Rap-Duo Kollegah und Farid Bang

Umstritten und unterkomplex

Das Deutschrap-Duo Kollegah (r) und Farid Bang (l)
Das Deutschrap-Duo Kollegah und Farid Bang sorgt mit seinen Texten für Diskussionen. © imago/xcitepress
Von Azadê Peşmen  · 05.04.2018
Wird die Echo-Nominierung für das Album "Jung brutal gutaussehend 3" zurückgezogen? Das hängt davon ab, ob die Texte des Rap-Duos als antisemitisch eingestuft werden. Azadê Peşmen hat das Lied "0815" unter die Lupe genommen.
Das Intro sorgt schon mal für die im Gangsta Rap übliche, bedrohliche Stimmung, dazu passt auch der furchteinflößende Blick von Kollegah und Farid Bang. Zwei muskelbepackte Männer, die ernst in die Kamera schauen. Schüsse im Intro: Vor Farid Bang und Kollegah soll man Angst haben.
Dabei erfüllen sie brav alle für dieses Genre typischen Charakteristika. Gangsta-Rap-Texte und dazu zählen weite Teile des Deutschrap, sind ein wenig - nunja - unterkomplex. Einen lyrischen Anspruch, wie andere Rapper ihn durchaus pflegen, haben Farid Bang und Kollegah mit ihrem Album "Jung, brutal, gutaussehend 3" nicht:
"JBG bedeutet, scheiß auf komplexe Songtexte
JBG heißt, es wird stumpf und hart wie Betonklötze"
Ganz im Sinne des Battle-Raps müssen Kollegah und Farid Bang auch hart sein. Immerhin geht es um einen Wettstreit und den gewinnt nur derjenige, der auch ordentlich draufhaut. Der Rapper oder die Rapperin muss in den Reimen Kollegen beleidigen:
"Staiger befriedigt seine Frau nicht, ich meine schon
Und er meint, er wär' kein Hurensohn, ich meine schon"

Auf der Abschussliste

Marcus Staiger hat die mittlerweile geschlossene Plattenfirma Royalbunker gegründet, auf dem viele erfolgreiche Rapper wie Sido und Kool Savas ihre Songs veröffentlicht haben. Mittlerweile schreibt er auch Texte für das Magazin Vice und meldet sich in Debatten über Deutschrap zu Wort. Mindestens einmal kritisierte er auch Kollegah. Der Rapper war davon nicht begeistert - darum bekommt Staiger in dem Song 0815 sein Fett weg.
Charakteristikum Nummer drei: Frauen beleidigen. Gern sind es die Mütter, Freundinnen oder Schwestern.
"Sidos Schwestern geb' ich hardcore
Sie wollen den Cumshot nicht teil'n, also spritz ich straight in den Deckenventilator."
Neben Sido, Bushido, und dem ehemaligen Labelchef Marcus Steiger steht in 0815 auch Jennifer Rostock, besser gesagt Jennifer Weist*, auf der Abschussliste. Warum ausgerechnet sie? Das wird nicht ganz klar. Vielleicht weil sie erfolgreich ist. Vielleicht reicht es aber auch aus, dass sie eine Frau ist.*
"Und Jennifer Rostock schwingt nach 'ner Schelle den Kochtopf
Bringt dann die Säcke zum Kompost und blowt den prächtigen Bosscock"
Dass Rap ab und zu sexistisch ist, ist nicht neu und Farid Bang und Kollegah fügen sich diesem Klischee ohne Zweifel. Der nächste Griff in die Klischeekiste, nach dem man die Kollegen beleidigt und sexistisch rappt wäre dann: Antisemitismus.

Jüdische Konzertbesucher bekommen freien Eintritt

JBG kann man seit einigen Tagen auch anders deuten, nämlich: Juden bekommen Gästelistenplätze. Das geht zurück auf die Initiative von Kollegah, der mit bürgerlichem Namen Felix Blume heißt und allen jüdischen Menschen versprochen hat, dass sie umsonst seine Konzerte besuchen können. Auf Lebenszeit. Damit möchte er unter Beweis stellen, dass er nicht antisemitisch ist. Diesen Vorwürfen konnte er sich in den vergangenen Tagen nicht entziehen. Grund dafür ist eine konkrete Zeile aus dem Song 0815, aus dem Teil den Farid Bang rappt:
"Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen
Ich tick' Rauschgift in Massen, ficke Bauchtaschenrapper
Wenn ich will, macht Genetikk ein Auslandssemester, ah."
Ein Ethikrat prüft gerade, ob dieser Teil des Songs noch von der Kunstfreiheit oder von der im Rap üblichen "Provokation" gedeckt ist. Falls das Ergebnis ein "nein" sein sollte, dann wird die Echo-Nominierung der beiden zurückgenommen. Jung Brutal Gutaussehend ist in der Kategorie bestes Album nominiert, es ist eines der kommerziell erfolgreichsten Rap-Alben derzeit. Unabhängig davon, wie der Ethikrat entscheidet. Unterkomplexe Texte finden eben großen Anklang.

Dieser Beitrag stammt aus der Lesart-Reihe "… liest Musik". Darin behandeln unsere Autorinnen und Autoren in wechselnder Folge einzelne Musikstücke.

*An dieser Stelle haben wir den Namen der Sängerin ergänzt.
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