Olympia-Attentat 1972

Das Ende des olympischen Friedens

Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (l) und der israelische Generalkonsul Dan Shaham mit dem Entwurf für die Gedenkstätte.
Ort der Erinnerung: Kassenhäuschen, gebaut für die Olympische Spiele 1972 in München © dpa / picture alliance / Andreas Gebert
Von Astrid Mayerle · 22.09.2014
Bis 2016 soll in München ein Erinnerungsort an das Olympia-Attentat von 1972 errichtet werden, bei dem elf israelische Sportler und ein Polizist starben. Das Konzept sollte mehr bieten als nur ein Denkmal. Nun wurde es vorgestellt.
Der prämierte Entwurf reagiert auf die künstliche Hügellandschaft des Olympischen Parks in München. Das Architekturbüro Brückner und Brückner sieht vor, in den damaligen Pressehügel der Spiele 1972 einen von der Seite erkennbaren Schnitt zu setzen und damit einen überdachten Raum für mehrere Besucher oder auch eine größere Gruppe zu schaffen. Die Hügelkuppe bildet das Dach dieses Raums, der mindestens so groß wie ein Klassenzimmer werden soll. Architektin Barbara Holzer, Leiterin der Jury erklärt, warum die Wahl auf das Team Brückner und Brückner fiel:
"Der Entwurf ist einfach und einprägsam. Er arbeitet mit der Topografie, mit der Landschaft des Parks und durch einen Schnitt durch die Hügelgruppe, schafft er ein deutliches Zeichen und eine gute Symbolik. Dieses Einschneiden in diesen Hügel, das schafft einen Raum für die Erinnerung, aber auch einen Raum, der mit der Ausstellung genau zu besetzen ist. Das fanden wir von der Jury ein unglaubliches Angebot für einen solchen Gedenkort."
Der Besucher blickt von diesem Raum aus direkt auf den Ort des Attentats, das heißt, die Architekten stellen auch eine kluge Sichtachse her. Peter Brückner über die symbolische Dimension des Konzepts:
"Für uns war es sehr entscheidend, zu sagen, wir nehmen etwas weg, so wie das Attentat auch viele Dinge weggenommen hat, geben aber ein Stück weit etwas zurück und das ist dieser Raum, der durch das Herausnehmen aus diesem Hügel dann entsteht."
Sanfter, aber dennoch markanter Eingriff
Auch wenn man dieser Symbolik nicht unbedingt folgen möchte: Es ist ein gelungener, weil sanfter aber dennoch markanter Eingriff, der bereits aus einiger Entfernung zu erkennen sein wird. Und was erwartet den Besucher im Innern?
"Was dieses Projekt extrem gut kann, ist, Orte anzubieten, wo man auch mit Medien arbeiten kann, wo man nicht nur mit analogen Materialien arbeitet wie Text und Bild, sondern auch mit Medien, die dann eine ganz andere Vermittlung schaffen und auch Vermittlung im Sinne des ersten Medienspektakels, wie dieses Attentat 1972 auch war."
Inhaltlich soll der Raum drei Funktionen übernehmen, so Kulturreferent der Stadt München, Hans-Georg Küppers bei der Pressekonferenz: Er soll erstens den Opfern, also den elf israelischen Sportlern und dem ermordeten Polizisten ein Gesicht geben, zweitens an die schreckliche Tat erinnern, aber drittens auch die Vor- und Nachgeschichte des Attentats aufarbeiten. In welcher Form all das geschieht, ist noch weitgehend offen. Das Konzept dafür entwickelt ein eigener Kurator.
Das Büro Brückner und Brückner schlägt elf Säulen mit den Namen der Opfer vor, dazu Displays, die über das Leben der Ermordeten informieren. Doch an der Stelle ist noch sehr viel offen, so Barbara Holzer von der Jury:
"Ja, so stellt es sich im Wettbewerb dar, das ist sicher der Anfang eines Denkprozesses, wir waren in der Jury davon überzeugt, dass die Architektur ein gutes Potenzial bietet, diese Ausstellung in sich aufzunehmen und wie sich das nachher ausformuliert, wie die Biografien dargestellt werden, welche Kontexte wie aufgezeigt werden, das, denke ich, wird sich sicher noch ein paarmal ändern, im Laufe der weiteren Planung."
Lebensgeschichten auch auf Arabisch
Das Verfahren, zunächst nur einen Raum unabhängig von seinem konkreten Innenleben zu schaffen, wirkt etwas anachronistisch. Gerade an solch pointierten Orten wie Erinnerungsstätten stehen Inneres und Äußeres in besonders engem Bezug. Hoffentlich ist nicht das Ziel des Freistaats eine öffentliche Diskussion um Konzept und Inhalte der Ausstellung zu umgehen. Noch ist auch ungeklärt, in wie vielen und welchen Sprachen die Lebensgeschichten und die historischen Hintergründe vermittelt werden. Dan Shaham, israelischer Generalkonsul:
"Wir haben über deutsch, englisch und hebräisch gesprochen. Dann kam auch ein Vorschlag der israelischen Architekten für arabisch. Ich finde das sehr wichtig. Arabisch ist auch eine offizielle Sprache in Israel. 20 Prozent der Israeli sind Araber und es ist nicht nur für unsere Staatsbürger, sondern für alle."
Sicher ist ein Erinnerungsort, der die historischen Ereignisse und die Hintergründe des Olympia-Attentats vor allem für eine jüngere Generation nachvollziehbar macht, längst überfällig. Wichtig wäre aber auch - was die Jury ebenfalls diskutierte -, dass gerade ein solcher Ort die Ereignisse von damals mit den Formen gegenwärtigen politischen Terrors in Verbindung setzt.
Mehr zum Thema