Olga Grjasnowa: "Gott ist nicht schüchtern"

Keiner ist davor sicher, morgen ein Flüchtling zu sein

Die Schriftstellerin Olga Grjasnowa bei Deutschlandradio Kultur auf der Leipziger Buchmesse 2017
Die Schriftstellerin Olga Grjasnowa bei Deutschlandradio Kultur auf der Leipziger Buchmesse 2017 © Deutschlandradio / Stefan Fischer
Moderation: Joachim Scholl · 23.03.2017
Der Roman "Gott ist nicht schüchtern" führt mitten hinein in das Elend des Syrien-Krieges. Die Schriftstellerin Olga Grjasnowa erzählt von jungen Menschen, die der Gewalt entkommen wollen. Das Flüchtlingsschicksal könne jeden treffen, sagt sie.
Die Hauptfiguren in dem Roman "Gott ist nicht schüchtern" müssen plötzlich fliehen und ihr ganzes Leben in Syrien von heute auf morgen aufgeben. Ihre ganze bisher erfolgreiche Biographie reduziert sich nur noch auf das Schicksal, ein Flüchtling zu sein.
"Auch Amal und Hammoudi haben jemals damit gerechnet, dass sie nächstes Jahr schon Flüchtlinge in Europa sind", sagte die Schriftstellerin Olga Grjasnowa im Deutschlandradio Kultur über die zentralen Figuren ihres Buches. Das könne jedem passieren, sagt die Autorin. Ihre Protagonisten hätten lange für ein erfolgreiches Leben gearbeitet und plötzlich sei nichts mehr übrig davon. "Ich glaube, das ist etwas, wovor keiner wirlich sicher ist."

Parallelen bei den Emotionen

Inspiriert wurde die Schriftstellerin durch das Schicksal ihres eigenen Ehemanns, der aus Syrien stammt. Er sei 2013 nach Europa gekommen und musste dann in Berlin bleiben. Nach und nach seien viele Familienmitglieder und Freunde nachgekommen. "Diese ganzen Geschichten haben mich so beeinflusst, dass ich dann irgendwann doch dachte, ich muss es vielleicht aufschreiben." Verwoben in die Erzählung sei auch die Fluchtgeschichte ihrer Großmutter, bei der Olga Grjasnowa aufgewachsen ist. Dabei habe es zwar keine geschichtlichen Parallelen gegeben, aber sehr wohl eine Parallele bei den Emotionen und der gleichen Hoffnungslosigkeit.
Olga Grjasnowa wurde 1984 in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku geboren und kam mit elf Jahren als jüdischer Kontingentflüchtling nach Deutschland. Für ihren vielbeachteten Debütroman "Der Russe ist einer, der Birken liebt" wurde sie mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und dem Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien 2014 "Die juristische Unschärfe einer Ehe". Beide Romane wurden für die Bühne dramatisiert. Olga Grjasnowa lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Olga Grjasnowa, Gott ist nicht schüchtern
Aufbau, 309 Seiten, 22 Euro

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