Plagiatsvorwürfe

Parteikollegen stellen sich hinter von der Leyen

Ursula von der Leyen steht wegen Plagiatsvorwürfen unter Druck.
Ursula von der Leyen steht wegen Plagiatsvorwürfen unter Druck. © Kay Nietfeld, dpa picture-alliance
Von Christiane Habermalz · 28.09.2015
Sie soll in ihrer Doktorarbeit "gnadenlos kopiert" haben - so lautet der Vorwurf der Internetplattform Vroni-Plag gegen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Jetzt bekommt sie Unterstützung aus ihrer eigenen Partei.
"Die Menschen interessiert, wie wir die aktuellen Probleme lösen und Herausforderungen angehen. Im Moment steht anderes im Mittelpunkt als irgendwelche Plagiatsvorwürfe", sagte der stellevertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl der "Rheinischen Post". Der Mittelstandspolitiker Christian von Stetten mahnte, dass auch für die Ministerin die Unschuldsvermutung gelte.
Doch Vroni-Plag stuft den Fall von der Leyen als gravierend ein. Er halte die Mängel für schwerwiegender als bei der wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetretenen Bundesbildungsministerin Annette Schavan, sagte der Jura-Professor Gerhard Dannemann, der für die Internetplattform die Arbeit geprüft hat. Vroni-Plag-Gründer Martin Heidingsfelder forderte den Rücktritt der Ministerin.
Heidingsfelder: "Es ist so, dass nach dem aktuellen Untersuchungsstand knapp die Hälfte der Seiten der Dissertation Plagiate aufweist, und es sind massive Plagiate, insbesondere am Anfang, und damit eine extrem hohe Dichte an Plagiaten am Anfangsteil der Dissertation."
Von der Leyen hat die Arbeit vor 25 Jahren im Fach Medizin geschrieben, sie beschäftigt sich mit dem Thema Diagnose von Krankheiten vor der Geburt. Auf 27 von insgesamt 62 Seiten soll sie wortgleich Textteile von anderen Autoren übernommen haben, ohne dies ausreichend zu belegen. Es handele sich nicht um einen Grenzfall, sagte Dannemann. Der Professor sprach von "grober Schlamperei". Heidingsfelder ging noch weiter:
Verteidigungsministerin weist Vorwürfe zurück
"Das Wesentliche ist, eine fehlerhafte Arbeitsweise, ist eine unredliche Arbeitsweise nachzuweisen oder das so zu beurteilen, da bin ich der festen Überzeugung: Ja."
Ursula von der Leyen selbst weist die Vorwürfe zurück. Es sei nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchten, Zweifel an Dissertationen zu streuen, sagte sie am Wochenende. Sie habe Ende August von den Aktivitäten im Netz erfahren und ihre Universität, die Medizinische Hochschule Hannover, umgehend gebeten, ihre Dissertation von einer neutralen Ombudsstelle untersuchen zu lassen.
Das Ergebnis soll bereits in wenigen Tagen vorliegen. Ob sich die Kanzlerin schon mit ihrer Verteidigungsministerin in Verbindung gesetzt habe, darüber hielt sich Regierungssprecher Steffen Seibert heute in Berlin bedeckt.
"Das weiß ich nicht, die Bundeskanzlerin war, wie Sie wissen, in New York - und über Gespräche, die sie regelmäßig mit Ministerinnen und Ministern führt, berichte ich hier nicht."
Nach Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Leyens Vor-Vorgänger im Amt des Verteidigungsministers, Karl Theodor zu Guttenberg, ist von der Leyen die dritte Ministerin im Kabinett Merkel, die wegen Plagiatsvorwürfen in Bedrängnis gerät. Doch zu Gute kommen könnte ihr am Ende der Umstand, dass an medizinische Dissertationen in der Wissenschaftscommunity ein deutlich niedrigerer Standard angesetzt wird, als an Doktorarbeiten anderer wissenschaftlicher Fächer.
Er gilt als "Haustürtitel", im Niveau oft noch unterhalb von Diplomarbeiten in den Naturwissenschaften angesiedelt. Mediziner brauchen den Doktortitel für ihre berufliche Reputation. Zuletzt hatte sich der Wissenschaftsrat 2004 mit dem Thema beschäftigt und empfohlen, zwei Doktortitel zu vergeben - einen, der als Studienabschlusszertifikat vergeben wird, und einen anderen, der eine wissenschaftliche Qualifikation darstellt. Dies ist in Ländern wie Österreich oder auch den USA bereits der Fall.
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