Plädoyer für Sammelklagen

Kritik an "Schlusslicht Deutschland"

Volkswagen steht vor einer Einigung mit den US-Behörden
Anders als in Deutschland sind in den USA Sammelklagen gegen VW wegen des Abgas-Skandals möglich. © dpa / picture-alliance / Karl-Josef Hildenbrand
Caroline Meller-Hannich im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 08.08.2017
Anders als in den USA gibt es in Deutschland bisher keine Sammelklagen. Die Juristin Caroline Meller-Hannich sagt, Deutschland hänge beim kollektiven Rechtsschutz hinterher und sollte sich stärker an positiven Beispielen in Europa orientieren.
Verbraucherschützer fordern schon lange, Sammelklagen in Deutschland zu ermöglichen. Doch die Widerstände dagegen sind groß. Während es in USA auch ein großes Geschäftsfeld ist, glauben viele Juristen, dieses Rechtsinstrument passe nicht zum deutschen Rechtssystem. Nun sorgt der Diesel-Skandal dafür, dass die Frage neu diskutiert wird, ob das juristische Instrument der Sammelklage nicht ein besserer Weg wäre, um Interessen von Verbrauchern vor Gericht durchzusetzen.

Lobbyarbeit gegen Sammelklagen

"Man muss eines ganz klar sagen, dass inzwischen Deutschland da das Schlusslicht ist, was die Einrichtung entsprechender Instrumente angeht", sagt die Juristin Caroline Meller-Hannich im Deutschlandfunk Kultur. Die Lehrstuhlinhaberin für Bürgerliches Recht, Zivilprozess- und Handelsrecht an der Universität Halle-Wittenberg verweist darauf, dass in Deutschland jahrelang gute Lobbyarbeit gemacht worden sei, um die Einführung von Sammelklagen zu verhindern. Als Argumente der Gegner von Sammelklagen nannte die Juristin, dass es angeblich keinen Bedarf in Deutschland gebe und ein Vorsorgeprinzip gelte. "Und dann gibt es so eine Vorstellung, dass damit sogenannte amerikanische Verhältnisse, das heißt eine Klageindustrie, erpresserische Vergleiche und ähnliches, in unser Land kommen." Das schade der Wirtschaft, werde behauptet.

In Europa kein Missbrauch feststellbar

Andere europäische Länder wie England und die Niederlande hätten gute Erfahrungen gemacht. Ein Missbrauch könne in Europa nicht festgestellt werden. Meller-Hannich bezweifelt außerdem, dass sich eine "Insellösung" in Deutschland durchhalten lasse. Sie plädiert dafür, dass es bei mittleren und großen Schäden, wie jetzt bei der Diesel-Krise oder bei Aktionärsklagen, eine bessere Möglichkeit der Bündelung von Verfahren geben sollte.
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