NSA-Untersuchungsausschuss

Brisante Fragen an den Verfassungsschutz

erfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen (rechts) und sein Vorgänger Heinz Fromm
Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen (rechts) und sein Vorgänger Heinz Fromm müssen sich den Fragen des NSA-Untersuchungsausschusses stellen. © picture alliance/ dpa/ Reiner Jensen
Von Falk Steiner · 09.06.2016
Hat das Übermitteln von Daten an US-Dienste zur Tötung deutscher Staatsbürger beigetragen? Der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm und der jetzige Amtsinhaber Hans-Georg Maaßen werden heute im Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre befragt.
Gut ein Dutzend Verfassungsschutz-Mitarbeiter sagten bereits aus, wie die Zusammenarbeit mit Nachrichtendiensten der "Five-Eyes"-Staaten – Australien, Neuseeland, Kanada und allen voran der USA und Großbritanniens – in der Vergangenheit ablief, welche Probleme auftraten und was sich Politik und Mitarbeiter davon versprachen.
Hans-Georg Maaßen und Heinz Fromm werden sich aber auch zu der Folge von Datenweitergaben an die US-Seite erklären müssen: Hat das Übermitteln von Telekommunikationsdaten an US-Dienste maßgeblich zur Tötung deutscher Staatsbürger beigetragen? Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sagten aus, dass Mobiltelefonnummern und Gerätenummern übermittelt wurden, weil diese für eine Ortung durch Drohnen nicht geeignet wären. Dass das so stimmt, wird von Experten und Abgeordneten bezweifelt.
Christian Flisek, der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss, erwartet von Fromm und Maaßen:
"Dass sie ein klares Rechtsverständnis an den Tag legen, dass eben bestimmte Tötungen, die von den Amerikanern vorgenommen worden sind, mit deutschem Recht nicht vereinbar sind, dass eben auch jeder Beitrag einer deutschen Stelle hierzu rechtswidrig wäre. Und ich will von ihnen hören, wie sie konkret sichergestellt haben, dass dies auch bei den Kooperation mit den Diensten umgesetzt wurde."
USA meldeten Mitarbeiter nachträglich an
Und auch die Frage der Spionageabwehr, für die in Deutschland die Verfassungsschützer zuständig sind, beschäftigte die Abgeordneten intensiv – und sorgt für erstaunte Gesichter.
Immerhin war vor zwei Jahren, ein Jahr nach Snowden, ein US-Spion im Bundesnachrichtendienst aufgeflogen, das Partei-Mobiltelefon der Kanzlerin soll abgehört worden sein und die USA meldeten nach den ersten Enthüllungen 50 weitere Mitarbeiter ihrer Geheimdienste in Deutschland nach, die da bereits im Land waren. Eine Konsequenz: der Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte 2014 an, ab sofort einen 360-Grad-Blick bei der Spionageabwehr haben zu wollen.
"Damit soll ausgedrückt werden, dass man in Zukunft alles im Blick hat, Freunde, Partner – und nicht nur die Schurkenstaaten und Feinde."
... erläutert Christian Flisek. Er fragt sich:
"Was heißt das aber konkret? Ist das nur eine Ankündigung, ist das nur ein Aufkleber, den man jetzt da draufklebt, um Schwächen und vielleicht auch eine mangelnde Personalausstattung zu verdecken? Oder hat sich substanziell tatsächlich etwas verändert?"
Maaßen wird im Kreuzfeuer stehen
Dass auf die Späh-Aktivitäten befreundeter Nationen tatsächlich genau geschaut wird, daran hegen die Abgeordneten Zweifel: Zwar berichtete ein Zeuge von einer Verzwölffachung der Kapazität. Allerdings waren vorher weniger als zwei Planstellen der Verfassungsschützer für die Spionageabwehr gegenüber befreundeten Staaten zuständig.
Insbesondere der heutige Präsident Hans-Georg Maaßen dürfte einen schweren Stand haben – für ihn wird sich die Frage stellen, ob er den Verfassungsschutz wirklich im Griff hat. Nach der Landesverratsaffäre und immer neuen Fragen rund um den NSU wird er heute beim Thema NSA im Kreuzfeuer stehen.
Eines jedoch blieb Maaßen bislang erspart: Dass eigene Mitarbeiter im Snowden-Stil die Geheimnisse des Verfassungsschutzes weitergeben. Maaßen hatte mehrfach vor Innentätern wie Snowden gewarnt – den er, so der Verfassungsschutzpräsident, "auch als Täter" sieht.
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