Religionswissenschaftler über Weihnachten

"Kein biblisches Fest"

Mit einem großen Streichholz zündet ein Mann eine Kerze an einem Weihnachtsbaum in Hamburg an
Es muss nicht unbedingt die Weihnachtsmesse sein, die die Nacht zur Heiligen Nacht macht, findet der Religionswissenschaftler Martin Treml. © picture alliance / dpa / Bodo Marks
Martin Treml im Gespräch mit Ute Welty · 23.12.2017
Am 24. Dezember feiern Christen die Geburt Jesu Christi. Doch stimmt dieses Datum überhaupt? Und warum muss es unbedingt die Nacht sein, die heilig ist? Der Religionswissenschaftler Martin Treml gibt Antworten.
Dass Jesus am 24. Dezember geboren wurde, sei nachträglich konstruiert, sagt Treml. Weihnachten sei auch "kein biblisches Fest - sondern ein Fest, das eine lange Vorgeschichte und eine schrecklich lange Nachgeschichte" habe: "Es ist eigentlich ein römisches Fest." Man habe es in die dunkelste Jahreszeit gelegt, weil man da das meiste Licht und auch das Erlöserlicht brauche:
"Die Heilige Nacht ist ja nicht heilig, weil sie kuschelig oder mütterlich-mächtig ist, sondern weil der Stern zu Bethlehem oder das Erlöserlicht da scheinen soll. Schon vor Jesus Christ (war da) der unbesiegbare Sonnengott der Römer oder Mitras, der Persergott - es gab Vorläufer gerade für den hellen Erlösergott in der dunkelsten Zeit des Jahres."

Weihnachten ist ein Familienfest geworden

Die Nacht eigne sich deswegen gut für Feste, weil sie das Gergenteil des produktiven Alltags seien: "Feste sind ja dadurch bestimmt, dass sie den Verlust der Zeit sozusagen einkerben. Das sind so Haltestopps." Heutzutage ändere sich die religiöse Sicht auf die Nacht, meint Treml. Allein durch die Elektrifizierung der Städte sei der Sternenhimmel kaum mehr sichtbar:
"Die Übernahme des Lichts durch die Säkularisierung mindert die Religion, aber gleichwohl wird die Religion ja meistens transformiert. Das ist ja auch an Weihnachten so: Das ist ja nicht mehr wirklich ein religiöses Fest - das ist ein Familienfest geworden."
Und was ist mit dem Zauber der Nacht? Treml meint, wenn man Kinder habe und einen Weihnachtsbaum aufstelle, sei da "sehr viel Zauber". Treml verweist dabei auch auf private Inszenierungen: "Es muss nicht unbedingt jetzt die Weihnachtsmesse sein, die so Nächte zu heiligen Nächten machen kann." (bth)
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