Potsdams Könige und ihren Bauten

Rezensiert von Adelheid Wedel · 10.02.2006
Preußische Geschichte komplett, am Beispiel der Residenz- und Regierungsstadt Potsdam: Das verspricht das Hörbuch "Stadt der Könige. Potsdam, Preußens Versailles" aus dem Pilgrim Verlag. Eingelöst wird dies allerdings nur bedingt: Das Werk bietet zwar einen guten Einstieg ins Thema, kommt aber ohne allzu viel Kritik an den Hohenzollern-Königen aus.
Die CD samt Beiheft steckt in einer blauen Kassette, preußischblau natürlich. Abbildungen von Königen schmücken das inliegende Heft. Das steckt in der Innenseite auf dem Foto eines Königs in der Höhe seines Mundes; ein Schlitz hält die Broschüre, so als käme der Text von da, erzählt also von einem König. Das ist erwähnenswert, weil die Geschichte, von Rudolf Kronenbitter aufgeschrieben, ohne allzu viel Kritik am Herrscherhaus der Hohenzollern auskommt. Sie schildert dem interessierten Laien wie es zuging in königlicher Gesellschaft, was die Vorlieben der Preußenkönige waren, wie sie bauten.

"Stadt der Könige, Potsdam, Preußens Versailles: Die Geschichte Potsdams ist gleichzeitig die Geschichte des Großen Kurfürsten und aller preußischen Könige. Sie betrachteten die Stadt als ihr Privateigentum, in der sie nach Lust und Laune bauen und gestalten konnten."

Es ist ein dankbarer und auch lohnenswerter Blick, Geschichte am Baugeschehen aufzuspulen. Gerade in Potsdam und Umgebung stehen die königlichen Gebäude – insgesamt 14 Schlösser – in ziemlicher Dichte und künden als steinerne Zeugen von vergangenen Zeiten. Der Autor, gebürtiger Salzburger und seit fünf Jahren in Potsdam lebend, hat mit dem Blick des Zugereisten diese Kulturlandschaft aufgenommen und hat sich von ihr bezaubern lassen, so sehr, dass er ihrem Ursprung nachging und das Ergebnis seiner Recherche nun anderen mitteilt.

In Zeiten gehäufter offizieller Jubiläumsanlässe von runden Geburts- und Todestagen registriert man erfreut, dass im Kulturleben nicht nur Termine abgearbeitet werden, sondern zuweilen auch Lust und Leidenschaft - ganz ohne Terminhörigkeit - Produkte wie eben dieses Hörbuch hervorbringen.

"Potsdams Charme als Versailles des Nordens ist trotz aller Wunden der Vergangenheit ungebrochen und kündet mit einzigartiger Sinnlichkeit von der Geschichte Preußens und all seiner Könige."

Die Freude am Entdeckten will der Autor weitergeben. "Preußens Versailles" ist die erste Edition des kürzlich gegründeten Pilgrim-Verlages, weitere "history audio guides", wie es der Herausgeber nennt, sollen folgen.

Hörbuch Nr. 1 also aus dem Pilgrim-Verlag wird von den Schauspielern Otto Sander und Barbara Nüsse gestaltet, ergänzt durch sparsam unterlegte Musik, die Matthias Pusch stimmig eigens für diese Produktion komponierte. Otto Sander haben wir noch als Sprecher der großen ARD-Preußenserie zum 300. Krönungsjubiläum des ersten Königs im Jahr 2001 im Ohr – vielleicht gab das den Ausschlag, ihn auch hierfür zu gewinnen. Er liest abgeklärt, betont sachlich, zuweilen sogar etwas nuschelig, so als ginge er auf Distanz zu den herrschaftlichen Taten, von denen er berichtet.

Dieses Spannungsverhältnis zwischen Inhalt und Ausführung ergibt einen speziellen Reiz beim Hören und man ist dankbar für den Verzicht auf spektakuläre theatralische Klänge. Die sind eher zu hören bei Barbara Nüsse, die gern in verschiedene Rollen schlüpft und ihre Stimme in Bewunderung schwelgen lässt.

Das Hörbuch lebt von den Kurzporträts der Könige und bietet so einen Überblick über die Geschichte Preußens für Laien, eine erste Annäherung. Manches unbekannte Detail bringt uns die Herrscher näher, hebt sie aus der trockenen Zahlenreihe von Geburts- und Todesjahr heraus. Am Ende hat der Hörer eine genauere Vorstellung von all den Friedrichs und Wilhelms mit ihren Beinamen der schiefe Fritz, der dicke Wilhelm, Friedrich der Große oder einfach nur der Butt. Am interessantesten wird das Hörbuch immer dann, wenn es ganz nah an der Person bleibt, sie im Original zitiert, wie beispielsweise bei Friedrich Wilhelm IV., genannt der Butt.

"Wenn wir als Söhne eines einfachen preußischen Beamten geboren worden wären, so wäre ich Architekt geworden, Wilhelm Unteroffizier, Karl wäre ins Zuchthaus gekommen und Albrecht Trinker geworden."

Jener König, der gern Baumeister geworden wäre, ließ Schloss Belvedere errichten.

"Der verschwenderische Bau wird einzig wegen der schönen Aussicht auf Potsdam und Umgebung errichtet. So gibt es im ganzen Schloss nur zwei kleine nutzbare Innenräume, ein maurisches und ein römisches Kabinett. Nach dem Zweiten Weltkrieg zur Ruine verkommen, wird das Belvedere bis 2005 durch eine Privatinitiative vollständig renoviert. So kann heute jedermann eine Aussicht genießen, die früher nur dem König und seinem Gefolge vorbehalten war."

Ein wenig zu freundlich, oder man kann auch sagen schonend, geht das Hörbuch mit den Königen um, kaum ein trübes Wölkchen verdunkelt den hellen Preußenhimmel. Als Einstieg in die Geschichte, als Führer für Touristen mag es taugen, ein umfassendes Preußenbild aber liefert es leider nicht.


Rudolf Kronenbitter: Stadt der Könige – Potsdam, Preußens Versailles
Erzählt von Otto Sander und Barbara Nüsse
Pilgrim Verlag, Potsdam 2005
24,80 Euro