Rassismus in der US-Football-Profiliga

Footballer protestieren nach Charlottesville gegen Rassismus

American Football-Spieler Colin Kaepernick schaut auf den Boden.
Ohne Vertrag: NFL-Quarterback Colin Kaepernick © imago sportfotodienst
Von Kerstin Zilm · 27.08.2017
Eine Woche vor Beginn der NFL-Saison steht Colin Kaepernick ohne Vertrag da: Vor einem Jahr hatte der Quarterback gegen Rassismus und Polizeigewalt protestiert. Seinem Protest schließen sich mittlerweile auch Kollegen an. Charlottesville verleiht der Debatte neue Brisanz.
Mehr als 1000 Demonstranten drohten vor der NFL-Zentrale in New York mit Boykott der Spiele - in Stadien und vor dem Fernseher: "Geschichte darf sich nicht wiederholen. Wir müssen den modernen Muhammed Ali, Colin Kaepernick, unterstützen" - so artikulieren sie ihren Standpunkt.
Eine Woche vorher hatten sich mehrere Dutzend Polizisten in New York mit dem Quarterback solidarisiert, der unter anderem Polizeigewalt gegen afroamerikanische Männer anprangert: "Als Sicherheitskräfte können wir bestätigen, dass die Probleme, die Kaeprnick anspricht wirklich im Strafsystem existieren", sagen sie.

Kein Vertrag für Kaepernick

Der Spieler, über den in dieser NFL-Vorsaison am meisten gesprochen wird, hat noch immer keinen Vertrag. Obwohl Kaepernick vor wenige Jahren die San Francisco 49ers als Quarterback zum Super Bowl führte. Obwohl Teams weniger talentierte Athleten und straffällige Spieler eingekauft haben.
Eine stillschweigend vereinbarte Bestrafung für seine offene Kritik am Spielfeldrand? Rassismus? Sänger Harry Belafonte, der als Bürgerrechts-Aktivist neben Martin Luther King marschierte, sagt: "Na klar!" Das habe Tradition in der US-Geschichte. Den Sklaven zum Schweigen zu bringen sei schon immer im Interesse der Sklavenhalter gewesen.
"Unsinn", widerspricht NFL-Chef Roger Goodell und sagt: "Teams entscheiden unabhängig, welche Spieler, ihr Team verbessern und die bekommen einen Vertrag.”
Manche Team-Besitzer sagen, Kaepernick passe nicht in ihr Spielsystem. Andere fragten Fans, ob Kaepernick für ihre Mannschaft auflaufen soll und sagen, die Reaktionen seien mehrheitlich gegen den Athleten ausgefallen. Wieder andere sagen, ihn zu beschäftigen, sei eine zu große Ablenkung vom Spiel.

Viele folgen Kaepernicks Beispiel

Doch nun wird der Protest gegen die Liga zur großen Ablenkung vom Spiel und die von Kaepernick aufgeworfenen Fragen zu Rassismus in den USA haben angesichts von Neonazi-Aufmärschen neue Relevanz. Athleten - afroamerikanische und andere - folgen in der Vorsaison Kaepernicks Beispiel und stehen nicht für die Nationalhymne auf. Darunter bei einer Begegnung zwölf Spieler der Cleveland Browns. Ein Boykott-Aufruf für NFL-Spiele, NFL-Sponsoren und NFL-Werbeartikel hat mehr als 175 tausend Unterschriften. Fans geben Saisontickets zurück. Mehr Proteste sind angekündigt. Wenn Image und Geschäft bedroht sind, dürfte das die Ligaleitung zum Schwitzen bringen. ESPN-Anlyst Stephen Smith:
Wenn die NFL-Besitzer, übrigens fast alles weiße Milliardäre, wenn die angesichts dessen, wie die Welt uns und unseren Präsidenten gerade sieht, Colin Kaepernick nicht bald einen Vertrag geben, werden sie bald dasselbe Image haben wie unser oberster Befehlshaber – und dann wird’s für die NFL problematisch.
Mehr zum Thema