Peter-Behrens-Bau in Frankfurt am Main

Kathedrale des Lichts

Ein Blick in den Peter-Behrens-Bau, aufgenommen am 13.09.2014 in Frankfurt am Main.
Der Peter-Behrens-Bau in Frankfurt: Bis heute wird in dem Verwaltungsgebäude auch gearbeitet. © picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Von Ludger Fittkau · 05.04.2018
Ein kathedral-artiger Kuppelsaal, grelle Spektralfarbtöne, Wandelgänge satt langer Flure: In den 1920er-Jahren schuf der Designer Peter Behrens für die Farbwerke Hoechst ein beeindruckendes Verwaltungsgebäude. Ein Denkmal, das Architekturfans aus der ganzen Welt anzieht.
Ein Rollwagen mit Scheinwerfern bollert durch die Kuppelhalle des Behrensbaus im Industriepark Hoechst in Frankfurt am Main. Es laufen die Vorbereitungen für die Luminale, ein Lichtkunstfest. diesem Ereignis wird die "Kathedrale des Lichts", wie die von mächtigen, farbigen Ziegelstein-Pfeilern getragene Halle mit riesigen Glaskuppeln an der Decke trefflich genannt wird, noch einmal zusätzlich in künstliches Licht getaucht.
"Der Bau wurde 1924 eröffnet. Da waren hier ja die Hoechster Farbwerke. Und Peter Behrens hat ganz bewusst Farbigkeit als ganz wichtiges Element hier in diesem Bau einbezogen. Man sieht hier ganz unterschiedliche Farbabstufungen. Blau und Rot, das ist alleine schon sehr beeindruckend. Ganz abgesehen von der nach oben zulaufenden Form ist einfach die Farbigkeit, die auch in jedem Stückwerk anders ist, was ganz besonderes."

Sagt Kirsten Meyer von der Firma Infraserv Hoechst, der Firma, die das Frankfurter Chemieareal mit 22.000 Arbeitsplätzen betreibt. Kirsten Meyer hat in der dritten Etage des vierstöckigen Behrensbaus ihren Arbeitsplatz und führt mich durch das Gebäude:
"Das ist ein Gebäude, in dem gearbeitet wird. Es ist ein Industriedenkmal, es ist Teil der Route der Industriekultur im Rhein-Main-Gebiet. Das zeigen wir auch der Öffentlichkeit gerne. Wir machen Veranstaltungen, wir machen schon was mit dem Peter-Behrens-Bau. Aber es ist eigentlich unser Arbeitsplatz und es ist schön, hier täglich zu arbeiten."
Das Herzstück des Peter-Behrens-Baus: der Kuppelsaal
Das Herzstück des Peter-Behrens-Baus: der Kuppelsaal© picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen

Jedes Detail ist durchgestaltet

Das kann man sehr gut verstehen. Denn es sind keine dezenten Farben, in denen der kathedral-artige Kuppelsaal von rund 40 Metern Höhe gestaltet ist. Sondern es sind zum Teil grelle Spektralfarbtöne wie grün, blau, rot und gelb, die den Raum bestimmen. Der Expressionismus war die Kunstform, die den Künstler, Architekten und Designer Peter Behrens am Beginn der 20er-Jahre bei der Gestaltung des "Technischen Verwaltungsgebäudes" der Farbwerke Hoechst stark beeinflusste.
"Peter Behrens war ja auch Designer. Und er hat wirklich jedes Detail durchgestaltet hier im Haus. Bis hin zu den Türklinken. Aber auch die Lampen, die man überall sieht. Zum Beispiel in der Kuppelhalle und in der Ausstellungshalle haben sie eine kristalline Form, die sehen wirklich aus wie ein Kristall. Das als Reminiszenz an die Chemiewerke, die hier damals waren. Also die Chemie, die hergestellt wurde. Wir haben Farbe und Chemie, sozusagen. Man entdeckt immer wieder neue Details und merkt eben, mit wie viel Liebe zum Detail er dieses Gebäude er gestaltet hat."

Wollen sie mit dem Paternoster fahren, fragt Kirsten Meyer. Klar, will ich. In einem Seitentrakt neben der Kuppelhalle rattert einer der beiden seit 1924 laufenden Aufzüge, die ebenfalls Peter Behrens selbst bis ins Detail gestaltet hat.
"Man muss relativ schnell einsteigen, weil den Paternoster, ich mache es mal vor, zeichnet es aus, dass er nicht anhält."
"Ich gehe mal mit rein. So, wir sind jetzt in diesen Paternoster, er hält nicht an, klar. Wir fahren in die nächsten Etagen. Auch hier jedes Detail, die Uhr, eine wunderbare, in diesem modernen Jugendstil gestaltete Uhr. Das ist eben kein ornamentaler Jugendstil, sondern sehr, sehr modern."
"Genau. Sehr modern, aber inzwischen auch unter Denkmalschutz gestellt, aber ein sehr, sehr schöner Stil."
"Jetzt müssen wir raus."
"Ja, sonst fahren wir nochmal eine Ehrenrunde hier oben durch den Dachboden."
"So wir haben es geschafft."
"Sehr gut, überstanden!"
Im dritten Stock des Behrensbaues treten wir noch einmal an eine Raumöffnung, die wieder den Blick in den Kuppelsaal freigibt. Kirsten Meyer weist darauf hin, dass die Deckenhöhen der einzelnen Stockwerke nach oben hin immer niedriger und selbst die Lampen in den Wandelgängen an der Seiten der Kuppelhalle kleiner werden:
"Man sieht, dass das Ganze sich ein bisschen verjüngt nach oben und das auch die Stockwerke nach oben hin etwas niedriger werden nach oben hin. Wir gehen gleich nochmal in den vierten Stock, wenn man hier unten in der Kuppelhalle steht, kann man sich gar nicht vorstellen, wie niedrig da die Decken sind. Aber das ist eben auch, um diese Kathedral-Anmutung zu erzeugen ein schöner Kunstgriff von Herrn Behrens."
Blick in den Peter-Behrens-Bau in Frankfurt Höchst
Blick in den Peter-Behrens-Bau in Frankfurt Höchst© dpa/picture alliance/Fredrik von Erichsen

Viel Glas und viel Licht

Durch ein enges Treppenhaus geht es nun in den obersten, vierten Stock des Baus. Die Fenster, durch die man hier herunterschaut, sind schon fast Luken. Oben dann sind die riesigen Glaskuppeln, die das Tageslicht in den Saal lassen, schon zum Greifen nahe.
"Sieht so ein bisschen aus wie die ganzen Tiffany-Glashäuser, die wir früher gebaut haben, die Glaskuppel."
"Die Verbindungsstücke sind aus Metall, aus Metallfassungen oder Holz. Man kann es gar nicht genau sehen."
Über das Treppenhaus führt mich Kirsten Meyer zurück ins Erdgeschoss und in einen geräumigen Veranstaltungssaal, der gleich hinter dem Kuppelsaal liegt. Auch dieser Raum ist von Peter Behrens gestaltet und vor einigen Jahren in seinen grell-farbigen Originalzustand zurückversetzt worden, nachdem er zwischenzeitlich für die Hoechst AG als Telefonzentrale diente. Eine mehrere Meter große Bronzeskulptur am Rande des Raumes zieht die Blicke an:
"Ein kräftiger Mann, der so eine Art Overall trägt und sich den Ärmel hochkrempelt. Das Ganze sollte symbolisieren so eine Art Aufbruch aber auch eine Ehrung des einfachen Arbeiters, sage ich mal. Peter Behrens war das wichtig. Es war ja auch ein Gebäude, in dem gearbeitet wurde. Es war nicht das Vorstandsgebäude. Und es war ja auch eine Zeit, Anfang der 20er-Jahre, hier war französische Verwaltung. Es war nicht so einfach auch wirtschaftlich. Und das sollte wohl Mut machen, vor allem Aufbruch signalisieren."

Die letzte Station des Rundgangs ist der Blick von außen auf den Behrens-Bau. Ein Glockenturm und eine markante Bogenbrücke über die Werksstraße bestimmen die Fassade, die auch jahrzehntelang das Logo der längst aufgelösten Farbwerke Hoechst war. Von außen wirkt der Klinkerbau ein wenig festungsartig. Kirsten Meyer nickt:
"Es erinnert wirklich an eine Burg, wenn man erst mal reinkommt. Und auch wenn man in den Eingangsbereich kommt, der ja so ein bisschen gedrängter und dunkler ist und dann kommt man eben in die Kathedrale des Lichts. Das ist sehr beeindruckend. Man sieht auch, dass das Gebäude eine Biegung hat. Zum einen wollte Peter Behrens keine langen Behördengänge schaffen, zum anderen folgt es wohl der Verlauf der Mainzer Landstraße, der damaligen."
Wo vor knapp 100 Jahren noch die öffentlich Hauptstraße von Frankfurt am Main nach Mainz verlief, ist jetzt das längst abgesperrte Chemieareal. Doch um den Behrens-Bau zu sehen, nehmen immer wieder Architekturfans aus der ganzen Welt die Sicherheitsüberprüfungen auf sich, die man über sich ergehen lassen muss, bevor man hier hineingelangt.
"Peter Behrens ist einer der deutschen Architekten, der tatsächlich sehr bekannt sind, weltweit. Und der Peter-Behrens-Bau ist natürlich einer seiner spektakulären Werke, wir haben hier sehr, sehr viele Anfragen aus der ganzen Welt und versuchen das natürlich zu ermöglichen, soweit wir können."
In der in ihren Originalzustand zurück versetzten Ausstellungshalle im Peter-Behrens-Bau im Industriepark Höchst.
Die Ausstellungshalle im Peter-Behrens-Bau wurde vor einigen Jahren wieder in den Originalzustand zurück versetzt.© picture-alliance/ dpa / Uwe Anspach
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