"Pro Reli" oder contra

Von Vera Linß · 20.04.2009
Am kommenden Sonntag wird in der Hauptstadt in einem Volksentscheid darüber abgestimmt, ob Religion zum Pflichtfach an Berliner Schulen werden soll. In der heißen Phase vor der Abstimmung haben Gegner und Befürworter in der gesamten Stadt plakatiert, um für ein Nein oder Ja beim anstehenden Volksentscheid zu werben.
Es geht um nichts Geringeres als die Freiheit – glaubt man Promis wie Günter Jauch, Arne Friedrich oder der Moderatorin Tita von Hardenberg. Mit markigen Sätzen werben sie auf Riesenplakaten für Religion als Pflichtfach: "Freie Wahl für unsere Kinder" oder "Machen Sie die Freiheit stark". Drunter geht's nicht. Die Gegner plakatieren zurück. "Gemeinsam nicht getrennt – Ethikunterricht für alle." Doch welcher Berliner versteht bei all den flotten Sprüchen überhaupt noch worum's geht?

Umfrage: "Müsste ich mir erstmal in Ruhe ankucken, damit ich eine Aussage treffen kann. – Na ja, die sind so ein bisschen zweideutig. Aber wenn man sich den Wahl-Flyer durchgelesen hat, weiß man, worum es geht. – Die sind nicht eindeutig, darüber habe ich mich auch schon aufgeregt. Ich muss sehr lange drauf kucken, um festzustellen, wer ist eigentlich für was. Die Plakate hätten sie sich sparen können."

Oder auch nicht. Denn so manch eine, die glaubte durchzusehen, hat dank der Plakatierung ihre Meinung geändert – offenbar aus kompletter Verwirrung, wie diese Passantin, die eigentlich eine klare Position hat:

"Also ich denke mal, dass Religion nicht in die Schulen gehört."

Dann aber doch dem Charme eines Günter Jauchs erlegen ist, ohne zu merken, dass der ganz anderer Meinung ist.

Passantin: "Also Günter Jauch seins ist genau eigentlich meine Meinung. Der ist für freie Wahl. Dass man sich frei entscheiden kann, was man wählen kann."

Jauch und die anderen Freiheitskämpfer stehen für die Initiative "Pro Reli", die das Fach Religion für Schüler in Berlin zur Pflicht machen will. Dahinter steht der Wunsch nach Aufwertung und Gleichstellung des Religionsunterrichts, den man in der Hauptstadt freiwillig und nur zusätzlich zu Ethik besuchen kann. Wovon allerdings nur eine Minderheit Gebrauch macht: Im Osten der Stadt gerade mal 15 Prozent. Ein Muss für alle hingegen ist Ethik. Dass dies so bleibt, dafür trommeln die Gegner von "Pro Reli". Ihr Argument: das integrative Potenzial des Ethikunterrichts für alle. Sie befürchten eine Separierung der Schüler nach Glaubensrichtungen, würde es zukünftig eine Wahlfreiheit zwischen Ethik und Religion als Pflichtfach geben.

Das Gespräch zum Thema mit Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, können Sie mindestens bis zum 20.9.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.