Protestkultur

Rock und Gewalt in alten Polizeiberichten

Begeisterte Fans begrüßten am 15.09.1965 auf dem Flughafen Berlin-Tegel die "Rolling Stones" vor ihrem Konzert in der Waldbühne. Polizisten halten die Menge mit einer Absperrung zurück.
Begeisterte Fans begrüßten am 15.9.1965 auf dem Flughafen Berlin-Tegel die "Rolling Stones" vor ihrem Konzert in der Waldbühne. © picture alliance / dpa / Konrad Giehr
Bodo Mrozek im Gespräch mit Max Oppel · 02.06.2017
Ist Gewalt Teil des Mythos von Rockmusik? Der Pop-Historiker Bodo Mrozek hat die Polizeiberichte von Randalen bei Stones-Konzerten 1965 in Deutschland studiert – mit verblüffenden Erkenntnissen. Er ist derzeit bei einer Konferenz zum Thema Rock und Gewalt in Frankreich zu Gast.
Gewaltausbrüche bei Rock-Konzerten, das war Mitte der 60er-Jahre gang und gäbe - damals war Rock noch gelebte Protestkultur: Kaum ein Auftritt der Stones, Beatles oder Doors ohne Randale. Später folgten dann die Ausschreitungen zu Punk und Metal-Musik. Und bis heute ist Gewalt Teil des Mythos Rock.
Im französischen Rouen befasst sich jetzt eine internationale Konferenz mit dem Zusammenhang von Rock und Gewalt in Europa. Dabei ist der Autor, Journalist und Pop-Historiker Bodo Mrozek.

Die "Rolling Stones" 1965 in Deutschland

In seinem Vortrag befasst Mrozek sich insbesondere mit den Konzerten der Rolling Stones im Herbst 1965 in Deutschland. Bei der Auswertung von Polizeiberichten sei er zu verblüffenden, neuen Erkenntnissen gekommen, sagt er im Deutschlandfunk Kultur:
"Diese Erzählung, die Rock-Musik bringt die Menschen zusammen, die Jugendlichen zusammen, die Fans zusammen – wenn man sich die Polizeiberichte anguckt, dann bringt die Musik durchaus auch die Polizeibehörden, die Autoritäten und auch die Politik zusammen. Die deutsche Polizei hat damals Berichte über ähnliche Ereignisse in Paris auf einem großen Open-Air-Konzert angefordert, was ein bisschen aus dem Ruder lief."

Einsatzstrategie der Polizei stammte aus den 30er-Jahren

Es habe sich herausgestellt, dass die Einsatzstrategien der deutschen Polizei noch aus den 30er-Jahren stammten, berichtet Mrozek von seinen Recherchen. Man habe damals ohnehin mit großem Unverständnis auf diese Musik reagiert und keine Erfahrung mit dem geänderten Publikumsverhalten gehabt:
"Es gibt so Zitate aus den Medien und den Polizeiberichten über die Fan-Riten. Die werden da beschrieben als 'Pantomimen des beidseitigen Melkens einer Elefantenkuh mit den Händen', so beschreibt es der Bericht - Gesten, die Rock-Fans an Stelle von Tanz im Konzert vollführt haben. Man misst der Musik eben eine gewalttätige Wirkung zu, die wir heute, glaube ich, in der Musik gar nicht mehr haben."

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