Pixars "Cars 3"

"Wir wollten noch einmal in diese Welt reisen"

Das sprechende Rennauto Lightning McQueen in der Zeichentrickkomödie "Cars" (Filmszene). Der Familienfilm über das sprechende Rennauto von Disney-Pixar behauptet sich an der Spitze der US-Kinocharts. Nach vorläufigen Studioangaben vom 19.06.2006 fuhr er umgerechnet 24,6 Millionen Euro ein
Autonome Autos gibt es bislang nur in "Cars" von Pixar. Hier der Rennwagen Ligthning McQueen. © picture alliance/dpa/Keystone Disney/Pixar
Kevin Reher und Brian Fee im Gespräch mit Susanne Burg · 23.09.2017
Lightning McQueen ist der rote Rennwagen, der die Hauptfigur im Pixar-Film "Cars" ist. Der erste Teil war ein Erfolg, der zweite floppte - und nun kommt "Cars 3" in die Kinos. Regisseur Brian Fee und Produzent Kevin Reher darüber, warum sie trotzdem keine Angst haben.
Susanne Burg: Lightning McQueen ist inzwischen kein Newcomer mehr. Er ist älter geworden und findet sich auf der Rennpiste umgeben von einer jungen Generation blitzschneller Rennwagen wieder. Lightning McQueen muss sehen, wie er mit dieser neuen Generation umgeht. Ich habe zwei der Macher von Cars 3 gesprochen: den Regisseur Brian Fee und den Produzenten Kevin Reher. Und Kevin Reher habe ich auf, ja, das große Risiko von Sequels angesprochen. Denn immer wieder floppen sie inzwischen. Ich wollte wissen, wie viel von diesem Druck die Produzenten verspürt haben bei Cars 3.
Kevin Reher: Wir befinden uns seit sechs Jahren auf dieser Reise und dachten überhaupt nicht an Ermüdungserscheinungen von Sequels. Wir wollten einfach unsere Idee verfolgen: Wo steht der Athlet Lightning McQueen aus dem ersten Film zehn Jahre später? Wir wollten einfach noch einmal in diese Welt reisen und hoffen jetzt, dass das Ergebnis dem Publikum gefällt.
Susanne Burg: Sie haben gesagt, es geht um einen Athleten, der älter wird, der dem Ende seiner Karriere näher kommt, in diesem Fall ist das ein Rennfahrer. Sie haben bei den Recherchen mit vielen Sportlern gesprochen. Was haben die Ihnen erzählt?
Brian Fee: Sportler haben eine Sache gemeinsam: Ihre Körper nähern sich dem Verfallsdatum schneller als die von uns normalen Leuten. Wir können weiter unserer Arbeit nachgehen, bis wir lahme Säcke im Bürostuhl sind, aber Sportler wie Jeff Gordon, ein amerikanischer Rennfahrer, ist jetzt über 40, und er sagte uns, er habe nach seiner Karriere noch sein halbes Leben vor sich. Aber das einzige, wovon er aber Ahnung habe, sei Rennen zu fahren. Und seine größte Angst ist es, niemals auf irgendeinem anderen Gebiet wirklich gut zu sein. Das ist eine ernstzunehmende Befürchtung für jemanden, der noch sein halbes Leben vor sich hat. Das war ein wertvoller Ausgangspunkt für uns.
Susanne Burg: Das haben Sie dann auf Cars 3 übertragen. Lightning McQueen fährt noch Rennen, und er fragt sich: "Welche Trainingsmethoden muss ich anwenden, um mit all diesen neuen, jungen Autos mithalten zu können?" Bei Autorennen scheint es, als hätte vieles mit neuen Technologien zu tun, mit Simulatoren und so weiter. Gibt es wirklich alternative Trainingsmethoden?

Autos so wirken zu lassen, als könnte es sie wirklich geben

Brian Fee: Das ist schon der aktuelle Stand des Sports. Die jungen Fahrer gehören zur High-Tech-Generation und verbringen tatsächlich mehr Zeit in Simulatoren als auf der eigentlichen Rennstrecke. Wir dachten, dass die Generation von McQueen keinen Bezug mehr dazu haben würde, aber natürlich ist das alles eine Entwicklung, zu der auch die älteren beigetragen haben. Wir bringen das also alles zusammen und schicken McQueen auf eine Reise, um seine Probleme zu lösen. Aber auch er kann die Uhr natürlich nicht zurückdrehen. Das ist sein Kampf: wie kommt er damit klar, dass der Moment kommen wird, wenn er keine Rennen mehr fahren kann?
Susanne Burg: Ja, er muss ja gegen diese jungen Autos antreten, die sich mit den neuen Techniken auskennen. Wie haben Sie das visuell umgesetzt? Welche Gedanken sind da eingeflossen, als Sie diese Autos entworfen haben?
Kevin Reher: Wir haben McQueens jungen Kontrahenten, Jackson Storm, so gestaltet, dass er vollkommen anders aussieht als McQueen, dass man denkt: "Oh mein Gott, McQueen, du hast allen Grund nervös zu sein und dir Sorgen zu machen! Dieser Typ ist sexy und kämpferisch."
Brian Fee: Wenn man sich McQueen so als den schlanken Läufer-Typen vorstellt, dann wollten wir Jackson im Gegensatz dazu als Muskelpaket darstellen. Er steht neben McQueen und ist pure Energie. Wir versuchen, McQueen im Vergleich alt aussehen zu lassen. McQueen hat ganz klassische Formen, darum haben wir uns für Jackson Storm eine Reihe moderner Autos angesehen, Hochleistungswagen. Wir wollten, dass er wirkt wie eine Mischung aus Bulldogge und Hai.
Susanne Burg: Sie haben gerade gesagt, Jackson Storm sollte wie ein Muskelpaket aussehen. Das ist ja schon eine Herausforderung, diese Autos so wirken zu lassen, als könnte es sie wirklich geben, sie aber gleichzeitig auch als Figuren zum Leben zu erwecken. Ich habe gelesen, dass Cruz Ramirez, der neuen Trainerin von McQueen, alleine ihren Mund auf 216 verschiedene Arten und Weisen bewegen kann. Wo liegen die Herausforderungen, diese Autos menschlich aussehen zu lassen?
Brian Fee: Die Animateure sind wirklich gut…
Kevin Reher: Ja, wir versuchen nicht, sie menschlich zu machen, aber wir möchten, dass die Leute merken, dass es richtige Persönlichkeiten sind mit Gefühlen, die meistens über die Augen und den Mund vermittelt werden. Sie haben ja keine Hände, können also auch nicht gestikulieren.
Brian Fee: Es gibt schon ein bisschen Körpersprache, durch leichte Bewegungen. Aber wir wollten das Metall nicht allzu sehr verbiegen. Wir respektieren die Tatsache, dass sie aus Metall bestehen. Das war eine Herausforderung für die Animateure, weil sie aus weniger mehr machen mussten. Zum Vergleich: Bei dem Pixar-Film "Die Unglaublichen – The Incredibles" hat eine der menschlichen Figuren mehr Bewegungsmöglichkeiten im Gesicht als eine Auto-Figur aus Cars im ganzen Körper. Die Animateure in Cars mussten also den Ausdruck mit viel weniger Animationspunkten hinbekommen. Andererseits vereinfacht das auch die Dinge. Als sie sich erstmal daran gewöhnt hatten, wurden sie richtig gut darin, effizient vorzugehen.
Susanne Burg: Kevin, Sie müssen auf das Budget achten. In einem Spielfilm hieße das zum Beispiel zu fragen, ob der Hubschrauberflug oder die Explosion wirklich nötig sind. Bei einem Animationsfilm sind die Herausforderungen anders gelagert. Was waren hier die Szenen oder Effekte, bei denen Sie ins Schwitzen gerieten?

Was ist so kompliziert an Matsch?

Kevin Reher: Schlamm. Eindeutig Schlamm. Wissen Sie, unser Zeitplan wurde um ein Jahr verkürzt. Dadurch war Geld gar nicht so sehr das größte Problem, sondern eher Zeit. Die Computer-Animationstechnik hat sich stark weiterentwickelt, aber Matsch ist schwierig. Wir haben den Animateuren gesagt, dass es eine Szene gibt, die in einer Schlammgrube bei einem Crash-Rennen spielt. Und es war eine Herausforderung. Ich musste immer lachen, wenn ich auf meinen Kalender geguckt und gesehen habe, dass wir um eins ein Schlamm-Meeting haben. Wir sind dann dahin gegangen und sie haben uns erst lauter Referenz-Fotos gezeigt, und dann, was sie mit der Computer-Animation machen können. Wahrscheinlich sind zwei Drittel unseres Effekte-Budgets darein geflossen, herauszufinden, wie man am besten den Schlamm beim Crash-Rennen darstellt.
Susanne Burg: Was ist so kompliziert an Matsch?
Kevin Reher: Er ist glitschig, er bewegt sich, es gibt trockenen Schlamm, festen Schlamm, nassen Schlamm, schleimigen Schlamm, rutschenden Schlamm, alles Mögliche. Alles, was sich bewegt, ist bei der Computer-Animation teuer. Früher waren zum Beispiel Dinge wie Sulleys Fell bei der Monster AG praktisch handgemacht. Jetzt war das Ziel, all das stärker automatisiert herstellen zu können, und den Schlamm gleichzeitig möglichst lebendig wirken zu lassen.
Brian Fee: Der Schlamm musste ja auch mit den Figuren interagieren. Da ist nicht einfach nur Matsch im Hintergrund. Wenn man zum Beispiel einen See im Bild hat, dann sind da vielleicht ein paar kleine Wellen, ein bisschen Wind auf der Oberfläche, das ist relativ einfach zu machen. Es muss nicht mit irgendetwas anderem interagieren. Aber wenn eine Figur durch Schlamm fährt, dann bleibt da ein Abdruck, eine Reifenspur, die sich dann langsam wieder mit wässrigem Schlamm füllt. Es gibt also eine endlose Abfolge von Dingen, die passieren muss mit dem Schlamm. Und wenn es nicht so passiert, sieht es nicht echt aus, nicht richtig. Man muss da wirklich an sehr viel denken und herausfinden, wie es geht.
Susanne Burg: Brian, Sie haben bei Cars I und II als Story-Artist mitgearbeitet, Sie sind also sehr vertraut mit dem Cars-Universum. Das ist jetzt Ihr Debut als Regisseur. Was waren die Herausforderungen dieses neuen Jobs, abgesehen vom Schlamm?
Brian Fee: (lacht) Zum Glück war der Matsch ja gar nicht meine Herausforderung, sondern die der Effekte-Abteilung…
Kevin Reher: Du musstest das nur abnehmen.
Brian Fee: Die größte Herausforderung war für mich die Geschichte. Das ist immer so. Alles muss der Story dienen. Ich muss die beste Art finden, die Geschichte zu erzählen, das Tempo bestimmen, wann es lustig ist, wann es ernst wird, wie man mit einzelnen Momenten umgeht, ich muss mit den Autoren zusammenarbeiten und mit ihnen die Geschichte basteln… Ich habe vorher noch bei keinem Film Regie geführt. Ich wusste also nicht unbedingt, wie man all die anderen Abteilungen zusammenbringt, die an so einer Produktion beteiligt sind. Und trotzdem war das schwierigste, die Story-Probleme zu lösen.
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