Neuerscheinung "Man of the Woods"

Ein solides und ärgerliches Timberlake-Album

Musiker Justin Timberlake im Flanellhemd bei der Pressekonferenz zur Halbzeitshow beim Super Bowl 2018, die er bestreitet.
Justin Timberlake © Charles Baus / imago/Zuma Press
Andreas Müller im Gespräch mit Vivian Perkovic · 02.02.2018
Angefangen hat er bei einer Boygroup, inzwischen ist er 37, trägt Bart und zeigt sich im Maisfeld und am Lagerfeuer. Will er jetzt Country-Star werden? Nein, Naturbursche Timberlake singt vor allem über seine Vaterrolle und die Liebe zu seiner Frau Jessica Biel.
Die Kindersendung Micky Mouse Club, die Boyband NSYNC, Britney Spears, Cameron Diaz und Jessica Biel – all das waren wichtige Stationen und Personen im Leben von?
Genau, Justin Timberlake.
Vom Kinder-Moderator, über den Boyband-Schmalzi bis zum Superstar. Musikalisch hat sich Timberlake einmal quer durch den zeitgenössischen und auch mal futuristischen R’n’B gerollt und ist auf seinem vierten Album, das heute erscheint, bei einer sehr eigenwilligen Version angekommen. "Man of the Woods" heißt dieses neue Album von Justin Timberlake.

Country-Musik in Spurenelementen

Für das Stück "Say Something" hat sich Timberlake Chris Stapleton eingeladen, einen Sänger und Gitarristen, der in der US-Country-Szene sehr erfolgreich ist. Zudem hat er Bilder von sich im Maisfeld, am Lagerfeuer, im Holzfällerhemd gepostet: Das Album heißt, der "Mann aus dem Wald" – also ganz klare Americana und Country-Anleihen.
Will Justin Timberlake also jetzt den Country-Markt erobern?
Manches deute natürlich darauf hin, sagt Musikexperte Andreas Müller: das Flanellhemd, dazu der sehr kurz geschorene Kopf, der an Marines und an Rauhbeine vom Land erinnern soll, der Zehn-Tage-Bart, und eben Chris Stapleton, einer der Superstars der neuen Country-Musik-Szene.
"Aber – natürlich ist es nicht so! In Spurenelementen ist diese Musik vorhanden."
"Man of the Woods" sei die Bedeutung des Namens seines Sohnes – Silas heißt der zweijährige Knabe, der auf der Platte auch zu hören ist. Das ist die Erklärung für den Titel des Albums.

Disney Version von Popmusik

"‘Filthy‘ klingt wie 2004, möchte man fast sagen. Das hat natürlich auch einen Grund. Die Produktion liegt wesentlich in den Händen von Pharell Williams, also der Megastar der letzten Jahre."
Zudem habe Timbaland, einer der wichtigsten Produzenten der späten 90er Jahre, mitgebastelt, und Stapleton sei eben mehrfach als Co-Autor genannt.
"Es ist jetzt nicht State of the Art dessen, was man vielleicht 2018 von R‘n’B-Musik erwarten würde. Aber natürlich solider Justin Timberlake", sagt Müller und spricht später von "einer Disney-Version dessen, was Popmusik ist."
Müller ist enttäuscht angesichts des Ressourceneinsatzes:
"Bei aller Cleverness, bei allen Investition, die hier getätigt wurde – es ist eine sehr teure Platte, eine sehr lange Platte – für mich ist wirklich ärgerlich, was hierbei am Ende rausgekommen ist, bis hin zum letzten Song."

Familie singt mit

Der kleine Silas sei dort zu hören, im Lied "Young Man", ebenso Jessica Biel, Timberlakes Frau:
"Also, ein Schnappschuss aus dem Familienalbum, mit dem ich wirklich nicht belästigt werden möchte. Was soll denn das? (..) Es sind 16 Titel, es ist eine sehr lange Platte geworden. Um die New York Times zu zitieren: Die sagt: ‚Es ist zwischen ziemlich gut und grauenvoll‘ – und ich tendiere dazu, zu sagen, es ist eine "grauenvolle Platte geworden".
(mf)

In der "Tonart" am Montag, kurz nach 11 Uhr, erfahren Sie, wie der Halbzeit-Auftritt von Justin Timberlake beim Super Bowl war, dem Endspiel um den Titel im American Football in den USA und das Medienereignis schlechthin mit über 100 Millionen Zuschauern allein in den USA.

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