Polit-Talk am Gymnasium

Berliner Politiker stellen sich dem Nachwuchs

Der Kandidat f
Auch Özlan Mutlu stellt sich den Fragen der Schüler. © dpa
Von Nana Brink · 21.07.2017
Wenn die private Phorms-Schule in Berlin-Mitte einen Wahlkreis-Polit-Talk veranstaltet, ist das fast wie im Fernsehen: Die Gäste aus dem politischen Leben wissen, wie sie auftreten müssen. Und die Moderatoren aus der 11. Klasse, wie sie nachhaken müssen.
"Wir machen das zum ersten Mal ... Das erste Mal auf der Bühne stehen mit Mikrophon und Politikern, das ist echt aufregend, wir haben ja alles schon perfekt vorbereitet da oben, auf dem Pult liegen."
Alma und Marcus – beides Schüler aus der 11. Klasse – moderieren den Polit-Talk im Theatersaal. Aufgeregt klammern sie sich an das Stehpult. Die Bühne ist schwarz ausgeschlagen. An einem langen Tisch sitzen die Gäste, vor ihnen jeweils das Namensschild mit Parteilogo. Die Spannung steigt. Dann fällt das Mikrophon aus. Kurze Panik.
"Ist erst fünf nach zehn ... ich sage, er soll warten, bis er da ist .... vor allem, wenn nicht alles so richtig funktioniert ....Hello hello hello .... the sounds cames through!"

Politische Prominenz aus Senat und Bundestag

Endlich! Alle Gäste sind da. Frank Henkel von der CDU streitet schon augenzwinkernd mit Özcan Mutlu von den Grünen. Die beiden kennen sich aus dem Berliner Abgeordnetenhaus. Wobei: Der Grüne Mutlu sitzt jetzt da, wo CDU-Mann Henkel noch hin will: Im Bundestag.
Aber die Stimmung ist gut. Der Theatersaal fast bis auf den letzten Platz besetzt. Und die Lehrerinnen glücklich: Violetta Weyer, Politiklehrerin und Initatorin der Talkrunde, und ihre Kollegin Oda Langner haben die Schüler lange vorbereitet im Unterricht.
"Die ursprüngliche Idee war, dass wir an den U18-Wahlen, die kurz vor den Bundestagswahlen stattfinden, teilnehmen und wir haben zusammen mit den Elftklässler Kurse überlegt, wir können wir die Schule vorbereiten. Und dann haben wir die Direktkandidaten eingeladen. Wir haben viele Schüler mit Migrationshintergrund, wir sind eine internationale, ein bilinguale Schule, da spielt Bildung, Arbeitsplätze, da spielt Reisen, Globalität, aber auch ganz aktuelle Probleme, die in Berlin einfach da sind."
"Sehr geehrte Direktkandidaten, Lehrer, Schüler, Damen und Herren, wir danken Ihnen, dass Sie sich heute unserer politischen Talkrunde anschließen... dann fangen wir jetzt mit unserer ersten Runde an, wir werden Ihnen eine Frage stellen und Sie können Stellung nehmen und haben 60 Sekunden Zeit, diese Frage zu beantworten, .... Stoppen wir selbst? ... nein wir stoppen ... wird der Ton dann abgedreht? .... nein, wir haben einen Gong .... Unsere Erste Frage lautet, warum sollte man Sie in den Bundestag wählen?"

Politiker sagen, was Schüler gerne hören

Gespannt blicken die Schüler auf die Politiker und – es kommt, was sie erwartet haben: Politiker sagen, was Schüler gerne hören. Angeblich....
"Man kann bei der grünen Jugend schon mit 12 anfangen... Ich bin, seit ich denken kann, für das Wahlalter 16... Und ich bin ganz stolz, dass wir es ins Wahlprogramm geschafft haben."
Eva Högl von der SPD schnurrt ihr Programm herunter. Lächelt freundlich. Überhaupt sind alle sehr nett zu einander. Die Lehrer nicken zufrieden. Die Siebtklässler packen ihre Pausenbrote aus. Ein paar größere Schüler gähnen verstohlen. Und die Politiker versprechen schöne Dinge, wie Özcan Mutlu von den Grünen: Die Vermögenssteuer für Superreiche.
"Nein, ihr seid alle nicht betroffen, wenn die FDP oder die CDU euch erzählt, die Grünen wollen mehr Steuern von euch wegnehmen. Nein, die Grenzen, die wir haben, sind so hoch, da sind Eure Eltern definitiv nicht betroffen, denn es geht um eine Vermögenssteuer für Superreiche... Superreich ist man bei einem Vermögen von einer Million oder zwei Millionen."

Die Schüler als Medienprofis

Jetzt sind die Elftklässler wieder hell wach – Reichensteuer, Erbschaftssteuer? – und wollen es genauer wissen. Wie die Profis aus dem Fernsehen unterbrechen die Moderatoren Alma und Marcus ihre Talkgäste. Steuer – Bildung – Krieg und Frieden. Nur ein Thema bleibt noch offen:
"Mit welcher Partei würden Sie keine Koalition eingehen? Mit der AfD... ganz klar... Es ist alles gesagt worden. Alle Parteien, die hier am Tisch sitzen, mit denen kann man reden."
Es gab lange Diskussion im Unterricht, ob man eine Vertreterin der AfD – in Mitte wäre es Beatrix von Storch – einladen sollte. Man hat sich dagegen entschieden, wie Maximilian aus der 10. Klasse erklärt.
"Weil wenn man die eingeladen hätte, hätte sich alles um die AfD gedreht, ich finde aber richtig, dass man sich mit der AfD beschäftigt und finde, dass man nächstes Jahr in der 11. Klasse in Politikwissenschaften die AfD sich gesondert einlädt. Weil sonst spielt man denen ja in die Hände, weil sie das sein können, was sie wollen, nämlich die Opferrolle!"

Die Politiker räumen rasch das Feld

Zeit für die Schüler allerdings nehmen sich die Politikergäste nicht mehr. Blitzschnell verschwinden sie über den Schulhof. Trotzdem – die Politiker bekommen von den Schülern erstaunlich gute Noten.
"Interessant, interessant …. Ich habe alles verstanden …. Teilweise habe ich schon das Gefühl gehabt, dass schon ein wenig drumherum geredet worden ist …. An sich würde ich sagen, dass sie alle sympathisch waren."
Die eigentlichen U18-Wahlen finden kurz vor der Bundestagswahl statt. Bei den Schülern gibt es eine erstaunliche Tendenz.
"Nachgedacht, ich würde mit den Grünen gehen … ich würde die FDP wählen …. Ich weiß schon, was ich wähle, die FDP."
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