Regisseur Edgar Reitz

Schwarz-Weiß hat "ganz besondere Magie"

Ein Mann schaut sich am Freitag (29.01.2010) in der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden ein altes Filmplakat des Films "Metropolis" an.
Berühmter Schwarz-Weiß-Film: "Metropolis" von Fritz Lang. © dpa / picture alliance / Fredrik Von Erichsen
Edgar Reitz im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 25.08.2017
Seit 50 Jahren gibt es farbiges Fernsehen in Deutschland. Das ist ein technischer Fortschritt, hat künstlerisch jedoch auch Nachteile, meint der Regisseur Edgar Reitz, der mit seiner "Heimat"-Trilogie bekannt wurde. Er dreht weiterhin in Schwarz-Weiß - meistens jedenfalls.
Seit dem 25. August 1967 gibt es Farbfernsehen in Deutschland. Damals konnten nur etwa 35.000 Haushalte die bunten Bilder empfangen, heute gibt es nahezu keine Schwarz-Weiß-Fernseher mehr in Deutschland. Doch nun erlebt der Schwarz-Weiß-Film eine Renaissance, weltweit entstehen wieder mehr Streifen ohne Farbe.
Der Regisseur Edgar Reitz
Regisseur Edgar Reitz © picture-alliance/ dpa / Daniel Karmann
Edgar Reitz arbeitet seit mehr als 50 Jahren als Regisseur und wurde mit seiner "Heimat"-Trilogie bekannt. Er dreht überwiegend in Schwarz-Weiß - ganz bewusst: "Schwarz-weiß ist eine Abstraktion. Das Schwarz-Weiß-Bild bildet das Licht ab, das auf den Menschen und den Dingen landet oder reflektiert wird, und damit hat es eine ganz besondere Magie: Die Anwesenheit der Menschen im Licht. Das erzählt etwas, während die Farbfotografie immer nur die geschmäcklerischen Oberflächen wiedergibt. Die Farbe ist eine Qualität der Dinge und nicht eine Qualität des Lichtes", meint er.

Reduktion auf das Wesentliche

Für ihn ist das Fehlen der gewohnten Farbe eine Reduktion, die die Wahrnehmung des Zuschauers auf einen bestimmten Zusammenhang konzentriert: "Im Schwarz-Weiß-Film treten die Menschen mit ihren Schicksalen und ihren Befindlichkeiten sehr viel stärker in den Vordergrund als im Farbfilm, wo alles mögliche an dekorativen Nebenwirkungen mitgeliefert wird." Dass die Welt doch aber farbig ist, ficht ihn nicht an: "Die Welt ist nicht Kunst! Die Welt ist eine banale Realität", sagt er.
Dabei ist er aber nicht dogmatisch, was das Thema bei seinen eigenen Werken angeht. "Ich sage nicht: Nur die Schwarz-Weiß-Ästhetik ist künstlerisch bedeutend, sondern die Mittel, die es gibt - diese Mittel sollen alle zur Verfügung stehen für eine künstlerische Darstellung."
Kritisch sieht er aber die allgegenwärtigen Farbbilder, mit denen wir berieselt werden - zu Hause, in der U-Bahn, in den Straßen. "Wir haben es mit einer industriell vorgefertigten Dauer-Ästhetik zu tun", bemängelt er. "Da gewöhnen sich die Leute dran und viele halten schon die Wiedergabe der Welt in den Medien für primär, das ist für sie die ursprüngliche Welterfahrung und sie sehen gar nicht mehr mit eigenen Augen, wie es sich wirklich verhält."
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