Rasches "Woyzeck" zum Theatertreffen nominiert

Wenn Menschen zu mörderischen Maschinen werden

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Zum zweiten Mal in Folge zum Berliner Theatertreffen eingeladen: Ulrich Rasche, diesmal mit seiner Baseler "Woyzeck"-Inszenierung © Sandra Then / Theater Basel
Ulrich Rasche im Gespräch mit Andre Mumot · 03.02.2018
Eine präzise getaktete Maschine aus Sound, Wort und Bewegung: So würdigte die Jury des Theatertreffens Ulrich Rasches Baseler "Woyzeck"-Inszenierung. Der Regisseur ist zuversichtlich, dass er das Stück trotz des aufwendigen Bühnenbilds live in Berlin präsentieren kann.
Im zweiten Jahr in Folge ist der Regisseur Ulrich Rasche zum Berliner Theatertreffen eingeladen, dieses Mal mit seiner Inszenierung von Georg Büchners "Woyzeck" am Theater Basel. Im vergangenen Jahr war Rasches Inszenierung von Schillers "Die Räuber" für das Residenztheater München nominiert. Wegen des Bühnenbilds, das aus gigantischen Laufbändern bestand, konnte das Stück in Berlin allerdings nur in Form einer Videoaufzeichnung gezeigt werden.
Auch "Woyzeck" stellt wieder gewisse Anforderungen an die Bühne, denn die Schauspieler agieren auf einer riesigen, rotierenden Scheibe. Dennoch ist Ulrich Rasche zuversichtlich, "Woyzeck" in der Hauptstadt live präsentieren zu können. "Es sieht jetzt alles danach aus, dass wir es in Berlin auf jeden Fall zeigen können", sagte der Regisseur im Deutschlandfunk Kultur. "Es gibt keine grundsätzlichen technische Bedenken, die womöglich das Gastspiel verhindern würden."
Das undatierte Probenfoto zeigt eine Szene aus der neuen Inszenierung von «Die Räuber» am Residenztheater in München (Bayern). Die Inzenierung von Ulrich Rasche feiert am 23.09.2016 Premiere.
Zu groß für die Hauptstadt: wegen der gigantischen Laufbänder konnte Rasches "Räuber"-Inszenierung beim letztjährigen Theatertreffen nicht live gezeigt werden.© dpa / picture alliance / Andreas Pohlmann / Residenztheater München

Die Maschine als Ausdruck der ewigen Wiederholung

Dass Maschinen und Bewegung in seinen Inszenierungen oft eine wichtige Rolle spielen, erklärt der Regisseur so:
"Einmal ist die Maschine ein Ausdruck für einen bestimmten Lauf der Dinge, für eine Geschichtssituation, die sich permanent wiederholt, für eine Erfahrung persönlicher Art und auch eine Erfahrung historischer Art, dass die Dinge sich eigentlich nie zum Besseren entwickeln."
Das erlebe man in diesen Tagen besonders in Deutschland, wo eigentlich längst überwunden geglaubte politische Formationen wieder auftauchten. Fast scheine es, als zwinge uns ein Fatalismus, immer wieder dieselben Erfahrungen zu machen, so Rasche. "Immer wieder passieren Kriege, immer wieder sterben Menschen ohne Grund, immer wieder werden scheinbar Andersartige, Fremde ausgegrenzt und nicht akzeptiert."

Was macht aus zwei Jungen mörderische Maschinen?

Um Entmenschlichungsprozesse geht es auch in Ulrich Rasches neuer Inszenierung, die am 11. Februar im Staatsschauspiel Dresden Premiere feiert: "Das große Heft" nach der Romanvorlage von Ágota Kristóf. Das Stück erzählt die Geschichte von zwei Zwillingsjungen, die während des Krieges in einer verrohten Welt aufwachsen und dabei eine eigene Moral mit pervertierten Vorstellungen entwickeln:
"Es kommt zu Gewaltausbrüchen, es kommt tatsächlich zu Mordanschlägen, zu guter Letzt bringen sie ja ihren Vater um oder zumindest opfern sie ihn, um die Grenze selbst überqueren zu können und in das andere Land zu gehen", sagt der Regisseur. "Wie es dazu kommt, dass diese jungen Menschen, die ehemals so liebevoll waren und voller Leidenschaft und Empathie waren, wie diese zu diesen mörderischen Maschinen werden konnten, das finde ich interessant und das trifft, glaube ich, auch den Kern unserer Zeit, danach zu fragen."
(uko)
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