Provinzposse

Warum ein Staatssekretär nicht an Heiligabend heiraten darf

Der SPD-Politiker Patrick Dahlemann aus Torgelow
Der SPD-Politiker Patrick Dahlemann muss seine Hochzeit verschieben. © picture alliance / dpa / Daniel Naupold
Von Silke Hasselmann · 22.12.2017
Am 24. Dezember wollte Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) in seiner Heimatstadt Torgelow heiraten. Die Gäste waren eingeladen, die Feierlichkeiten vorbereitet, denn das Standesamt hatte den gewünschten Termin bestätigt. Doch aus der Trauung wird wohl nichts.
"Was man nicht alles aus der Zeitung erfährt ... Irgendwie bekommt die Sendung ‚Tüll und Tränen‘ gleich eine ganz neue Bedeutung." Das zwitscherte Patrick Dahlemann zu Wochenbeginn hinaus ins Twitter-Universum und zeigte damit ganz nebenbei auch, dass er sich mit Brautkleid-Verkaufssendungen im Privatfernsehen auskennt. Der Grund seines Staunens: Der 29-Jährige hatte der Schlagzeile der regionalen Tageszeitung "Nordkurier" entnommen, dass seine "Hochzeit zu Weihnachten in Gefahr" sei.
Zur Wochenmitte dann die wirklich erstaunliche Schlagzeile: "Dahlemann darf nicht heiraten". Tja, Strafe muss sein – werden sich die besonders hämischen unter den Vorpommern und Mecklenburgern gedacht haben. Denn viele vermuten, dass sich der aufstrebende Jungpolitiker sehenden Auges ein Sonderrecht herausnehmen wollte. Doch Patrick Dahlemann darf heiraten. Nur eben nicht übermorgen, am 24. Dezember 2017.

Der Sonntag bleibt arbeitsfrei

Diesen ungewöhnlichen Terminwunsch hatte der Torgelower schon vor Monaten im heimischen Standesamt angemeldet. Ohne je von Problemen gehört zu haben, so Dahlemann. Tatsächlich steht auch nicht der Heilige Abend dem jungen Glück im Wege. Denn auch wenn es sich im öffentlichen Landesdienst seit Jahren dank Gewerkschaften bzw. Beamtenbund so anfühlt, so ist der 24. Dezember noch immer kein gesetzlicher Feiertag. Doch in diesem Jahr fällt er auf einen Sonntag. Und da wird´s kribbelig – auch oder gerade für den Bräutigam in spe.
Der Sozialdemokrat wurde direkt nach dem Abi Berufspolitiker und bekleidet seit der Landtagswahl 2016 einen Posten, den eigentlich CDU-Innenminister Caffier erfunden und für seine Partei beansprucht hatte. Doch Patrick Dahlemann (SPD) ist nun Vorpommern-Staatssekretär. Offiziell soll er vor allem Kümmerer und Kummerkastenonkel für jene Bürger sein, die sich ob ihrer geografischen Lage am Ostrand des Landes von der Politik vernachlässigt fühlen. Inoffiziell soll und will der 29-Jährige auf diesem Posten so reifen, dass er in der SPD zu noch Höherem taugt.
Das findet naturgemäß nicht jeder so toll wie der dynamisch-aufstrebende Dahlemann selbst. Witterte nun also jemand die Chance, ihn – nun ja - zu erden? Der schon lange informierte Bürgermeister von Torgelow hatte jedenfalls auch kein Problem mit dem 24.12. gesehen. Gut, der Mann ist ein Freund Dahlemanns und war zur Hochzeitsfeier an diesem Sonntag eingeladen.

Trauung muss verschoben werden

Was man weiß: Vor gut sechs Wochen wunderte sich der "Nordkurier" erstmals über das vermeintlich zugestandene Privileg des Staatssekretärs. Wenig später bat der zuständige Landkreis Vorpommern-Greifswald das Schweriner Innenministerium um eine Prüfung der Causa. Das erklärte am 14. Dezember: "Das Innenministerium hat einen Trauungstermin am Sonntag, den 24.12., nicht verboten." Vielmehr habe der Landkreis "in eigener Zuständigkeit und mit Blick auf das Gesetz zu entscheiden". Gemeint ist das Sonn- und Feiertagsgesetz, gegen das "die Beschäftigung eines Standesbeamten an einem Sonntag" verstoßen würde, von Tarifrecht bei angestellten und Arbeitszeitverordnung bei beamteten Standesbeamten ganz abgesehen.
Es "soll alles seine Richtigkeit" haben, sagt Patrick Dahlemann. Der wird seine Freundin nun wohl erst in einem Jahr ehelichen, wenn der 24. Dezember auf den arbeitsrechtlich unverdächtigen Montag fällt. Es sei denn, das ursprüngliche Motiv für den ungewöhnlichen Trauungstermin wäre nicht mehr so stark. Vorausschauend schien sich der Jungpolitiker bislang jedenfalls sicher gewesen zu sein, dass ihn künftig das ganze Jahr über andere Pflichten rufen könnten – Hochzeitstag hin oder her. Nur der 24. Dezember, so Dahlemann, würde ihm und seiner Frau garantieren, "dass wir den Tag immer gemeinsam verbringen können."
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