Neurolinguist sagt das Verschwinden des Buches voraus

10.10.2011
In 500 Jahren werden Bücher nur noch etwas für wenige Spezialisten sein, glaubt der Bielefelder Neurolinguist Horst Müller. Im Alltag und in den Arbeitsprozessen werde dann keine Notwendigkeit mehr bestehen, etwas niederzuschreiben.
"In 500 Jahren werden Sie mit Maschinen reden, die Maschinen werden Ihnen Sachverhalte zeigen", sagte Müller im Deutschlandradio Kultur. Die Bedienungsanleitung für einen Drucker käme dann wahrscheinlich als Holografie daher. Schon heute würden solche Anleitungen oft nicht mehr in Schriftform, sondern als Abfolge von Bildern verfasst.

Müller warnte zudem vor den Folgen des digitalen Lesens. In der Mitte eines langen Leselebens könne man sich auch hoch technisierten Medien zuwenden, ohne Schaden zu nehmen. Anders sei es, wenn Acht- bis Zehnjährige Texte nur noch im Internet oder auf dem E-Book-Reader läsen. Bücher seien Bleiwüsten - das ermögliche es, sich ganz dem Text zu widmen. "Alles, was bunt ist, was Aktion und Dynamik bedeutet, entwickelt sich im Gehirn", sagte er.

Auf Webseiten sei das Bunte hingegen bereits vorhanden, zudem kämen ständig ablenkende Informationen wie eingehende E-Mails oder das Piepen einer noch nicht aktualisierten Software hinzu. Aufnahmen mit dem Kernspintomographen zeigen Müller zufolge, dass Web-Leser eine stark verteilte Hirnaktivität haben. "Man könnte das so interpretieren, dass sehr viele Aufgaben zusätzlich existieren, die nicht notwendig sind, und die so Ressourcen abziehen von dem, was eigentlich wichtig ist, nämlich dem Leseprozess oder der Informationsübertragung", sagte Müller.

Hören Sie das vollständige Gespräch mit Horst Müller mindestens bis zum 10.3.2012 als mp3-Audio .