Neues Album von Damon Albarns Bandprojekt

Die Gorillaz reisen zu den Sternen

Damon Albarn
Der Musiker Damon Albarn, Mitbegründer der Gorillaz, 2014 auf dem Latitude Festival, Suffolk, England. © imago/Richard Isaac/LNP
Von Amy Zayed · 28.04.2017
Nach fünfjähriger Pause haben die Gorillaz, das Bandprojekt von Damon Albarn und seinem Kumpel und Graffiti-Künstler Jamie Hewlett, das Album "Humanz" veröffentlicht. Darin nehmen uns die Charaktere auch mit auf eine Reise in den Weltraum.
Letztes Jahr tourte Albarn noch mit dem Syrischen Orchester durch Europa, das Jahr davor stand seine Ursprungsband Blur mit ihrem Comebackalbum im Vordergrund, und jetzt sind die Gorillaz wieder zurück. Es scheint, als ob der Mann gar nicht aufhören könnte, neue Ideen in die Musikwelt hineinzupumpen. Für die Rückkehr der Gorillaz hatte er sich diesmal nur ein loses Konzept überlegt, das er seinen Kollaborateuren vorschlug.
"Ich schrieb allen: Stellt Euch vor, Donald Trump würde Präsident der Vereinigten Staaten werden. Wie wäre Euer musikalischer Ansatz dazu? Als ich dann das Album machte, dachte ich immer wieder: Vielleicht sollte ich aufhören! Denn manchmal sehe ich Dinge, ich setze mich hin, und versuche in die Zukunft zu sehen, und dann werden diese Dinge wahr."
Eigentlich waren die Gorillaz nur eine Art Antwort auf die langweilige Musikszene voller konstruierter Boy- und Girlbands am Anfang der 2000er-Jahre. Also entwarf Albarn zusammen mit dem Comiczeichner Jamie Hewlett eine Band, deren öffentliche sichtbare Protagonisten Comicfiguren waren. Doch mittlerweile hat diese Band ihr Eigenleben. Jedes der fünf Alben erzählt eine Geschichte mit politischen oder sozialkritischen Touch, aber auch voll Humor und Sarkasmus ist. Die Rahmenhandlung der neuen Platte "Humanz" erzählt, wie die vier Musiker in ein Geisterhaus gelockt und ins All entführt werden.
"Die Charaktere leben in ihrer Parallelwelt, in der ich nicht existiere. Vor allem sollen die Figuren Spaß machen. Mittlerweile können sie sogar selbst reden. Sie können Interviews geben, und sagen, was sie möchten. Heutzutage ist sowas technisch möglich. Ich hingegen habe gar keinen Zutritt zu dieser Welt. Egal wie sehr ich es versuche, die lassen mich nicht rein."

Aus einem Kühlschrank ins All

Die Videos dazu erinnern an einen Science Fiction mit Horrorfilm-Einlagen. Sänger 2D wird aus einem Kühlschrank ins All entführt, während ihm eine Pizza etwas vorsingt, Bassist Russell wird aus dem Bett entführt, und Mastermind Murdock liegt in der Wanne, als er aus dem Geisterhaus in die Schwerelosigkeit des Alls entführt wird.

Musikalisch wollte Damon Albarn diesmal eine Party-Platte machen, und das hat er geschafft. "Humanz" klingt eher wie ein amerikanisches Hiphop-Album als eine britische Kommentierung Amerikanischer Politik. Dabei hat sich Albarn Hilfe von seinem alten Kumpel De la Soul geholt, aber auch die afro-amerikanische R&B-Sängerin Kelela, der House-Pionier Jamie Principle, Soul-Queen Mavis Staples und Grace Jones wirken mit. Das Album klingt schnell, hiphoplastig, tanzbar.
"Ich wollte auch noch ganz andere Leute auf dem Album haben. Morrissey zum Beispiel. Ich habe ihm ein paar Emails geschrieben, aber dann war klar, dass das nichts wird. Das Gleiche mit Sade. Bei ihr habe ich es auch sehr versucht, aber keine Chance! Manchmal funktioniert es eben und manchmal nicht. Bei mir geht das so, ich schreibe den Leuten zuerst einen handschriftlichen Brief, dann folgen ein paar Emails, ein Telefongespräch, oder ein Skype-Telefonat, danach treffen wir uns, und dann kommt der eigentliche Akt. Es ist so eine Art musikalisches Speed-Dating. Entweder es klappt oder nicht."

Ein müder Musiker

Man sieht Damon Albarn an, dass er voller Ideen ist. Genauso merkt man ihm aber auch seine Müdigkeit an. Im interview sitzt er auf einem Sofa. Mitten im Gespräch streckt er sich lang aus und führt das Gespräch im Liegen fort. Dabei lächelt er manchmal verschmitzt, manchmal verträumt, und manchmal wirkt er auch irgendwie verletzlich. Vor allem, als er über den Song "Bustd and blue" redet, ein Lied, das ganz ohne Kollaborationen auskommt und langsam, getragen und melodisch klingt.
"Es gibt Songs, da mache ich das, was ich am Besten kann. Über Einsamkeit und Melancholie singen."
Munter wird Albarn wieder, wenn er über sein Festival redet. Damon Albarn und Jamie Hewlett, die beiden Masterminds der Gorillaz, veranstalten ihr erstes Festival "Demon Days" am 10. Juni in dem kleinen britischen Küstenort Margate. Und obwohl es weniger als zwei Monate hin ist, weiß noch niemand, wer dort spielen wird, man weiß nur, dass die Gorillaz dort auftreten werden.
"Es wird organisiert von den gleichen Leuten, die 'Dysmaland' von Banksy organisiert haben. Es wird in einem 60er-Jahre Freizeitpark stattfinden mitten in einem Badeort namens Margate. Ich darf noch nicht sagen, wer auftritt, aber es wird eine Art Eintritt in die Welt der Gorillaz sein."
Albarn scheint einfach nie zu schlafen. Im Mai will er weiter am zweiten "The Good, The Bad and the Queen"-Album arbeiten. Nebenher schreibt er ein Theaterstück über das Alte Imperium von Mali. Dafür lernt er die dort gesprochene Sprache Bambara. Sprachen lernen fällt Damon Albarn anscheinend leicht. Für seine Oper "Monkey: Journey to the West" lernte er vor einigen Jahren Mandarin und auch Deutsch kann er richtig gut. Als er mich im Interview fragt, ob ich ein Stück Schokolade haben will, und ich auf nach dem Interview verschieben will, versucht er, mich auf deutsch zu überzeugen.
"Vollmilch schmeckt gut…"
Eine Tour ist übrigens dieses Jahr mit den Gorillaz auch geplant. Bisher steht nur ein einziges Konzert in Deutschland fest. Es soll in Köln stattfinden. Genauer Ort ist noch nicht bekannt. Man kann eigentlich nur den Hut ziehen vor dem Mann, der es allein mit den Gorillaz schafft, ein musikalisches Porträt aus Melancholie, Soul, Rap und Pop zu malen. Und das ist nur eines von vielen Albarn-Projekten.
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