Putin kritisiert US-Pläne für Syrien als "unzulässig"

Von Gesine Dornblüth · 04.09.2013
Russlands Präsident Wladimir Putin fordert "offensichtlichere" Beweise für einen Giftgaseinsatz durch Assads Truppen. Sein Land habe Vorstellungen und Pläne, was zu tun sei, sagte Putin in einem Interview. Auf dem G20-Gipfel in St. Petersburg könne man auch über Syrien sprechen.
Wenn überzeugende Beweise für einen Giftgaseinsatz der syrischen Regierungstruppen vorlägen, dann schließe er eine Zustimmung Russlands zu einem Militäreinsatz in Syrien nicht aus. Das sagte Wladimir Putin in dem heute veröffentlichen Interview mit der amerikanischen Agentur Associated Press und dem russischen Staatsfernsehen. Zugleich erteilte er einem Alleingang der USA eine Absage:

"Nach internationalem Recht kann nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen Militäreinsatz gegen einen souveränen Staat anordnen. Alle anderen Anlässe und Wege, Gewaltanwendung gegen einen unabhängigen und souveränen Staat zu rechtfertigen, sind unzulässig und stellen eine Aggression dar."

Putin machte in dem Interview erneut klar: Er glaube nicht, dass die syrischen Regierungstruppen Giftgas eingesetzt hätten. Es sei nicht einmal klar, ob überhaupt Chemiewaffen zum Einsatz kamen oder nicht irgendwelche anderen Giftstoffe. Russland geht davon aus, dass Assads Gegner für den verheerenden Anschlag verantwortlich sind. Was Putin vom Gegenteil überzeugen könnte, blieb offen. Der russische Präsident sprach lediglich von "offensichtlichen" Beweisen, die nötig seien. Ebenso vage blieb seine Ankündigung, was Russland tun werde, wenn diese offensichtlichen Beweise vorlägen:

"Wir haben unsere Vorstellungen, was wir bei einer weiteren Entwicklung der Situation tun werden, mit oder ohne Anwendung von Waffen. Wir haben Pläne, aber es ist zu früh, darüber zu reden."

Der linksgerichtete Politologe Boris Kagarlitzkij bezweifelt das:

"Ich glaube, die russische Führung hat überhaupt keinen Handlungsplan. Moskau war auf die jüngste Wendung in Sachen Syrien nicht vorbereitet."

Kagarlitzkij hat in St. Petersburg einen Gegengipfel zum offiziellen G20 organisiert. Globalisierungskritiker, Gewerkschafter, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt diskutierten dort gestern und heute Alternativen zur marktorientierten Politik der führenden Wirtschaftsnationen. Doch auch das Thema Syrien war präsent. Und die G20-Gegner waren sich über Ländergrenzen hinweg einig: Ein Militäreinsatz müsse auf jeden Fall verhindert werden. Kevin Danaher, Aktivist von "Global Exchange" aus San Francisco:

"Die G20-Staaten benehmen sich wie bei einem Fußballspiel. Statt Obama und Putin gemeinsam zu zwingen, sich zusammenzusetzen, um den Syrien-Konflikt friedlich zu lösen, sind sie für den einen oder für den anderen. Und die Syrer sind der Fußball, der hin und her getreten wird. Das ist widerlich."

Nur Diplomatie könne den Konflikt lösen. Ähnliche Appelle kommen aus den Teilen der Zivilgesellschaft, die am G20 teilnehmen. So fordert die Kinderschutzorganisation World Vision, endlich die lange geplante Syrien-Konferenz einzuberufen; ein Militärschlag bringe lediglich mehr Tote. Sprecherin Silvia Holten:

"Es muss eine Friedenskonferenz geben, und zwar ohne Vorbedingungen. Es muss ein Termin genannt werden so schnell wie möglich, und wir hoffen sehr, dass Frau Merkel das Thema voranbringen kann."

Die Chancen dafür steigen. Bisher war nur davon die Rede gewesen, dass die Staats- und Regierungschefs in bilateralen Gesprächen über Syrien sprechen. Präsident Putin ließ nun in dem heute veröffentlichten Interview durchblicken, eventuell über eine Änderung der Tagesordnung abstimmen zu lassen. Man könne durchaus in der großen Runde eine gewisse Zeit Syrien widmen.
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