Online-Archiv des British Film Institute

Frühe Experimente der Animation

Thirteen Cantos of Hell, directed by Peter King, 1955.
Thirteen Cantos of Hell, directed by Peter King, 1955. © Screenshoot British Film Institute Player
Jez Stewart im Gespräch mit Max Oppel · 12.02.2018
Vom Propaganda-Film zu "Kama Sutra Rides Again". Animation hat in Großbritannien eine lange, wilde Tradition. Das British Film Institute macht nun 300 Filme aus der Zeit 1909 bis 1993 in einem Online-Archiv zugänglich.
"Weltweit hat der Animationsfilm sehr viel früher angefangen als man denkt", berichtet Jez Stewart, Kurator des British Film Institute, das ein für Briten frei zugängliches Online-Archiv mit über 300 britischen Animationsfilmen erstellt hat. "Das fing an mit der so genannten 'Stop-Motion-Technik' – auf deutsch Einzelbildtechnik – bei der wirklich jedes Bild einzeln belichtet wurde und daraus konnte man dann einen Trickfilm oder Zeichentrickfilm machen."
Die Sammlung des British Film Institute umfasst britische Animationsfilme aus der Zeit 1909 bis 1993 - von den frühesten Experimenten der Animation bis zu den spannendsten zeitgenössischen animierten Bewegtbildern.
"Aber es hat gedauert, bis man begonnen hat, eine Art Narrativ in die Filme einzubauen – also eine Erzählstruktur", berichtet Stewart. "Das Spannende ist, dass man erst mit dem Ersten Weltkrieg wirklich mit der Technik gearbeitet hat – nämlich dann auch für den Propagandafilm. Da entstanden die ersten politischen Cartoons." Damals habe man auch Science Fiction mit einer politischen Geschichte verbunden.
Nach dem Ersten Weltkrieg seien dann auch die Animationen aus den USA nach England gekommen mit "Felix the Cat" und "Mikey Mouse", die es der britischen Filmindustrie sehr schwer gemacht hätten gegen diese Konkurrenz anzukommen.
Ende der 50er-Jahre dann habe es in ganz Europa eine Bewegung gegeben, erzählt Jez Stewart. Künstler hätten sich zusammengeschlossen und auch die bis heute bekannten Animationsfestival seien damals gegründet worden. "Aber das Fundament – zumindest in England – war letztlich das kommerzielle Fernsehen, das es erst seit 1955 gab. Da gab es eine große Nachfrage nach Werbung, die ließ sich mit Animationen billiger und schneller herstellen. (…) Damit haben große Künstler wie Bod Godfrey ihr Geld verdient und in ihrer Freizeit ganz andere künstlerische, persönliche Filme gemacht."
"Das Interessante ist, dass man viele Parallelen zwischen heute und der damaligen Zeit erkennt", ergänzt Stewart. Auch heute verdienten Animationskünstler mit Werbung ihr Geld. "Auch kann man sehr viel über Familiengeschichte und lokale Geschichte erfahren. Wenn man sich etwa futuristische Filme aus den 50er-Jahren anschaut, lernt man viel über die Zeit: Was gab es für Hoffnungen? Was gab es für Ängste?"
(sel)
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