Panamerikanische Konferenz

Hehre Ziele, magere Ergebnisse

Das Gebäude der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington, die aus Panamerika-Konferenzen hervorgegangen ist.
Das Gebäude der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington, die aus Panamerika-Konferenzen hervorgegangen ist. © AFP / Karen Bleier
Von Matthias Bertsch · 02.10.2014
Am 2. Oktober 1889 begann in Washington die erste Panamerikanische Konferenz. Die USA zeichneten ein hehres Bild der Ziele des Zusammentreffens. Von der Gleichheit aller Teilnehmerstaaten war die Rede - und von Wohlstand in ganz "Panamerika".
"Im Namen der Regierung der Vereinigten Staaten heiße ich jeden von Ihnen willkommen. Niemals zuvor hat eine Konferenz von Nationen stattgefunden, bei der es um den Wohlstand eines so riesigen Territoriums geht und die solch große Möglichkeiten in der Zukunft vor sich hat."
Als der US-amerikanische Außenminister James Blaine am 2. Oktober 1889 in Washington die erste Panamerikanische Konferenz eröffnete, betonte er in seiner Ansprache an die Delegierten vor allem die hehren Ziele des Treffens.
"Sie können der Welt zeigen, was eine ehrenwerte und friedliche Konferenz 18 unabhängiger amerikanischer Mächte ist, in der alle in vollkommener Gleichheit auftreten: eine Konferenz, die den Geist der Eroberung nicht dulden wird, sondern die danach strebt, eine Sympathie zwischen den Amerikanern zu schaffen, die so groß ist wie die beiden Kontinente."
Wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund
Die zentralen Inhalte der Konferenz waren wirtschaftlicher Natur: Es wurde über eine Zoll- und Währungsunion zwischen den USA und Lateinamerika diskutiert, über den Ausbau der Bahn- und Schiffsverbindungen zwischen den Kontinenten und nicht zuletzt über die Schaffung eines Schiedsgerichtshofes bei interamerikanischen Streitfragen. Doch bevor die Delegierten mit der eigentlichen Arbeit begannen, nahmen sie an einer sechswöchigen Rundreise durch den Nordosten und den mittleren Westen der USA teil. Sie wurden in einem Luxuszug von Fabrik zu Fabrik gefahren, wo ihnen der Wohlstand und die hohe Produktivität der Gastgeber vor Augen geführt wurden.
Die Lateinamerikaner sollten durch die Reise sowie durch die gesamte Konferenz beeindruckt und korrumpiert werden, war José Martí überzeugt. Der kubanische Schriftsteller und Unabhängigkeitskämpfer lebte seit vielen Jahren in New York und berichtete unter anderem für die argentinische Zeitung "La Nación" über die Konferenz. In seinem ersten Artikel schrieb er:
"Seit der Unabhängigkeit bis heute gab es kein Thema, das mehr untersucht werden müsste, als die Einladung der Vereinigten Staaten zur Panamerikanischen Konferenz. Die Wahrheit ist, dass es an der Zeit ist, dass die Hispano-Amerikaner ihre zweite Unabhängigkeit erklären."
Unterschiedliche Ideen des Panamerikanismus
Martí, der zugleich als Konsul Uruguays in New York tätig war, versuchte, über seine Artikel und seine Kontakte zu den lateinamerikanischen Delegierten, diese dazu zu bewegen, sich den USA zu widersetzen. Martí stand in der Tradition des südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfers Simón Bolívar, der bereits 1826 zu einem Panamerikanischen Kongress eingeladen hatte, um einen Zusammenschluss der ehemals spanischen Kolonien zu den Vereinten Staaten von Südamerika zu erreichen. Die USA dagegen vertraten eine andere Idee des Panamerikanismus, betont Nikolaus Böttcher vom Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin. Sie sahen ihre Vorherrschaft in Amerika auch religiös begründet und bezogen sich dabei auf den Begriff des "manifest destiny", den der Journalist John Sullivan in einem Artikel bereits 1845 geprägt hatte.
"In diesem argumentiert Sullivan, dass es das offensichtliche Schicksal der Vereinigten Staaten sei, Hegemonie auf amerikanischem Boden auszuüben aufgrund der Überlegenheit, also der angeblichen Überlegenheit der weißen protestantischen Gesellschaft in den Vereinigten Staaten gegenüber dem unterlegenen katholischen Rest des Kontinentes, sprich ganz Lateinamerika."
Magere Ergebnisse
Am 19. April 1890 endete die erste Panamerikanische Konferenz mit, im Vergleich zu den hehren Zielen, mageren Ergebnissen. Zwar wurde der Bau einer transkontinentalen Eisenbahn beschlossen und einige andere Empfehlungen festgehalten, doch zentrale Punkte wie die Schaffung des Schiedsgerichtshofes und einer gemeinsamen Währung fanden keine Mehrheiten. Auch die drei Folgekonferenzen, die bis zum Ersten Weltkrieg stattfanden, blieben weitgehend ergebnislos. Neben den sehr unterschiedlichen Interessen der lateinamerikanischen Länder lag das vor allem an den USA, denen es letztlich darum ging, mithilfe des Panamerikanismus ihre eigenen Interessen zu festigen - mit wirtschaftlichen oder militärischen Mitteln wie im spanisch-amerikanischen Krieg, bei dem die USA Kuba, Puerto Rico und die Philippinen zwar von der Kolonialmacht Spanien befreiten, doch nach dem Sieg die Herrschaft auf den Inseln für sich beanspruchten.
"Ich glaube, dass spätestens mit 1898 und diesem spanischen-amerikanischen Krieg, bei dem es ja eigentlich um Kuba geht, und Kuba erstaunlicherweise oder bezeichnenderweise gar nicht im Namen dieses Krieges auftaucht, dass hier die USA für den Rest Amerikas vermeintlich ihr wahres Gesicht gezeigt hat, sodass man, glaube ich, ab diesem Zeitpunkt wenig Hoffnung auf so etwas wie eine panamerikanische Idee gehabt hat."