Penderecki dirigiert eigenes Werk

18.04.2011
"Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben … Mein derzeitiges Schaffen ist eine Synthese." (Krzysztof Penderecki)
Pendereckis Lukaspassion ("Passio et mors Domini nostri Jesu Christi secundum Lucam") wurde am 30. März 1966 im Dom zu Münster uraufgeführt. Nicht zuletzt aufgrund ihres Erfolges avancierte der damals 32-Jährige zu einem der populärsten Komponisten seiner Generation. Trotzdem – oder gerade deswegen - wurde er immer wieder wegen seines neoromantischen und eklektizistischen Stils kritisiert. Der polnische Komponist widersprach dem u.a. 1987 in einem "Spiegel"-Interview: "

Ich wehre mich als Komponist einfach dagegen, dass die Musik immer komplizierter wird. Es wird immer Verstiegeneres ausprobiert und immer differenzierter experimentiert. Tatsächlich aber geht es in der Musik – wie in der ganzen Kulturgeschichte – zickzack. Mal kommt eine Rückbesinnung, dann treten neue Schulen auf den Plan und stoßen alles um, dann schließt sich wieder eine Zeit des Rückgriffs auf Traditionen an. In genau diesem Rhythmus arbeite ich auch."

2005 sagt er dann in einem Interview mit Guy Wagner: "Ende1950/Anfang1960, als ich dachte: Ich muss alles vergessen, was ich gelernt habe, …war bereits das Gefühl da, dass die Musik ein Kontinuum ist und dass man nicht weiterkommt, ohne zurückzublicken. 1962, mit ‚Fluorescences’, war eigentlich schon alles zerstört: Spielweise, Form, das Orchester als solches, sie alle schienen schon vergessen zu sein. Doch nur zwei Monate später habe ich Stabat Mater komponiert, wo ich zurückgehe auf die Renaissance-Polyphonie, die alten Niederländer, und man spürt doch, glaube ich, diese Technik, und gerade das ist irgendwie immer in mir geblieben: Etwas Neues suchen, aber als Basis verwurzelt sein in einer Vergangenheit und einer Geschichte. Anderes Beispiel: die Lukas-Passion. Sie war wirklich ganz neu, aber ohne die Passionen von Bach hätte ich sie nie schreiben können."

Angesichts dieses offenen Traditionsbezuges mag es kaum überraschen, dass Penderecki bereits im Eingangschor seiner Lukas-Passion deutlich hörbar das
B-A-C-H-Motiv anklingen lässt, welches sich anschließend in allen erdenklichen Abwandlungen wie eine Art Leitklang und Hommage durch die gesamte Partitur zieht. Weiterhin knüpfte der polnische Komponist hinsichtlich der zweiteiligen Großform an das Schaffen des großen Barockmeisters an.
(nach Harald Hodeige, Programmheft der Dresdner Philharmonie, 26.3.2011)
www.dresdnerphilharmonie.de



Kulturpalast Dresden
Aufzeichnung vom 26.3.11


Krzysztof Penderecki
Lukas-Passion
(Passio et mors Domini Nostri Jesu Christi secundum Lucam)


Sandra Trattnigg, Sopran
Artur Rucinski, Bariton
Tomasz Konieczny, Bassbariton
Ahmad Mesgarha, Sprecher
MDR Rundfunkchor Leipzig
Philharmonischer Kinderchor Dresden
Dresdner Philharmonie
Leitung: Krzysztof Penderecki