Obama-Besuch

Ausnahmezustand in Hannover

Drei Arbeiter in grünen Warnwesten mit der Aufschrift "Presse" arbeiten an dem fast komplett aufgerollten Teppich. Einer fegt Schneegraupel weg.
Drei Arbeiter rollen auf dem Flughafen Hannover einen roten Teppich für Obama aus © Peter Steffen / dpa
Von Alexander Budde  · 24.04.2016
Versiegelte Gullideckel und bloß nicht winken: US-Präsident Barack Obama ist auf dem Weg nach Hannover und die Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Und es hat sich auch bereits ein ganz besonderes Empfangskomitee bereitgestellt.
Die Präsidentenmaschine Air Force One im Anflug auf Hannover: Auf diesen Moment haben die Planespotter, die "Flugzeugspäher", lange gewartet. Das Beobachten und Fotografieren von Flugzeugen ist ihr Hobby, für eine gute Sicht klettern sie auf Hügel, laufen kilometerweit.
"Wir hoffen, dass es irgendwo 'ne Lücke gibt, wo man Fotos machen kann."
"Wir sind noch guten Mutes! Also, ich hoffe noch, dass wir sie alle ablichten können!"
Das Problem: Der Bereich um den Flughafen ist weitreichend abgesperrt, am Himmel herrscht ein Flugverbot für Drohnenpiloten und Freizeitflieger. Obama kommt – und das sonst so beschauliche Hannover befindet sich seit Tagen im Ausnahmezustand.
Tausende Polizisten wurden aus dem Bundesgebiet herangezogen, Gullideckel versiegelt, Papierkörbe abmontiert. Das Congress Zentrum im Zooviertel und Obamas Hotel, an einem See etwas außerhalb gelegen, sind streng gesicherte Zonen. Wer dort wohnt, muss Kontrollposten passieren, private Besucher anmelden, Spürhunde schnüffeln an Autos. Bloß nicht winken, wenn Obama mit seiner Kolonne vorbeifährt, rät die Polizei in Abstimmung mit den Amerikanern. Die Bewohner der Leinestadt nehmen all dies mit nordischer Gelassenheit zur Kenntnis – aber man wundert sich schon:
"Jetzt drei oder vier Jahre, wo Herr Putin hier war, zurückdenkt, da war das 'ne Stunde hier mal, dass man hier nicht durchfahren durfte. Und nicht zwei Tage lang. Aufgrund der Geschehnisse ist es irgendwo nachvollziehbar… als Anwohner denkt man natürlich: Was soll das hier?"

Auf der Agenda: Eine Fülle ernster Themen

Eiserne Absperrgitter auch bei Obamas erster Station in Hannover. Das Schloss Herrenhausen mit seinem Barockgarten enstand als Sommerresidenz der Welfen, wurde im Krieg zerstört, mit Mitteln der Volkswagen-Stiftung wieder aufgebaut, vor drei Jahren als Tagungszentrum eröffnet. Doch die Aussicht auf Orchideen und Wasserspiele wird Obama kaum genießen können. Empfang mit militärischen Ehren, dann zieht sich Kanzlerin Merkel mit ihrem Gast zu einem Gespräch unter vier Augen zurück. Auf der Agenda: Eine Fülle ernster und komplexer Themen. Die Folgen eines möglichen Brexit, der Syrien-Krieg, die Lage in Libyen.
In den Verhandlungen über TTIP kommen die Partner nicht voran, Obama und Merkel wollen zur Eröffnung der Hannover Messe am Abend im Kongresszentrum für das umstrittene Freihandelsabkommen werben.
"Wir sind keine Handelsware, TTIP bringt uns in Gefahr …"
Dagegen protestierten gestern schon Zehntausende: Biobauern auf ihren Treckern führten den Protestzug durch Hannover an, Kulturschaffende animierten die Stadtbewohner zu Gesangseinlagen gegen TTIP. Heute, unter den Augen Obamas, soll der bunte Protest mit allerhand Straßenaktionen und Kundgebungen weitergehen.
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