Rassismus in Indien

"Schwarz gleich Drogendealer"

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Afrikaner in Indien haben große Probleme mit Rassismus. © Jürgen Webermann, ARD Neu-Delhi
Von Nicole Graaf · 17.04.2018
Afrikanische Studenten kommen gerne nach Indien: es locken gute Universitäten und niedrige Lebenshaltungskosten. Doch sie haben es nicht leicht in dem Land, in dem "weiß gleich beautiful" ist. Viele klagen über Diskriminierung, Rassismus und Gewalt.
Der Bahnhof Churchgate im Süden von Mumbai. Die Gegend gehört zur Altstadt von Indiens Wirtschaftsmetropole. Gleich um die Ecke gibt es einige Wohnheime für internationale Studenten, die an einer der vielen Universitäten in Mumbai studieren. In einem von ihnen wohnt Tafadzwa Kaurayi aus Zimbabwe. Der smarte 25-jährige ist mit einem Stipendium der simbabwischen Regierung nach Mumbai gekommen und studiert Biotechnologie. Die Eingewöhnung sei ihm nicht schwer gefallen, sagt er.
"Bevor ich hierherkam hatte ich schon viel mit Indern zu tun. Meine Familie lebte zuletzt in Südafrika. Ich arbeitete dort nach der Schule in ein paar indischen Firmen. Dadurch wusste ich, wie sie reden und miteinander umgehen und so weiter."
Tafadzwa Kaurayi, Präsident der Vereinigung afrikanischer Studenten in Mumbai.
Tafadzwa Kaurayi, Präsident der Vereinigung afrikanischer Studenten in Mumbai: "Mehr und mehr Inder reisen nach Afrika".© Nicole Graaf
Kaurayi ist Präsident der Vereinigung afrikanischer Studenten in Mumbai. Sie zählen zwar nur wenige hundert dort, aber andere Städte wie Pune und Delhi sind populärer, weil die Lebenshaltungskosten in Mumbai sehr hoch sind. Die indischen Universitäten bieten gute Bedingungen, vor allem in Fächern wie BWL, Informatik und Medizintechnik, Studiengebühren sind vergleichsweise niedrig. Indien ist in den letzten Jahren zum populären Ziel für Gäste aus afrikanischen Ländern geworden. Neben Studenten zieht es auch Geschäftsleute dorthin. Zudem boomt der "Medizintourismus" in Indien und auch aus dem afrikanischen Kontinent kommen viele zur Behandlung. Kultur und Klima ähneln sich, sagt Kaurayi.
"Wie man miteinander redet und ihr Humor ist so ähnlich wie unserer."
Stoffhändler bieten in der indischen Metropole Mumbai (Indien) ihre Ware zum Verkauf an.
Stoffhändler bieten in der indischen Metropole Mumbai ihre Ware zum Verkauf an.© picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Die Beziehungen zwischen dem afrikanischen Kontinent und dem indischen Subkontinent reichen weit in die Geschichte zurück, erklärt Dr. Renu Modi, Professorin am Institut für Afrikastudien der Universität von Mumbai.

Die Beziehungen reichen in erste Jahrhundert zurück

"Die Beziehungen reichen ins erste Jahrhundert zurück. Damals fuhren Seeleute aus Gujarat mit den Monsunwinden nach Ostafrika um zu handeln. Später siedelten sie sich dort an. Darüber ist jedoch nicht viel dokumentiert. Dann um 1860 kamen die ersten indischen Vertragsarbeiter nach Südafrika und Kenia. Das war zur Zeit der britischen Zuckerrohrplantagen. Nachdem die Sklaverei abgeschafft wurde, mussten die Kolonisatoren ihre Arbeitskräfte ersetzen. Sie warben Vertragsarbeiter aus ihren Kolonien in Südasien an, darunter auch aus Indien. Zuerst arbeiteten sie in den Zuckerrohrplantagen, und dann bauten sie an den Eisenbahnen in Uganda und Kenia mit. Nachdem die Verträge ausliefen, blieben viele dort."
Diese Siedler wandten sich meist dem Handel zu, gründeten kleine Läden sogar im Hinterland, in denen sie Waren aus Großbritannien und Indien verkauften. Heute sind unter ihnen viele der reichsten Geschäftsleute Afrikas. Diese lange zurückreichenden Beziehungen wirkten sich später auch politisch aus. Im Kampf gegen die europäischen Kolonisatoren inspirierten Indien und einige afrikanische Länder wie Kenia und Südafrika sich gegenseitig, erklärt Dr. Renu Modi.

Solidaritätsfaktor zwischen Indien und Afrika

"Afrikanische Führer, wie Mandela in Südafrika und Kenyatta in Kenia waren fasziniert von Gandhis Methoden des gewaltlosen Wiederstands und zivilen Ungehorsams. Viele Inder in Afrika nahmen auch an den Unabhängigkeitsbewegungen dieser Länder Teil. Und es gibt diesen Solidaritätsfaktor zwischen uns und den afrikanischen Ländern, weil wir beide kolonisiert und verarmt waren."
Auch heute bestehen die Verbindungen weiter. Kaurayi, der Präsident der afrikanischen Studentenvereinigung in Mumbai beobachtet, dass Inder in den letzten Jahren mehr und mehr investieren und Handel treiben.

Afrika ist ein guter Markt für Inder

"Mehr und mehr Inder reisen inzwischen nach Afrika. Der Kontinent ist ein guter Markt für sie. International, in Europa oder Asien, müssen sie sich gegen viel Konkurrenz durchsetzen. Afrika hat aber nur wenig eigene Industrie, deshalb gehört der Kontinent inzwischen zu ihren besten Kunden. China verliert dort. Zuerst waren die Chinesen weit vorn und haben viel nach Afrika verkauft, aber sie haben den Fehler gemacht, nur auf billige Waren zu setzen. Inzwischen haben die Afrikaner aber auch mehr Geld zur Verfügung und wollen bessere Qualität. Viele Waren kommen jetzt aus Indien, zum Beispiel Maschinen kaufen die Leute gern entweder aus Indien oder Deutschland."
In den großen Metropolen Indiens haben sich inzwischen Communities von Afrikanern etabliert.
Delhis südlicher Stadtteil Khirkee galt lange Zeit als eine der Hochburgen. Häufig trifft man in den engen Gassen zwischen den zahlreichen Läden und Wohnblocks auf Passanten aus Nigeria oder dem Kongo. Auch einige afrikanische Geschäfte finden sich hier. In einem nigerianischen Friseurladen sitzt der 31-jährige Lucky und wartet auf einen Haarschnitt. Der große kräftige Mann aus Nigeria lebt seit gut zwei Jahren in Indien.
"Ich wohne zwar nicht in dieser Gegend, aber bin zum Haareschneiden hergekommen. Es gibt nicht so viele afrikanische Friseure in Delhi. Zu den indischen Friseuren gehen wir nicht, weil wir Probleme mit Rassismus haben."
Lucky möchte nur seinen Vornamen nennen. Er handelt mit Kleidung und Taschen, die er in Indien einkauft und nach Nigeria exportiert. Die Geschäfte gehen gut, aber er hat viele unschöne Erfahrungen gemacht, sagt er.

"Die Polizisten fingen an, mich mit Stöcken zu schlagen"

"Letzte Woche ist mir etwas sehr Schlimmes passiert. Ich wurde von vier Polizisten angehalten. Sie fragten nach meinem Pass und Visum. Ich sagte, den hab ich zu Hause. Sie wollten aber nicht mit mir dorthingehen. Ich denke, sie wollten mir Geld abknöpfen. Ich sagte, wir können zu mir nach Hause gehen, dann kann ich ihnen meinen Pass zeigen. Sie sagten, nein, wir fahren zu uns. Ein Rikshafahrer warnte mich, wenn ich mit ihnen gehen würde, würden sie mich misshandeln. Ich weigerte mich also. Ich meine, warum sollten Polizisten mich zu sich nach Hause bringen und nicht auf die Wache? Und dann fingen sie an mit ihren Stöcken auf mich einzuschlagen."
Auf dem Polizeihauptquartier in Neu Delhi prangt der größte Gandhi in Indien.
Auf dem Polizeihauptquartier in Neu Delhi prangt der größte Gandhi in Indien.© ARD-Studio Neu Delhi
Solche Erfahrungen sind leider keine Seltenheit. Die Angst und Skepsis ist unter den Afrikanern hier deutlich spürbar. Ein Zeichen dafür: für diese Weltzeit fand sich keine einzige Frau, die zu einem Interview bereit gewesen wäre und auch männliche Gesprächspartner reagierten zunächst skeptisch. Viele ziehen es inzwischen vor, unter sich zu bleiben und nur mit Indern zu interagieren, wo es notwendig ist.
Das hat sicher auch mit der Razzia zu tun, die ein Parlamentsabgeordneter vor etwa drei Jahren in Khirkee durchführen ließ. Bis dahin traf man in Khirkee noch sehr viel häufiger auf Afrikaner als heute, aber viele haben die Gegend seitdem verlassen. Naushal Khan, ein Anwohner erinnert sich, aber bei ihm klingt es so, als sei das keine große Sache gewesen.
"Bis vor ein paar Jahren gab es sicher 15 Prozent afrikanische Studenten hier. Dann gab es diesen kleinen Vorfall, dass einer unserer Parlamentsabgeordneten eine Razzia unter einigen Leuten durchführen ließ, die für Ärger sorgten. Drogen und Prostitution waren hier zu einem massiven Problem geworden. Man sah afrikanische Frauen am Straßenrand stehen und um Kundschaft werben. Das gab der ganzen Gegend einen schlechten Ruf, deshalb waren die Anwohner ein wenig verärgert und beschwerten sich bei dem lokalen Abgeordneten."

Illegale Dinge wie Drogen und Prostitution

Was wirklich geschah war, dass mitten in der Nacht ein Mob aus Parteinanhängern des Politikers und Anwohnern unbescholtene Studenten und Übeltäter gleichermaßen aus ihren Betten zerrten und behandelten, als seien alle Afrikaner Kriminelle. Seitdem ist das Klima zwischen Indern und Afrikanern in der Gegend vergiftet. Viele Immobilienmakler vermieten grundsätzlich nicht mehr an Afrikaner, wie Praveen Saini, der eine kleine Wohnungsvermittlungsagentur in Khirkee führt. Er wiederholt die gängigen Stereotype.
"Sie machen Ärger bei den Vermietern, bezahlen ihre Miete nicht rechtzeitig. Wenn man zu ihnen nach Hause kommt, machen sie einfach die Tür nicht auf. Und sie sind in illegale Dinge verwickelt, wie Drogen und Prostitution."

Der Eindruck unter den Indern: Fast alle Afrikaner sind kriminell

Der Anwohner Nashal Khan sieht die Sache immerhin etwas differenzierter.
"Es herrscht ein allgemeiner Eindruck unter den Indern, dass fast alle Afrikaner in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind, und nur hier sind um Ärger zu machen – was nicht stimmt. So etwas machen nur wenige von ihnen."
Viele Afrikaner in der Gegend ziehen sich inzwischen in ihre eigenen Communities zurück. Ein Stück Heimat und Sicherheit in der Fremde finden viele Afrikaner in den kleinen Kirchengemeinden, die sie gegründet haben, wie die Mountain of Fire and Miracles-Kirche im Süden Delhis. Die Mitglieder treffen sich jeden Sonntag in einem Saal im Obergeschoss eines unscheinbaren Neubaus zur Messe.
Pastor Emma Anosike von einer nigerianischen Kirchgemeinde in Delhi.
Pastor Emma Anosike von einer nigerianischen Kirchgemeinde in Delhi: "Der Fehler liegt auch bei uns".© Nicole Graaf
Pastor Emma Anosike spricht Vorfälle von Gewalt und Rassismus in seinen Messen an und spendet Trost, aber er sieht auch eine Mitverantwortung seiner Brüder und Schwestern, sich den lokalen Gepflogenheiten anzupassen. Er drückt sich sehr diplomatisch aus.
"Etwas das wir hier häufig sehen ist: wenn du dich nicht gut benimmt, dann werden sich die Leute gegen dich stellen. Aber wenn du dich gut benimmst, dann werden sie dich respektieren. In der Messe geben wir unseren Mitgliedern Ratschläge, wie sie sich kleiden sollen, um von ihrem Gastland respektiert zu werden und dass sie die Gesetze befolgen sollen. Es gibt viele Fälle von Rassismus, aber um genau zu sein, liegt der Fehler nicht immer bei unseren Gastgebern, sondern auch bei uns. In jeder Gesellschaft gibt es gute und schlechte Menschen. So gibt es gute Inder und schlechte Inder, und auch gute Nigerianer und schlechte Nigerianer."

2016 wurde ein Student aus dem Kongo getötet

Sich anzupassen und Respekt zu zeigen, scheint jedoch nicht immer zu reichen. In den letzten Jahren kam es in Delhi immer wieder zu willkürlichen Angriffen auf Afrikaner. 2016 wurde ein Student aus dem Kongo während eines Streits über ein Taxi getötet. Auch in anderen Städten gab es Attacken, bei denen mehrere Menschen schwer verletzt und gar getötet wurden: Nach einem tödlichen Autounfall in Bangalore, verschuldet von einem betrunkenen Mann aus dem Sudan attackierten Umstehende eine Frau aus Uganda, die zufällig den Tatort passierte und rissen ihr die Kleider vom Leib.
Und es kommt noch absurder. Als im Frühjahr 2017 ein jugendlicher Inder in Noida, einem Vorort von Delhi, verschwand, stürmten Anwohner die Wohnung einiger afrikanischer Studenten und beschuldigten sie, Kannibalen zu sein und ihn entführt zu haben. Der Fall schaukelte sich weiter auf, nachdem der Jugendliche mit einer Überdosis Drogen gefunden wurde und dann im Krankenhaus verstarb. Sofort wurden die afrikanischen Studenten beschuldigt, ihm die Drogen verkauft zu haben. Die Lage eskalierte so weit, dass schließlich ein Mob von einigen hundert Leuten die Straßen durchkämmte und Jagd auf Afrikaner machte, die ihnen zufällig über den Weg liefen. Einige mussten sich in ein Einkaufszentrum flüchten, bis die Polizei die Lage unter Kontrolle gebracht hatte.

Die indische Regierung: Nur lauwarme Reaktionen

Nach diesem Vorfall schalteten sich mehrere afrikanische Botschaften ein und verlangte von der indischen Regierung, die Gewalt zu verurteilen und dafür zu sorgen, dass ihre Bürger sicher auf die Straße gehen können. Aber von der indischen Regierungen kamen nur lauwarme Reaktionen. Auch die Vereinigung afrikanischer Studenten organisierte Prostesaktionen, erzählt Presidoe Okuguni, der für die PR-Arbeit der Vereinigung zuständig ist.
"In der afrikanischen Community in ganz Indien herrschte eine große Angst, auch angegriffen zu werden. Die Vereinigung afrikanischer Studenten gab eine Warnung heraus, besser zu Hause zu bleiben, damit nichts passiert. Dann erreichten wir, dass die Wohnheime Polizeischutz bekamen."
Presidoe Okuguni PR-Verantwortlicher der Vereinigung afrikanischer Studenten in Delhi.
Presidoe Okuguni, PR-Verantwortlicher der Vereinigung afrikanischer Studenten in Delhi: "Hier hält man es nur mit einem dicken Fell aus".© Nicole Graaf
Presidoe selbst ist extrem frustriert, nicht nur durch solche Extremfälle, sondern durch den Alltagsrassismus, den er täglich erlebt. Dabei war der junge Nigerianer anfangs mit großen Erwartungen nach Indien gekommen.
"Bevor ich hierher kam, hatte ich ein so positives Bild von Indien. Ich kannte Bollywood-Filme und hatte daraus den Eindruck, dass die Inder sehr warm und gastfreundlich sind. Wenn man dann hierherkommt und all diese üblen Dinge erlebt, dann ist man einfach unglaublich enttäuscht. Jeden Tag werden mir auf der Straße Namen nachgerufen, beleidigende Wörter. Ich steige in den Bus und der Busfahrer motzt mich an und bezeichnet mich mit bestimmten Schimpfwörtern. In meinem ersten College hier studierten fast nur Inder. Als ich in die Klasse kam, machten sich die anderen Studenten dort über mich lustig."

Wenn man um sein Leben Angst hat

Okuguni hatte anfangs begonnen Hindi zu lernen, aber aus Frustration bald damit aufgegeben. Nun zählt er die Tage bis zu seinem Abschluss. Dabei wollte er eigentlich nach seinem Bachelorstudium in Informatik auch noch seinen Master in Indien ablegen.
"Ich kann nicht, ich kann einfach nicht. Ich möchte lieber irgendwo anders hingehen, wo ich mich zugehörig fühlen kann und wo ich keine Angst um mein Leben haben muss. Über die Jahre habe ich mir ein dickes Fell zugelegt, nur so kann man es hier aushalten. Momentan will ich einfach nur nach Hause, ich bin so müde."

Indien hat ein Problem mit Rassismus

Okuguni meint, dass Indien grundsätzlich ein Problem mit Rassismus hat.
"Wegen ein paar schwarzen Schafe, scheren die Inder uns alle über einen Kamm. Inder haben die Angewohnheit Menschen mit hellerer Haut mehr zu respektieren. Das ist die bittere Wahrheit. Es gibt ja auch sehr dunkelhäutige Inder und die sind auch Stereotypen und Diskriminierung ausgesetzt. Das ist eine fundamentales Problem in der indischen Gesellschaft."
George Obi, ebenfalls Student aus Nigeria, hat rassistisch motivierte Gewalt am eigenen Leib gespürt. Obi ist nicht sein richtiger Name. Den möchte er lieber nicht nennen, denn er hat schon genug Ärger gehabt, sagt er. Er erzählt, was ihm passiert ist:

"Die Polizei nahm mich nicht ernst"

"Eines abends kam ich nach Hause und wurde von einigen jungen Indern in der Nachbarschaft angehalten. Ich dachte sie wollten mich grüßen und strecke meine Hand aus. Sie sagten, sie wollen ein Foto von mir machen. Ich fragte wozu? Sie sagten, da gebe es etwas, das sie bestätigen wollten. Ich dachte sie machen einen Scherz, aber bevor ich mich versah, fingen sie an, mich zu schlagen, einfach so ohne Grund. Sie nahmen Stöcke und Steine. Ich schaffte es, wegzulaufen und ging zur Polizei. Aber die nahm mich nicht ernst. Schließlich schickten sie mich zu ihrem Vorgesetzten, sprachen etwas zu ihm in Hindi, und er sagte, ich solle nach Hause gehen und die Sache vergessen. Ich sagte: Was?? Ich werde von zehn bis fünfzehn Leuten verprügelt und soll das einfach vergessen?"
Obi war schwer am Auge verletzt worden; Er trägt ein Röntgenbild und ärztliche Bescheinigungen bei sich. Ein Anwalt hatte ihm nach dem Vorfall geraten ins Krankenhaus zu gehen, und die Verletzung dokumentieren zu lassen. Dafür gibt es so genannte medizinjuristische Dokumente, die man dann der Polizei vorlegt, um Anzeige zu erstatten.
"Im Krankenhaus sagte man mir, sie können mir so ein Dokument nicht einfach ausstellen. Sie wissen, dass das ein schwerwiegendes Beweisstück ist. Schließlich kam mein Anwalt ins Krankenhaus und sie machten ein paar Tests mit mir. Nach ein paar Minuten kamen drei hochrangige Polizisten und versuchten, zu verhindern, dass man mir das Dokument ausstellte. Und die Eltern von einigen dieser Jungs, die mich verprügelt hatten, gingen zu meinem Vermieter und sagten ihm, er solle drohen mich rauszuschmeißen, wenn ich meine Anzeige nicht zurückziehe."
Am Ende wandte er sich an seine Botschaft und diverse weitere afrikanische Botschafter in Delhi. Auch die afrikanische Studentenvereinigung organisierte eine Protestveranstaltung, um auf ihn und auf zwei weitere Fälle von rassistischer Gewalt gegen Afrikaner aufmerksam zu machen.

Prävention: Afrikaner gehen in Schulen

Die Vereinigung Afrikanischer Studenten in Mumbai hat inzwischen Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Stereotype zu bekämpfen und wieder für ein gutes Miteinander zwischen den Einheimischen und den afrikanischen Gästen zu sorgen. Mithilfe einer indischen Firma haben sie eine Initiative gegründet. Die afrikanischen Studenten gehen in Schulen und bringen den Kindern dort ihre Kultur näher. Tafadzwa Kaurayi, der Präsident der Vereinigung in Mumbai erzählt, wie das abläuft:
"Wir glauben, wir müssen die Kinder möglichst erreichen, bevor sie rassistisch beeinflusst werden, von den Medien und ihrer Umgebung. Sie können uns kennenlernen, damit sie selbst die Vorurteile von der Wahrheit unterscheiden können und wissen, wenn jemand Lügen verbreitet. Sie können dann sagen: hey, ich habe diese Leute doch selbst kennengelernt. Wir machen Selfies mit ihnen, lassen sie unsere typischen Gerichte probieren, spielen mit ihnen. Von daher: egal was ihre Eltern ihnen vielleicht über Afrikaner erzählen, sie können dann dagegenhalten, was sie selbst erlebt haben: hey, ich habe doch mit so einem Menschen so schöne Spiele gespielt, wie kannst du mir erzählen wollen, dass er agressiv ist. Das heißt, wenn wir die Kinder möglichst früh erreichen, dann können wir dafür sorgen, dass es in der nächsten Generation vielleicht keinen Rassismus mehr gibt."
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