Regisseurin Maria Speth

Filmische Momente, die keine großen Worte brauchen

34:00 Minuten
Lehrer Dieter Bachmann (Mitte) lacht zusammen mit zwei Schülerinnen.
Filmstill aus "Herr Bachmann und seine Klasse" © Grandfilm / Madonnen Film
Moderation: Britta Bürger · 17.06.2021
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Geduldiges Beobachten und präzise Montage sind Markenzeichen der Filmemacherin Maria Speth. Auch ihren neuen Film hat sie selbst geschnitten. Der Lohn der dreijährigen Arbeit: der Silberne Bär 2021 für "Herr Bachmann und seine Klasse".
Der Weg zum Silbernen Bären war lang für Maria Speth und ihren Film "Herr Bachmann und seine Klasse": 2017 hatte sie in der 6. Klasse des Lehrers Dieter Bachmann gedreht, die nächsten drei Jahre verbrachte Maria Speth im Schneideraum.
Aus 200 Stunden Material wurde so ein Dokumentarfilm von 3½ Stunden Länge. Und der erlebte seine Uraufführung bei den Berliner Filmfestspielen im März 2021 wegen Corona ohne Publikum. Aber er gewann die begehrte Trophäe.

Ein Lehrer mit Stärken und Schwächen

"Der ist mir so passiert", sagt Maria Speth über den Namensgeber ihres Films, Dieter Bachmann. Ihr Kameramann und sie kennen den Lehrer, der als Quereinsteiger in den Beruf kam, schon seit Jahren. Ein Pädagoge, der sich "immer als Mensch zeigt, mit all seinen Stärken und Schwächen".
Die eigentlichen Stars des Films sind aber die Schüler*innen der Klasse 6 der Gesamtschule im hessischen Stadtallendorf, die Herr Bachmann damals unterrichtete. Fast alle mit Migrationshintergrund, viele hatten Probleme mit der deutschen Sprache. Herr Bachmann gab ihnen Raum, sich zu entfalten, Selbstvertrauen zu gewinnen, durch klare, direkte Ansprache und auch durch Musik.

"Ich habe mich in diese Kinder verliebt"

"Ich habe mich über die gesamte Drehzeit immer mehr in diese Kinder verliebt", erinnert sich Filmemacherin Speth. Sie und ihr Team wurden in den Klassenverband aufgenommen, aßen und musizierten mit den Kindern, halfen bei den Hausaufgaben, drehten auch in den Familien, selbst in der Moschee.
Und durch diese große Nähe gelangen filmische "Momente, die keine großen Worte brauchen, sondern einfach für sich stehen".
Maria Speth macht vieles selbst in ihren Filmen: Regie und Drehbuch, oft auch den Schnitt, seit einigen Jahren ist sie zudem Produzentin. Das zahlt sich finanziell aus bei lang dauernden Projekten mit kleinem Budget, wie eben "Herr Bachmann und seine Klasse".
Und Maria Speth kann all das, weil sie ihr Handwerk von der Pike auf gelernt hat, zuerst als Schnittassistentin, dann in der Regieassistenz, schließlich an der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg.

Menschen, die sich nicht unterkriegen lassen

Und schon mit ihrem Abschlussfilm an der Filmuni "In den Tag hinein" gewann sie Preise. Weitere Auszeichnung folgten für "Madonnen" und "9 Leben". Mal sind es Spiel-, mal Dokumentarfilme, in denen Maria Speth bevorzugt Menschen zeigt, "die vielleicht beschädigt sind", jedenfalls eigenwillig. Und die sich nicht unterkriegen lassen.
Die Filmemacherin Maria Speth gewann 2021 den Silbernen Bären.
Die Filmemacherin Maria Speth gewann 2021 den Silbernen Bären.© Wolfgang Borrs
Dabei ist die Recherche für eine Dokumentation auch schon mal der Keim für einen Spielfilm. Denn bei beiden geht es Maria Speth um Wirklichkeit, weswegen sie "gar keinen Unterschied mache zwischen dem dokumentarischen und fiktionalen Arbeiten."
(pag)

Der Film "Herr Bachmann und seine Klasse" wird am 17., 18. und 20.6.2021 im Freiluftprogramm der Berlinale gezeigt und kommt im September in die Kinos.

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