Präsidentenwahl in Russland

Eine Stimme für Putin ist erwünscht

Die Kreml-Mauer mit dem Erlöserturm (l-r) und Nikolausturm und die Basilius-Kathedrale im Zentrum der russischen Hauptstadt Moskau.
Im Kreml hoffen die Machthaber auf eine ausreichende Wahlbeteiligung und sorgen dafür, dass möglichst viele Russen am Sonntag zur Abstimmung gehen © dpa / picture-alliance
Von Thielko Grieß  · 17.03.2018
Der Sieger der russischen Präsidentenwahl Wladimir Putin steht zwar schon fest, aber der Kreml will auch für eine ausreichende Wahlbeteiligung sorgen. Wer zur Abstimmung geht, wird in einigen Wahllokalen sogar belohnt.
Für eine hohe Wahlbeteiligung ist viel in Bewegung gesetzt worden. Die zuständige Behörde verschickt zum Beispiel SMS mit Wahlaufrufen und wirbt auf Displays von Geldautomaten. Eine Männerzeitschrift hat einen Spot produziert, in dem sich nur spärlich bekleidete Frauen vor einer Landkarte Russlands räkeln. Willkommen in der Welt der Erwachsenen, heißt es. Spot und Abstimmung seien für alle ab 18 Jahren. Außerdem häufen sich Meldungen, wie diese: In Kasan organisiert eine Behörde neben Wahllokalen die Gelegenheit zum Einkaufen: Fleisch, Fisch, Käse mit 25 Prozent Rabatt. In einem Wahllokal in Sankt Petersburg ist eine Lotterie ausgelobt. Zu gewinnen sind Rabatte auf den Eintritt zum Schwimmbad.

Wahlbeobachter sammeln Hinweise

Daneben gibt es Meldungen über Druck: In Nowosibirsk sollen Studenten am Zugang zu ihrem Wohnheim gehindert worden sein, wenn sie nicht abstimmen wollen und in vielen Städten sollen Beschäftigte von Staatsbetrieben oder solchen, die von Staatsaufträgen abhängen, zur Abstimmung gedrängt worden sein – häufig verbunden mit dem mehr oder weniger subtilen Hinweis, eine Stimme für den Präsidenten sei erwünscht. Hinweise sammelt etwa die Organisation Golos im Netz. Sie sowie andere russische Institutionen und Parteien schicken am Wahltag selbst Beobachter in Wahllokale. Dies tut auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE.

Videoüberwachung im Wahllokal

Die Mission aus rund 500 Teilnehmern leitet der Deutsche Michael Link, FDP-Abgeordneter im Bundestag: "Wir greifen jedenfalls nicht ein. Wir dokumentieren die Verstöße. Wenn wir zum Beispiel jetzt in einem Wahllokal sehen würde, dass dort eine bestimmte Gruppe versucht, Wähler zu beeinflussen, im Wahllokal für einen Kandidaten zu stimmen, dann dokumentieren wir das, wir fotografieren das oder berichten es", sagte er.
epa03315343 German minister for EU Affairs Michael Link talks to the press as he arrives for a Foreign Affairs, at the European Council headquarters in Brussels, Belgium, 23 July 2012. During this session, items such as Southern Neighbourhood including Syria and Libya, Sudan and Democratic Republic of Congo will be discussed. EPA/JULIEN WARNAND |
Der FDP-Abgeordnete Michael Link ist wieder Leiter der OSZE-Wahlbeobachtermission in Russland © picture alliance /dpa /EPA /Julien Warnand
Die Zentrale Wahlkommission hat angekündigt, gut die Hälfte aller Wahllokale videoüberwachen zu lassen. Dort stimmten vier Fünftel der Wahlberechtigten ab. Bild und Ton sollen im Internet zu verfolgen sein. Allerdings wurde nicht mitgeteilt, in welchen Stimmlokalen beobachtet wird und wo nicht.

Wichtige Ergebnisse auf der Krim

Als anfällig für Einflussnahme gelten auch die schon laufenden vorzeitigen Abstimmungen, etwa von Militärangehörigen oder in Wahllokalen im Ausland, so auch in deutschen Städten. Der einflussreiche Journalist und Chefredakteur des Senders Echo Moskwy, Aleksej Wenediktow, meint im Gespräch mit dem Journalisten Jurij Dud: Von allen russischen Regionen komme es Wladimir Putin vor allem auf eine an. Er sagte: "Für Putin, denke ich, ist von Bedeutung, wie die Krim abstimmt. Wird es gut, wird man es ein zweites Referendum nennen. Putin kann dann sagen: ‚Ich habe die Krim in das Imperium zurückgeholt. Schauen Sie mal, die Menschen haben mir das zweite Mal, schon nach vier Jahre, 75, 80 oder 85 Prozent der Stimmen gegeben.‘ Ich glaube, für ihn ist die Krim grundlegend, nicht Moskau oder Sankt Petersburg."
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Ein Mann trägt die russische Fahne in der Stadt Sewastopol auf der Krim (Bild: Hannibal - dpa).© Hannibal dpa

Fehlende Fairness

Auf der besetzten Krim wird die OSZE nicht beobachten. Die Fairness der Wahl ist nicht nur deshalb zweifelhaft; schon die Vorwahlzeit ist ungleich verlaufen. Zwar hat es viele TV-Debatten mit Kandidaten gegeben, aber Wladimir Putin hat an ihnen nicht teilgenommen. Ein offener Austausch von Argumenten mit seinen Kritikern kam nicht zustande. Was den Zugang zu Öffentlichkeit, zu Geld und Netzwerken betrifft, so ist der Amtsinhaber dank des eng gestrickten Loyalitätssystems aus Partei, Verwaltungen, staatlichen Betrieben und Regionalverantwortlichen sämtlichen Konkurrenten bei Weitem überlegen.

Putins Appell

"Nach der Verfassung unseres Landes geht alle Macht vom Volke aus." – Mit einem Appell, an der Wahl teilzunehmen, meldete sich gestern Wladimir Putin noch einmal zu Wort. Heute gilt bereits der sogenannte "Tag der Stille", an dem politische Wahlwerbung untersagt ist. Die Präsidentschaftswahl beginnt bereits heute um 20 Uhr deutscher Zeit an der Küste gegenüber von Alaska und in Kamtschatka. Sie endet am Sonntag um 19 Uhr deutscher Zeit, wenn in der Ostseeküstenstadt Kaliningrad die Wahllokale schließen.
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