf Plakaten im Ort. "Asylflut stoppen" haben NPD-Wahlkämpfer direkt darunter gehängt. Die blau-roten Plakate der AfD, die ein angebliches "Asylchaos" anprangern, fehlen in dem roten Dorf mit braunen Sprenkeln. Marie Kammerer deutet auf den leeren Laternenmast zwischen ihrem Haus und der Dorfkirche.
Kammerer: "Ja, bei uns hängt keins."
Stegner: "Das würde auch zur Kirche nicht gut passen."
Kammerer. "Nee, nee, ich denke, wir werden da verschont."
Kazungu-Haß: "Also, das beste Mittel dagegen – sind wir."
Stegner: "Alles Gute, vielen Dank."
Kammerer: "Danke. Viel Spaß noch."
Punkt für die SPD, so wirkt es zumindest. Doch erst als die beiden Genossen weiter gezogen sind, redet Kammerer Tacheles:
"Vor vielen Jahren war ich SPD-Wählerin. Sie sind mir nicht mehr klar genug, nicht mehr links genug, muss ich ehrlich sagen. Die SPD hat so unheimlich an Kontur verloren – finde ich sehr schade. Ich hätte gerne mehr Biss, mehr Wupps!"

Nicht die "Blondine" von der CDU

Die Fotografin wünscht sich ein "Nein" zum Freihandelsabkommen TTIP und ein "Ja" zum bedingungslosen Grundeinkommen. Das vertritt eher die Linkspartei. Doch als Ministerpräsidentin will Kammerer ja ausdrücklich nicht die "Blondine" von der CDU. Damit aber die Brünette von der SPD rheinland-pfälzische Frontfrau bleibt, müsste die TTIP-Gegnerin mit der Zweitstimme SPD oder Grüne wählen. "Schwierig", seufzt Kammerer. Auch ihrem Nachbarn, bei dem Kazungu-Haß und Stegner als nächstes klingeln, ist die SPD nicht mehr links genug. Malu Dreyer aber macht als Ministerpräsidentin eine gute Figur, findet Thomas Kreckel:
"Das auf jeden Fall, das auf jeden Fall - also, ich finde, die Frau hat ne sehr integrative Art, und ich find sie net unsympathisch."
Doch ob der Archäologe deshalb die SPD wählt – offen. Nur drei von vielleicht etwa zehn Weidenthalern, die das Genossen-Duo an diesem grauen Winter-Vormittag im roten Dorf besucht, bekennen ihre rückhaltlose Unterstützung für die Sozialdemokraten. Aber fast alle favorisieren Malu Dreyer. "Eigentlich", setzt Carmen Schmitt hinzu. Doch als Stegner und Kazungu-Haß ihr den Rücken gekehrt haben, fordert sie, in der Flüchtlingsfrage müsse hart durchgegriffen werden.
Kazungu-Haß: "Mir han echt Angscht, mit dem, was passiert. Also, do muss wirklich aufgeholt werre und dofür gesorgt werre, dass man als Deutscher, deutsche Frau, deutsche Kinder in Deutschland sicher sein kann und im Einklang zusamme lebe kann."
Viermal deutsch in einem Satz - das klingt allerdings eher nach einem Votum für die AfD. Doch Schmitt schüttelt den Kopf.
"Definitiv net. Nee, also das geht mir zu sehr dann wieder in dieses braune Regime rein, alles. Nee, also das möchte ich keinesfalls."

Julia Klöckner für "Integrationspflicht" und Burka-Verbot

Mehr Sozialwohnungen für alle, mehr Sprachkurse und Qualifizierung für Flüchtlinge fordern die Sozialdemokraten. Doch das überzeugt Carmen Schmitt nicht. Fürs harte Durchgreifen, das die Weidenthalerin verlangt, macht sich dagegen Julia Klöckner stark: mit "Integrationspflicht" und Burka-Verbot. Ihre Forderungen verbindet die CDU-Spitzenkandidatin mit einer Attacke auf die Mainzer Koalition:
"Wenn wir Rot-Grün sehen, sie sprechen nur von den Pflichten des Staates und nur von den Rechten von Flüchtlingen. Und ich glaube, eine Medaille hat ja zwei Seiten, und da geht es schon darum, dass wir deutlich machen, wir brauchen ein Integrationspflichtgesetz auf der einen Seite. Wir brauchen mehr Integrationskurse, aber auf der anderen Seite ist auch klar, dass diejenigen, die z.B. Sprachkurse, die angeboten werden, dann nicht wahrnehmen, dass sie mit Leistungskürzungen rechnen müssen, wie das bei Langzeitarbeitslosen übrigens auch ist, wenn sie an Qualifizierungskursen nicht teilnehmen."
"Als ob das unser Haupt-Problem sei", mokiert sich Ralf Stegner zum Abschluss des Haustürwahlkampfs im pfälzischen Weidenthal. Mit Blick auf die Flüchtlinge stellt der SPD-Vize klar:
"Die Menschen haben nicht ein Problem, dass sie sich nicht integrieren wollen. Sondern wir haben nicht genug Sprachkurse. Daran liegt das. Und indem man suggeriert, es sei anders, solche Symbolthemen hochzieht, hilft man den Rechten. Und ich glaube, Frau Klöckner macht das etwas intelligenter als Herr Seehofer, aber mit dem gleichen Ziel. Die sagt: zwei, drei Prozent weniger für die CDU, das juckt mich nicht, so lange die AfD reinkommt und es keine Mehrheit für Rot-Grün gibt."

Bremst die CDU bei der kostenlosen Kita?

Ob beabsichtigt oder nicht: Genau danach sieht es derzeit aus. In den Umfragen liegt die AfD bei neun Prozent, die ehemals mächtige SPD Rheinland-Pfalz muss fürchten, wie auf Bundesebene in einer Großen Koalition zum Juniorpartner degradiert zu werden. Die gebührenfreie Bildung von der Kita an bremst die CDU dann aus, bedauert die Sozialdemokratin Kazungu-Haß. Den Ausbau von Integrierten Gesamtschulen sieht sie ebenso auf dem Spiel.
Szenenwechsel zum Großstadt-Wahlkampf am Rande des Mainzer Wochenmarkts. Worauf Passanten den örtlichen CDU-Direktkandidaten Gerd Schreiner unter anderem ansprechen:
"Das Thema 'Einheitsschule', was die Menschen ablehnen. Die Menschen wollen ein gegliedertes Schulsystem, das auf die Begabungen und Interessen der Schüler eingeht",
so Schreiner. "Frischer Schwung. Neue Kraft" titeln Wahlplakate, die ihn gemeinsam mit seiner strahlenden Parteifreundin Julia Klöckner zeigen. Schon bei ihrem ersten Antritt gegen Kurt Beck 2011 hatte die CDU-Landeschefin gewarnt, die Abschaffung der Hauptschule und ihre Eingliederung in die Realschule plus sei ein Schritt zur sogenannten "Einheitsschule". Trotz sinkender Schülerzahl die Vielfalt des Schulsystems zu erhalten, versprechen die Christdemokraten: vor allem das Gymnasium, aber auch Gesamtschule und Realschulen plus.
Angerhofer: "Wie machen wir’s heute?"
Müller: "Ich hab mir’s so vorgestellt, dass wir jetzt heute auch eine Bestandsaufnahme zwei machen."
Jürgen Angerhofer, Leiter einer Realschule plus südlich von Speyer, sitzt mit seinen beiden Konrektoren und dem Berater Tilbert Müller um einen runden Tisch. Vor sich das Strategiepapier, das vor knapp einem Jahr im Erstgespräch mit dem sogenannten Senior-Experten entstand. Ausgangsfrage war, ob das Leitungs-Team etwas tun kann, um den stetig sinkenden Anmeldezahlen an der Schule zu begegnen. Trotz aller Innovationen war das bis dahin nicht gelungen. Die Kollegen nicht mit Neuerungen überzustrapazieren, riet der Senior-Experte Tilbert Müller. Jetzt fragt der frühere Referent der Schulaufsicht nach:
Müller: "Und hat sich diese Ruhe positiv aufs Kollegium ausgewirkt?"
Frick: "Ja, die Ruhe hat sich schon positiv ausgewirkt. Das war die richtige Entscheidung, das hat sich bewährt."
Leuthner: "Und die Stimmung ist auch gut im Kollegium."
Bilanzieren die Konrektoren Elmar Frick und Petra Leuthner. Gute Stimmung trotz angespannter Lage, das hat die Beratung immerhin gebracht. Die Schule bleibt existenzgefährdet, daran ändern Berufsorientierung, selbständiges Lernen, musikalische Projekte und die neue Gelassenheit nichts. Tilbert Müller wendet sich mit dem Fazit seiner Analyse direkt an Schulleiter Angerhofer, nämlich
" … dass die Erhöhung der Schülerzahl nicht ursächlich in der Macht einer Schulleitung liegt, weil einfach der Schülerkuchen der Realschule plus ist nicht beliebig vermehrbar, sondern nur anders verteilbar. Da haben wir einfach festgestellt, dass andere Schulen mit andren Abschlüssen bessere Karten haben als Sie hier, obwohl Sie tolle pädagogische Arbeit leisten."

Über Schulreformen zu sprechen, gilt als gewagt

Höherwertige Abschlüsse wie Fach-Abi und Abitur sind gefragt, die Eltern stimmen mit den Füßen ab. Das politische Problem ist mit Beratung nicht aus der Welt zu schaffen. Viel mehr als die Umetikettierung zur "Realschule plus" sei beim der Zusammenführen von Haupt- und Realschulen nicht passiert, bemängelt der Verband Bildung und Erziehung. Das langsame Sterben von Realschulen plus zehrt an Schülern, Lehrern und Eltern.
"Alles ins Auto!"
Die CDU hat’s geahnt, sagt der Mainzer CDU-Direktkandidat Gerd Schreiner noch, während er hilft, am Ende eines sonnigen Wahlkampfvormittags die Stehtische in einen Transporter zu verfrachten.
Und es bewahrheitet sich jetzt, dass die Realschule plus, mit dem, was sie leisten soll, seitens der Landesregierung alleine gelassen wird.
Im Wahlkampf über Schulreformen zu sprechen, gilt als gewagt. Nur die Linkspartei tut das und fordert die Gemeinschaftsschule bis Klasse zehn. Die Grünen wollen zumindest erleichtern, weitere Gesamtschulen einzurichten, wo Eltern das wünschen. In der Schulpolitik bieten sie sich damit den Schwarzen nicht gerade als Koalitionspartner an. Das christdemokratische Schattenkabinett macht der Umweltpartei umgekehrt auch nicht gerade Lust darauf, das im Nachbarland Hessen vorexerzierte Schwarz-Grün ins Visier zu nehmen – falls es dafür überhaupt reichen sollte.
Grund ist ein Mann im christdemokratischen Schattenkabinett, dessen Gesicht vage an einen früheren Bundesverteidigungsminister von der CSU erinnert. Doch Julia Klöckner präsentiert nicht Karl-Theodor zu Guttenberg als Mitglied ihres sogenannten "Kompetenzteams", sondern dessen Bruder Philipp Franz, Eigentümer zweier Forstbetriebe und Lobbyist an der Spitze eines Verbandes:
"Ich versuche, die Interessen der zwei Millionen Waldbesitzer, die wir in Deutschland haben, in der Bundes- und auch in der Landespolitik einzubringen. Wir sind weltweit führend in der nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Die ganze Welt beneidet uns um die Erfolge, die wir damit haben, und ich glaube hier kann man sehr stolz sein, dass man diese zwei Millionen Menschen vertritt."

"Nicht umsonst zum 'Dinosaurier des Jahres' erklärt worden"

Stolz? Der Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler kann dem Waldbesitzer- Lobbyisten nichts abgewinnen.
"Herr zu Guttenberg ist ja nicht umsonst von den Naturschutzverbänden zum 'Dinosaurier des Jahres' erklärt worden, es ist also eine Provokation für alle, denen unsere Natur, unser Wälder, ja - und die Ökologie am Herzen liegen."
Und so verliert in diesem schneelosen Winter 2016 sogar ein Waldspaziergang seine politische Unschuld. Vor allem im Nationalpark Hunsrück-Hochwald, den sich das rot-grüne Rheinland-Pfalz mit dem schwarz-roten Saarland teilt.
"Wir sind hier in einem Entwicklungs-Nationalpark, weil wir halt nicht überall schon diese Naturwald-Situation haben. Nach spätestens 30 Jahren auf dann mindestens 75 Prozent der Fläche Nutzungsfreiheit haben."
Den Verzicht auf Holzernte und Holzlagerung im Wald meint Nationalpark-Leiter Harald Egidi. Sukzessive auf Bewirtschaftung zu verzichten, ist bestimmendes Merkmal für diese Art von Schutzgebiet, mit dem die Bundesregierung auch einer Verpflichtung nachkommt, nämlich die abnehmende biologische Vielfalt zurück zu gewinnen. Doch sollte Freiherr zu Guttenberg nach einem Regierungswechsel Umweltminister von Rheinland-Pfalz werden, wäre es damit vorbei.
"Wir werden darauf achten, dass wir keine weiteren Stilllegungsflächen bekommen, das können wir uns für den ländlichen Raum nicht leisten."
"Frau Klöckner hat den Holzfäller der Nation berufen", und der werde ohne Zweifel die Axt an den jüngsten und möglicherweise auch letzten deutschen Nationalpark legen, ist sich Grünen-Frontmann Köbler sicher. Wer im Hunsrück die Axt fürchtet, träumt schlecht von Schwarz-Gelb. Sich in einem Jamaika-Bündnis von CDU und FDP in die Zange nehmen zu lassen – ein noch heftigerer Albtraum für die Grünen. Beton überall halluzinieren die Ökos für diesen Fall. Straßen und Brücken - im Pendlerland Rheinland-Pfalz ein großes Thema. Unter anderem, so bekommt Tobias Huch von der FDP am Wahlkampfstand zu hören,
"mehr Brücken über den Rhein, wir haben ja zwischen Bingen und Koblenz keine Brücke. Die Bürger wollen das, und wir wollen das auch".

SPD-Fraktionschef schließt "Rot-Rot-Grün definitiv aus"

Für eine neue Rheinbrücke sind auch die Sozialdemokraten. In dieser Legislaturperiode konnten sie den Grünen aber nur den Bau des Hochmoselübergangs mit Pfeilern mitten im Weinbaugebiet abnötigen. Für den Liberalen Tobias Huch wären die Genossen als Bündnispartner nur zweite Wahl:
"Derzeit sieht es ja vielleicht eher nach Schwarz-Gelb aus, was schön wäre nach 25 Jahren Rot braucht man einen Wechsel, um auch mal alte Strukturen aufzubrechen."
Doch um aus den Umfragen Chancen für eine christ-liberale Koalition zu lesen, muss man schon eine Magenta-farbene Brille tragen. Für Rot-Rot-Grün auf der andern Seite präsentiert sich das linke Lager zu schwach – und zu gespalten.
"Ich schließe Rot-Rot-Grün definitiv aus." Betont SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer. Listenplatz zwei, vielleicht also Malus Kronprinz. Die FDP kann zwar mit der SPD, ist aber nicht willig, den Kurs von Rot-Grün weiter zu stützen. Damit fiele eine Ampel-Koalition aus. Am Ende aller Rechenexempel steht immer wieder die Große Koalition. Stabil und mächtig einerseits. Gefährlich andererseits, weil sie die extremen Ränder stärkt. Wie den "Dritten Weg" mit Sitz im pfälzischen Weidenthal. Eine rechtsextremistische Splitterpartei, die mit dem Verbotsverfahren für die NPD als Sammelbecken für Radikale neue Bedeutung bekommt.
Kazungu-Haß: "Was wichtig ist: die Zweitstimme ist Malu-Stimme!"
Im roten Dorf mit braunen Sprenkeln und anderswo zwischen Weinstraße und Pfälzerwald putzt die Giorgina Kazungu-Haß deshalb unermüdlich weiter Klinken. Unbeirrt setzt die SPD-Direktkandidatin auf Malu, auf Rot-Grün und auf Sieg – getreu dem Motto von Kurt Beck: Die Hühner werden am Abend gezählt.
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