Quotierung in der Wissenschaft

Droht eine Biologisierung des Denkens?

Eine Frau erklärt eine mittels Beamer an die Wand projizierte Statistik.
Eine Frau erklärt eine mittels Beamer an die Wand projizierte Statistik. © picture-alliance / Tobias Kleinschmidt
Dagmar Simon im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 20.11.2017
An der Universität Lund müssen die Literaturlisten politikwissenschaftlicher Seminar mindestens 40 Prozent weibliche Autoren aufweisen. Eine sinnvolle Maßnahme im Sinne der Gleichstellung in der Wissenschaft? Das haben wir Dagmar Simon von "Evaconsult" gefragt.
Ein Politikdozent an der Universität im südschwedischen Lund stellt eine Literaturliste für ein Seminar über die konservative Kritik an den Idealen der bürgerlichen Gesellschaft zusammen. Die Institutsleitung prüft die Liste, beanstandet das weitgehende Fehlen weiblicher Autoren und verlangt, Werke der amerikanischen Feministin Judith Butler darin aufzunehmen - auch wenn diese nichts mit konservativer Gesellschaftskritik zu tun hat.
Für die Süddeutsche Zeitung, die darüber berichtete, ein Fall von drohender "Biologisierung des Denkens". Denn das politikwissenschaftliche Institut der Universität Lund verfolgt bereits seit Jahren die Regel, dass mindestens 40 Prozent der Seminarliteratur von Frauen verfasst sein muss.

Den Finger in die Wunde legen

Auch Dagmar Simon, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung "Evaconsult", hält eine solche Quote für eine zwiespältige Angelegenheit. Alles durchzuquotieren, sei "sicherlich keine sehr gute Idee", sagte sie im Deutschlandfunk Kultur. "Es geht schlicht und ergreifend nicht. Es geht in bestimmten Disziplinen, es geht bei bestimmten Themen nicht."
Auf der anderen Seite sei es leider immer noch notwendig, den Finger in die Wunde zu legen - "in dem Sinne: schaut, was da ansonsten noch für relevante Literatur für das Thema xy gibt", so die Geschäftsführerin von Evaconsult. "Wir erleben das immer wieder in Seminaren, dass schlichtweg Arbeiten von Frauen vergessen werden von den männlichen Dozenten und Professoren."
(uko)
Mehr zum Thema