Ralf Fücks (Grüne) über EU-Gelder

"Europäische Solidarität nicht mit dem Brecheisen einfordern"

Statue "Europa" der belgischen Künstlerin May Claerhout vor dem Europäischen Parlament in Brüssel.
Geld und Werte miteinander verknüpfen: Danach sollte die EU Ralf Fücks zufolge handeln. © picture alliance / dpa
Ralf Fücks im Gespräch mit Anke Schaefer · 23.02.2018
Geld aus Brüssel nur für EU-Staaten, die die Rechtsstaatlichkeit achten: Das findet der langjährige Grünen-Politiker und Chef des Zentrums Liberale Moderne Ralf Fücks richtig. Er halte aber nichts davon, EU-Gelder als Druckmittel zur Aufnahme von Flüchtlingen einzusetzen.
Wie geht es in Sachen Finanzen mit der Europäischen Union nach dem Brexit weiter? Darüber diskutieren in Brüssel die EU-Staats- und Regierungschefs. Im Vorfeld schlug EU-Kommissar Oettinger vor, den künftigen Finanzrahmen zum Beispiel für Polen danach auszurichten, ob das Land die Unabhängigkeit seiner Justiz wiederherstelle. Ralf Fücks pflichtet dem bei:
"Wir müssen Mittel und Wege finden, um die Grundlagen der Europäischen Union zu verteidigen, wenn sie von innen heraus infrage gestellt werden. Und wenn man die Unabhängigkeit der Justiz antastet, die Gewaltenteilung, dann geht es richtig an die Fundamente, auf denen die Europäische Union gebaut ist."
In Polen und Ungarn gebe es Prozesse der "Monopolisierung von Macht", die darauf abzielten, einen demokratischen Regierungswechsel unmöglich zu machen: "Das können wir nicht tolerieren, weil sich sonst die Europäische Union als eine Wertegemeinschaft aufgibt."

Deutschland hat Alleingänge unternommen

Kritisch sieht Fücks jedoch das Ansinnen von Kanzlerin Merkel, EU-Fördergelder an die Aufnahme von Flüchtlingen zu knüpfen. Es sei durchaus gerecht, EU-Länder finanziell zu unterstützen, wenn sie Flüchtlinge aufnehmen. Aber:
"Wenn man versucht, in dieser politisch sehr sensiblen Frage mit dem Brecheisen alle in Gleichschritt zu zwingen, dann wird man die Europäische Union eher in die Luft sprengen, als dass man eine wirkliche Gemeinsamkeit herbeiführt. Da muss gerade Deutschland sensibel auftreten."
Ralf Fücks, Vorsitzender der Heinrich-Böll-Stiftung (Archivbild von 2008)
Ralf Fücks, Vorsitzender der Heinrich-Böll-Stiftung.© dpa / picture-alliance / Klaus-Dietmar Gabbert
Deutschland fordere gern europäische Solidarität ein, habe aber gleichzeitig in einigen zentralen Fragen Alleingänge vollzogen, beim Atomausstieg etwa oder bei der Aufnahme von Flüchtlingen im Herbst 2015.
(bth)

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