Reportagen von Kriegsreporterinnen

Selbstporträt in Hitlers Badewanne

Ausschnitt aus einem der bekanntesten Bilder mit Lee Miller, auf dem sie 1945 in Hitlers Badewanne in seiner Wohnung in München sitzt.
Ausschnitt aus einem der bekanntesten Bilder mit Lee Miller: Sie sitzt 1945 in Hitlers Badewanne in München. © picture-alliance/ dpa
Von Eva Hepper · 12.08.2015
Die Reportagen von Margaret Bourke-White, Lee Miller und Martha Gellhorn vermitteln eindrücklich die Grauen des Zweiten Weltkrieges. Sensationelle Fotografien begleiten in dem Band "Eine Amerikanerin in Hitlers Badewanne" die Texte der drei wichtigsten Kriegsreporterinnen.
Margaret Bourke-White hatte als eine der ersten akkreditierten Fotografinnen den Zweiten Weltkrieg miterlebt. Die Amerikanerin war vor Ort beim ersten Luftangriff der Deutschen 1941 auf Moskau. Sie überlebte 1942 einen Torpedoangriff und berichtete 1945 von der Befreiung des KZ Buchenwald. Ihre Bilder der "lebenden Toten" gingen um die Welt. Doch am nachhaltigsten verfolgte Bourke-White die Begegnung mit einer Deutschen. Hitler, so behauptete dieses Mädchen, hätte doch alles getan um den Krieg zu verhindern. "Das Entsetzen, das mich überfiel, nachdem ich mit diesem deutschen Mädchen gesprochen hatte, saß tiefer und fester als alles, was mir bisher zugestoßen war. Ich fühle es noch immer", notierte die Fotoreporterin.
Zu lesen sind Margaret Bourke-Whites eindrückliche Reportagen nun in diesem Band, der die Texte und Fotos der drei wichtigsten Berichterstatterinnen des Zweiten Weltkriegs versammelt: Neben Bourke-White sind das die Fotografin Lee Miller und die Journalistin Martha Gellhorn. Sie gehörten zu den ersten Frauen überhaupt, die sich in dem bis dahin rein männlich dominierten Metier des Kriegsberichterstatters behaupteten.
Lee Miller, ehemaliges Model und Muse Man Rays, war als Modefotografin für die "Vogue" in London, als die Deutschen 1941 die Stadt bombardierten. Fotografierte sie zunächst noch Mode in Ruinen, wurde sie schließlich zur Kriegsreporterin. Herausragend sind ihre Berichte über Lazaretts und Sanitätseinheiten sowie die Schlacht um Saint-Malo, in dessen Nähe sie 1944 einen der ersten Napalm-Angriffe fotografierte. Mit ihrem Selbstporträt in Hitlers Badewanne 1945 erlangte sie Weltruhm.
Das Chaos porträtiert
Martha Gellhorn, die dritte Frau Ernest Hemingways, hatte schon den Spanischen Bürgerkrieg miterlebt. Ihr Blick an den Fronten 1944/45 in Italien, Frankreich und Deutschland war daher geübt und galt vor allem dem Schicksal Einzelner – wie sie von den unausgesprochenen Ängsten einer Fliegereinheit schreibt oder das Chaos kurz vor Ende des Krieges porträtiert, ist brillant.
Tatsächlich gehen alle hier versammelten Texte die heutigen Leser an. Sie sind dicht geschrieben und vermitteln auch mit einem zeitlichen Abstand von 70 Jahren das Grauen des Krieges. Nicht zuletzt, weil die Journalistinnen ihr Augenmerk immer wieder auf die – physischen wie psychischen – Spuren des Kampfes legten.
Editorisch ist das Buch leider fragwürdig. Für die Kurzbiografien der Reporterinnen müssen Abdrucke jüngerer Zeitungsberichte herhalten, und die Auswahl der Texte ist intransparent. Zudem sind alle Reportagen Gellhorns und Lees erst kürzlich bei anderen Verlagen erschienen. Und auch das Nachwort Elisabeth Bronfens hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Zwar ordnet die Kulturwissenschaftlerin die Rolle der Reporterinnen zeitgeschichtlich ein, doch einen Beleg für ihre These, sie schrieben anders als die männlichen Kollegen, bleibt sie schuldig.
Trotzdem ist dies ein wichtiges Buch, versammelt es doch die großartigen Texte und zum Teil sensationellen Fotografien gemeinsam in einem Band.

Elisabeth Bronfen und Daniel Kampa (Hg.): Eine Amerikanerin in Hitlers Badewanne. Drei Frauen berichten über den Krieg: Margaret Bourke-White, Lee Miller und Martha Gellhorn
Hoffmann und Campe, Hamburg 2015
360 Seiten, 28,00 Euro

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