NSA-Selektorenlisten

"Geheim sollte geheim bleiben"

Die NSA-Zentrale in Fort Meade.
Die NSA-Zentrale in Fort Meade. © afp
Wolfgang Seibel im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 10.06.2015
Noch ist unklar, wie das Kanzleramt mit den Suchbegriffen der NSA-Spähliste verfahren wird. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Seibel zeigt sich verwundert über die ganze Diskussion: Diese Listen seien "selbstverständlich geheimhaltungsbedürftig".
Der Konstanzer Politik- und Verwaltungswissenschaftler Wolfgang Seibel beurteilt die Diskussion um die Weitergabe der NSA-Selektorenlisten an geheim tagende Bundestagsgremien zur Überwachung der Geheimdienste kritisch. Diese Listen seien selbstverständlich geheimhaltungsbedürftig, sagte er im Deutschlandradio Kultur. :
"Ich wundere mich eher, dass das überhaupt ernsthaft diskutiert wird. Wir würden es wohl auch nicht so schön finden, wenn Fahndungspläne der Polizei, wenn es um die Bekämpfung der organisierten Kriminalität oder um die Aufklärung von rechtsextremistischen Gewalttaten wie bei den NSU-Morden geht, wenn dass nicht geheim gehalten würde. Das muss natürlich aus der Natur der Tätigkeit der Sicherheitsbehörden unbedingt geheim gehalten werden."
Druck aus den Parteien und der Öffentlichkeit
In der Debatte um die Weitergabe der Spählisten sehe er ein Zeichen für eine "punktuelle Politisierung der Tätigkeit der Nachrichtendienste", so Seibel. Vor dem Hintergrund des Verdachts einer möglichen Verletzung deutscher Gesetze entstehe auch ein gewisser Druck aus den Parteien und der Öffentlichkeit heraus:
"Was darauf hinausläuft, geheimhaltungsbedürftige Bereiche der nachrichtendienstlichen Tätigkeit auch öffentlich zu machen. Und das ist natürlich nicht nur problematisch, sondern das würde auch unsere eigenen Sicherheitsinteressen verletzen."
Ermittlungsbeauftragter - Ja oder Nein?
Berichten verschiedener Medien zufolge will das Kanzleramt die Selektorenlisten nicht an den Bundestag weitergeben. Stattdessen solle nur ein Ermittlungsbeauftragter Einsicht nehmen können. Dessen mögliche Einsetzung sei eigentlich "völlig in Ordnung", meinte Seibel. Man könne sich aber darüber streiten, ob es nicht richtiger wäre, damit die G-10-Kommission oder den zuständigen Staatsminister im Bundeskanzleramt zu beauftragen:
"Eine Sonderkonstruktion hat immer den Nachteil, dass sie die eigentlich klaren Kompetenzzuweisungen in Regierung und Parlament weniger transparent macht. Und das ist schon eine gewisse Schwäche bei diesem Vorschlag mit einem eigens eingesetzten Ermittlungsbeauftragten. Und dann wird sich herausstellen, ob die NSA deutsche Gesetze gebrochen hat oder nicht."
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