Panama Papers

Wie funktioniert eine Briefkastenfirma?

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Briefkästen im Eingangsbereich vom Studentenwohnheim Agnes-/Adelheidstraße in München © picture alliance / dpa / Matthias Balk
Von Brigitte Scholtes  · 04.04.2016
Eine sogenannte Briefkastenfirma zu gründen ist zunächst einmal nichts verbotenes. Doch in vielen Fällen ist das Ziel, etwas zu verstecken oder zu verschleiern. Zum Beispiel Marktmanipulationen, Insiderhandel, Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Ein Erklärstück.

Was ist eine Briefkastenfirma?

Eine solche Firma ist ein Unternehmen, das seinen rechtlichen Sitz nicht an dem Ort hat, wo die Verwaltung ist, also wo die eigentlichen Geschäfte abgewickelt werden, sondern "offshore", also eben an einem anderen Ort. Am rechtlichen Sitz gibt es tatsächlich nur ein Postfach oder einen Briefkasten – daher die Bezeichnung. Bei der Gründung muss der Name des Eigentümers nicht angegeben werden, erklärt Markus Meinzer vom Tax Justice Network, dem Netzwerk Steuergerechtigkeit:
"Fortan kann diese Firma dann ein Konto eröffnen bei einer Bank. Die Bank vertraut dann ganz offiziell und legal auf die Kundensorgfaltspflichten der Anwaltspflichten, die diese Firma gegründet hat, sodass sie die Identität dessen, der die Firma besitzt, nicht nochmal kontrolliert. Und dann hat man ein Konto auf den Namen einer Firma. Dieses Konto kann eine Kreditkarte ausgeben, wo keine Namen auftauchen. Und diese Kreditkarte kann dann von demjenigen, der diese Firma aufgesetzt hat, verwendet werden, um das Geld zu benutzen."
Diese Gelder wiederum werden dann etwa über eigene Rechnungen über angeblich erbrachte Dienstleitungen oder aus Aktiengeschäften auf das Konto überwiesen.

Ist die Gründung einer solchen Firma legal?

Die Gründung einer Briefkastenfirma ist zunächst einmal nicht illegal. Man muss aber fragen, wie legal oder legitim eine solche Firma sein kann, meint Meinzer:
"Alles, was Sie mit einer Briefkastenfirma tun können, was mit recht und Anstand abläuft, können Sie auch mit einer ganz normalen, herkömmlichen, im jeweiligen Land sich befindlichen Firma erreichen. Darum liegt der Schluss nah: Wenn ich diese Schritte, diese aufwändigen Schritte der Geheimhaltung, der Verschleierung gehe über Schattendirektoren, Strohmänner, über Anwaltsfirmen und fiktive Firmen, dann habe ich etwas zu verstecken und der Schluss liegt nahe, dass man hier nicht aus Gefallen und Freude über zusätzlichen bürokratischen Aufwand diesen Schritt gehe, sondern weil man etwas verstecken möchte."
Und das können alle möglichen illegalen oder illegitimen Geschäfte sein, seien es Marktmanipulationen, Insiderhandel, Geldwäsche oder Steuerhinterziehung.

Welche Rolle spielen Banken in diesem Zusammenhang?

Ohne Banken würden Briefkastenfirmen nicht funktionieren, erklärt Steuerexperte Meinzer:
"Sie sind es, die diese Geschäftsverbindungen erst herstellen, und sie sind es, die hier ganz schamlos in den letzten Jahren mittels dieser Konstrukte ihren Kunden diese Möglichkeiten eingeräumt haben."
Auch deutsche Banken sollen ja in den "Panama Papers" auftauchen.

Warum finden sich so viele dieser Briefkastenfirmen in Panama?

Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Denn das Bankengesetz dort ist sehr liberal, ebenso die Steuergesetze. Nach lokalem Recht sind viel weniger Steuern auf Gewinne zu entrichten als etwa in Europa. Das hat viele gelockt, vor allem, seitdem die Schweiz das Bankgeheimnis aufgegeben hat. Die Regierung in Panama hat zwar neue Richtlinien erlassen, die OECD hat das mittelamerikanische Land auch von seiner grauen Liste bei der Geldwäschebekämpfung gestrichen. Aber neben Panama gibt es noch genügend weitere Steueroasen wie etwa die britischen Jungferninseln.

Wie kann man gegen solche Briefkastenfirmen vorgehen?

Man müsste die Transparenz erhöhen: Es gibt Vorschläge, dass alle Firmen, die im Handelsregister eingetragen sind, aufdecken müssen, wer sie besitzt oder kontrolliert. Das möchte die Bundesregierung bisher nur bei berechtigtem Interesse zulassen. Doch das genüge nicht, mahnt Steuerexperte Meinzer:
"Es ist ein systematisches, strukturelles Missbrauchsphänomen, mit dem wir es zu tun haben, und Behörden allein, die in den Registern diese Daten überprüfen sollen, werden damit hoffnungslos überfordert sein."
Großbritannien oder die Niederlande haben sich inzwischen zu mehr Transparenz verpflichtet. Das halten Experten auch für den einzigen Weg, solchen Offshore-Systemen beizukommen.
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