Queen-Gitarrist Brian May wird 70

Architekt des Hard-Rock-Sounds

Queen-Gitarrist Brian May
Queen-Gitarrist Brian May: Haben Trump niemals die Erlaubnis gegeben © picture alliance / dpa / Alejandro Garcia
Von Marcel Anders  · 19.07.2017
Backgroundsänger und Gitarrist einer der erfolgreichsten Bands der Welt, zum zweiten Mal verheiratet, Tierschützer und Sammler von stereoskopischen Bildern seit dem viktorianischen Zeitalter: Brian May wird es auch mit 70 nicht langweilig.
"Es ist Doktor May. Schließlich habe ich hart dafür gearbeitet, und deshalb will ich auch nicht darauf verzichten. Ich hatte zwar schon einige Ehren-Titel, habe mich aber immer ein bisschen geschämt, mit Doktor angeredet zu werden, weil ich dachte, ich hätte das nicht wirklich verdient. Aber jetzt, da ich richtig für meinen Abschluss in Astrophysik geschuftet habe, habe ich nichts dagegen, Doktor genannt zu werden."
Das sagt Brian May mit breitem Grinsen, aber ganz unwichtig ist ihm die Etikette nicht. Zumal sie durchaus zu ihm passt: Ein älterer Herr in eleganten Klamotten, mit lupenreinem Oxford-Englisch, reservierter Höflichkeit und weißgrauem Haar, der Rock'n'Roll nur noch als Hobby versteht – und gerne in Erinnerungen schwelgt. Sei es an seine Band Queen, die die Musikwelt der 70er und 80er dominiert hat, aber auch an seine Anfänge auf dem Weg zu einem der besten Rock-Gitarristen der Welt.
"Ich habe versucht, wie Hank Marvin zu spielen. Und ich habe mir Eric Clapton angeschaut, der sehr inspirierend war. Gleichzeitig gab es da aber auch noch Jimi Hendrix, der meine Welt komplett auf den Kopf gestellt hat. Denn er hat die Gitarre zu einem ganz neuen Instrument gemacht. Und durch ihn wurde mir klar: 'Entweder hörst du sofort auf zu spielen, weil er geradezu angsteinflößend revolutionär ist und man ihn unmöglich nachahmen kann, oder du machst es auf deine Weise.' Ich habe mich für Letzteres entschieden."

Vorliebe für Echo-Effekte und Rückkopplungen

Eine Entscheidung mit Folgen: Mit seiner Red Special, einer Gitarre der Marke Eigenbau, und einer Vorliebe für Echo-Effekte und Rückkopplungen ist May der Architekt eines theatralischen, aber auch vielseitigen Hard-Rock-Sounds, nimmt mit Queen 15 Studio-Alben auf, verkauft 200 Million Tonträger und schreibt Rock-Hymnen wie "Bohemian Rhapsody", "We Are The Champions", "We Will Rock You" oder "Crazy Little Thing Called Love", um nur einige zu nennen. Eine Erfolgsgeschichte, die zwei Dekaden währt, ihm die Ernennung zum Ritter beschert und - so May – unter heutigen Bedingungen schier unmöglich wäre.
"Im heutigen Musikgeschäft ist es schwierig, eine echte Karriere zu starten. Denn alle denken in kurzen Intervallen, und keinem Künstler wird mehr zugestanden, sich in Ruhe zu entwickeln. Auch Queen haben nicht wirklich ins System gepasst, denn wir haben uns auf Alben konzentriert. Uns ging es darum, etwas einheitliches Ganzes zu schaffen. Gleichzeitig hatten wir aber auch Stücke, die als Singles funktionierten. Weshalb wir irgendwo zwischen einer Pop-Band und Led Zeppelin rangierten."
May ist zwar Hauptsongwriter, Produzent und Gitarren-Virtuose von Queen, aber im Vordergrund der Band steht Sänger Freddie Mercury. Ein Meister der Posen, der gewagten Bühnenoutfits und des Mehroktaven-Gesangs, der die Massen in seinen Bann zieht - aber eigentlich Farrok Bulsara heißt, aus Sansibar stammt, homosexuell ist und gegen sein konservatives Elternhaus rebelliert.
Das Freddie-Mercury-Double Lee Garcia auf der Bühne im Estrel in Berlin-Neukölln
Das Freddie-Mercury-Double Lee Garcia auf der Bühne im Estrel in Berlin-Neukölln© Andreas Friese
"Freddie war schon immer ein Rockstar. Dabei war er anfangs sehr schüchtern und unsicher. Er hatte eine strenge Erziehung genossen und konnte sich als Kind nie frei entfalten. Weshalb seine Reaktion als junger Erwachsener darin bestand, in diese extravagante Rolle zu schlüpfen und seinen Namen in Freddie Mercury zu ändern. Er wusste, was er wollte. Er hatte eine Vision, einen Traum und er hat sein Leben so umgestellt, dass er beides verwirklichen konnte."
Als Freddie Mercury im November 1991 an Aids stirbt, bricht für Brian May eine Welt zusammen. Die Band, in die er 21 Jahre seines Lebens investiert hat, existiert plötzlich nicht mehr. Er leidet unter Depressionen, hat Selbstmordgedanken und flüchtet sich in Solo-Alben, mit denen er im Nachhinein nicht sonderlich glücklich ist. Erst 2004, nach dem Erfolg des Musicals "We Will Rock You", wagen er und Schlagzeuger Roger Taylor ein Comeback als Queen – mit Gastsängern wie Paul Rodgers und Adam Lambert, mit dem das Duo bis heute tourt.

"Niemand reicht an Freddie heran"

"Niemand wird Freddie je ersetzen. Wir spielen zwar mit anderen Leuten und treten mit anderen Sängern auf, aber niemand reicht auch nur ansatzweise an ihn heran. Denn Freddie war weit mehr als ein Frontmann – er war Teil unseres kreativen Kollektivs. Und das Seltsame ist: Im Grunde ist er das bis heute. Wir arbeiten immer noch an seinen Stücken, und entwickeln sie immer weiter – auf eine Art, von der ich denke, das würde ihm gefallen."
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